Lehrstellen bleiben immer öfter unbesetzt

Lehrstellen bleiben immer öfter unbesetzt

Wollen echt alle nur noch studieren?

In München sind eine Woche vor Ausbildungsbeginn noch immer viele Ausbildungsstellen frei.

Die Bilanz wird immer schlechter, von Jahr zu Jahr bleiben immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt - Firmen haben es schwer, gutes Personal zu finden.

Doch woran liegt das eigentlich und ist der Druck zu studieren einfach zu groß?

Jörg Engelmann von der IHK erklärt's uns

Als einen Grund für die mangelnden Azubis nennt er die Tatsache, dass viele junge Menschen durch eine besonders hohe schulische Bildung die Hoffnung auf bessere Berufsaussichten haben. Ein anderer Grund ist laut Engelmann: Vielen sei nicht bewusst, welche Chancen sich durch eine Berufsausbildung ergeben können.

Wichtig ist ihm jedoch, dass weder ein akademischer Weg, noch eine Berufsausbildung besser oder schlechter seien. Es komme immer darauf an, wo die Stärken des jeweiligen Menschen liegen. Gehalt sollte bei der Wahl der Ausbildung eigentlich nicht der ausschlaggebende Punkt sein, aber womöglich ist auch das ein Grund für weniger Berufseinsteiger. Denn in Großstädten wie München kann man vom Azubigehalt nicht leben, da eine eigene Wohnung allein schon mehr wert ist als der Monatsverdienst.

Außerdem wählen die Unternehmen ihre Bewerber oft sorgfältiger aus, dass die Leute nicht sofort nach Beendigung der Ausbildung den Betrieb wieder verlassen und doch nochmal zur Schule oder zum Studieren gehen, diese Gefahr besteht demnach besonders bei Abiturienten. Zudem sind offenbar immer mehr Bewerbungen überhaupt nicht zielgerichtet, wie auch die SZ berichtet. Ein gewisses Interesse gegenüber dem Themenfeld und ein Überblick über den Betrieb ist nicht mehr bei allen Bewerbern gegeben, offenbar genauso wenig, wie die Fähigkeit ordentliche Bewerbungsmappen abzugeben.

Möglichkeiten, Ausbildungsberufe mehr in den Fokus zu rücken

Grundsätzlich sollten noch mehr Informationen für Schüler zugänglich gemacht, beziehungsweise angeboten werden. Zum Beispiel über Messen, wie die Fit for Job. Denn viele Lehrer sind nicht ausreichend informiert, da sie selbst ja oft nur die akademische Laufbahn kennen, die natürlich nicht unbedingt für jeden das Richtige ist. Auch sollte es ein gewisses gesellschaftliches Umdenken geben, dass zu höherer Wertschätzung von Ausbildungsberufen führt und sie auch in akademischen Elternhäusern nicht negativ dargestellt werden.

Hier bleiben die meisten Stellen leer

Am meisten fehlen Auszubildende in den Berufen, die mit Lebensmitteln zu tun haben, sei es dort nun der Einzelhandel oder auch das Handwerk. Grundsätzlich hat der Einzelhandel ein Nachwuchsproblem, gerade bei qualifizierten Verkäufern. Ebenso weniger beliebt sind Berufe im Bereich der Gastronomie und auch in Gesundheitsberufen ist es für Ausbilder besonders schwierig, geeignete Lehrlinge zu finden. Daraus resultieren auch negative Folgen für den Betrieb, gerade kleinere Unternehmen können mit den fehlenden Fachkräften ihre Auftragslage nur noch schwer unter Kontrolle bringen. Für große Betriebe hingegen ist die Lage durch den Bekanntheitsgrad oft noch zu bewältigen, auch wenn sie die nachlassende Nachfrage spüren.

Vorteile der Ausbildung

Als größte Vorteile nennt Engelmann eine frühe berufliche Qualifikation mit echtem Wert, außerdem besteht jederzeit die Chance auf Weiterqualifikation, somit ist die Ausbildung auch keine Einbahnstraße wie oft angenommen. Ein weiterer guter Grund ist das Gehalt und die damit verbundene Selbstständigkeit, die jungen Menschen früh beibringt, für sich selbst zu sorgen. Außerdem ist es oft so, dass man in ein berufliches Feld erst hineinwächst und es dadurch richtig kennenlernt, daraus können sich dann weitere berufliche- und Aufstiegschancen ergeben.

Außerdem wird man während der Ausbildung nicht alleine gelassen und ist nicht komplett auf sich selbst gestellt, wie es im Studium sehr häufig der Fall ist. Jeder Azubi hat einen Ausbilder und somit einen Ansprechpartner, der Dinge erklärt und das vielleicht auch einmal öfter, als es in einer Vorlesung der Fall wäre. Im gleichen Zug wird man trotzdem als Auszubildender vom Betrieb wertgeschätzt, dadurch wachsen junge Menschen also auch zu verantwortungsbewussten jungen Erwachsenen heran.

Was tun, wenn man noch unsicher ist?

Es gibt viele Internetportale, auf denen jeder seine Stärken und Schwächen herausfinden kann, die sind oft ein guter Anhaltspunkt. Falls das nicht hilft, kann man auch über das Gegenteil gehen - das sogenannte Ausschlussprinzip. Also: "Was will ich auf gar keinen Fall machen?" Auch wichtig ist, die Zeit nicht herauszuschieben und auf gut Glück noch irgendeine Schule weitermachen, sondern sich einfach eine Weile zielgerichtet mit dem Thema auseinander setzen, dabei kommt man mit Sicherheit einer Lösung näher, weil man durch mehr Informationen sich auch oft sicherer wird.
Helfen können auch Praktikumsplätze der Schnupperlehren, einfach mal Betriebe aussuchen, die einen interessieren könnten und nach solchen Angeboten fragen. Viele können sich besser entscheiden, wenn sie die Arbeit schon einmal erfahren haben.

Der Appetit nämlich kommt oft erst mit dem Essen, weiß auch Engelmann.

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