Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing am Arbeitsplatz

Was du dagegen tun kannst

Spuckt man das Wort "Mobbing" in den Raum, assoziieren die meisten das mit einem schulischen Szenario - doch auch in der Arbeitswelt ist Mobbing allgegenwärtig und nicht minder harmlos.

Mobbing nichts, was mit dem Schulabschluss aufhört.

Wir haben mit Ute Schmidmayer gesprochen. Sie ist Mobbingberaterin bei der Mobbing-Beratung München und hat uns darüber aufgeklärt, dass auch im Arbeitsleben Konflikte immer häufiger so weit eskalieren, dass es schließlich in Mobbing mündet. Außerdem hat sie uns erklärt, wie man sich am besten wehren kann und was man auch schon als Beobachter*in unternehmen kann.

Doch von vorne...

Wann fängt Mobbing an?

Mobbing beginnt dann, wenn ein vermeintlich simpler Konflikt eskaliert und der*die Täter*in das Opfer regelmäßig und auf längere Zeit hinweg psychisch oder gar körperlich fertig macht. Das muss nicht unbedingt heißen, dass du fürchten musst, dass dir ein*e Arbeitskolleg*in auf ewig Vendetta schwört, weil du ihr*ihm mal Kaffee aufs Hemd verschüttet hast. Der Konflikt kann deshalb eskalieren, weil das Opfer ihn in den meisten Fällen schlichtweg nicht erkennt.

Viele Arbeitnehmer*innen greifen deshalb an, weil sie sich bedroht fühlen - der verdammte Leistungsdruck, der in vielen Unternehmen herrscht, führt zu verschärftem Konkurrenzdenken.

Und das wiederum verleitet Mobber*innen dazu, vermeintliche Konkurrenten klein zu halten, ihr Selbstbewusstsein zu mindern oder schließlich zur Kündigung zu treiben.

Was sagen die Zahlen?

Eine Pisa-Studie aus 2017 zeigt, dass jede*r sechste Schüler*in schon mal von seelischen oder körperlichen Verletzungen betroffen war, zehn Prozent davon regelmäßig und genau das bezeichnet man dann als Mobbing. In der Arbeitswelt sieht es ganz und gar nicht besser aus:

Laut verdi sind 1,8 Millionen Arbeitnehmer*innen von Mobbing betroffen.

Weil viele Opfer durch die ständige Schikane psychisch erkranken und damit ausfallen, schätzt die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft den volkswirtschaftlichen Schaden auf 15 bis 25 Milliarden Euro. Und - besonders krass - in mindestens 50 Prozent der Fälle ist der*die Vorgesetzte verantwortlich.

Warum mobben Menschen?

Diese Frage beschäftigt Ute Schmidmayer natürlich sehr - dennoch hat sie in ihrer langen Karriere als Beraterin immer noch keine eindeutige Antwort darauf. Starkes Konkurrenzverhalten sieht sie als eine Möglichkeit, private Probleme, niedriges Selbstwertgefühl und Neid als andere. Festzustellen ist, dass Gemobbte meistens nicht einmal aufgrund von Äußerlichkeiten in ihre Situation rutschen.

Oft fallen Menschen Mobbing zum Opfer, weil sie in den Augen der Täter*innen bessere Fähigkeiten haben.

Von einem ganz krassen Grund kann Ute Schmidmayer berichten: In großen Unternehmen werden Unruhestifter tatsächlich wissentlich eingestellt, um das Personal zu reduzieren. In was für einer Welt leben wir?

Wie macht sich Mobbing am Arbeitsplatz bemerkbar?

Bein stellen, das Pausenbrot klauen oder den Kopf in die Toilette stecken sind tatsächlich eher Taktiken des Mobbings, die in der Schule praktiziert werden. Im Büro ist Mobbing in den meisten Fällen subtiler und nimmt andere Formen an. Hier kann es allein schon Mobbing sein, eine*n Kollegen*in zu ignorieren, ständig scharfe Kommentare oder dekonstruktive Kritik abzugeben, beim Meeting zu schnauben, wenn sich das Opfer äußert, jemandem wichtige Informationen wissentlich vorzuenthalten und die Arbeit damit zu torpedieren. Ute Schmidmayer hat sogar schon mal erlebt, dass einer ihrer Klienten über Nacht von einem Kollegen im Keller eingesperrt wurde.
Weitere Brisanz erhält das Mobbing, wenn es nicht nur von einer, sondern gleich von mehreren Personen ausgeht und diese dann beispielsweise als Gruppe das Opfer aus gemeinschaftlichen Aktivitäten ausschließen, zum Beispiel beim Mittagessen. Fertig machen durch Ausgrenzung - das Instrument zur mentalen Zerstörung vieler Mobber*innen.

Einfach nicht mehr ins Büro gehen und Homeoffice beantragen hilft übrigens kaum was.

Laut Ute Schmidmayer sei dies meistens sogar noch schlimmer. Im Büro gibt es immerhin mehr Zeugen und die Hemmschwelle zu mobben ist höher. Sitzt du allerdings im Homeoffice, bist du meistens einer Person am Telefon ausgeliefert - was dort gesagt wird, bleibt unter zwei Ohren und die Tatsache, sich nicht face to face gegenüber zu setzen senkt die Hemmschwelle.
Auch wenn der*die Chef*in selbst der*die Mobber*in ist und dir unter anderem mit überfordernden Aufgaben zusetzt merkt das niemand, wenn du dich heimlich still und leise von zu Hause aus überarbeitest - zum Beispiel auch allein dadurch, dass du quasi ständig erreichbar bist.

Was macht Mobbing mit dem Opfer?

Belastende Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum hinweg führen zunächst zu vermindertem Selbstwertgefühl und schließlich zu extremen psychischen Störungen, die schließlich in Depression und daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit münden können.
Opfer wissen dabei oft erstmal nicht, wie ihnen geschieht - sie verstehen die Motivation nicht, sind dementsprechend handlungsunfähig, nehmen es im schlimmsten Fall sogar hin und lassen die Sache dadurch eskalieren, bis sie sich schließlich vollends hilflos und isoliert fühlen.



Mobbing ist für alle ein Thema - auch für diejenigen, die zuschauen

Wenn du merkst, dass ein*e Kollege*in von dir laufend schikaniert wird und damit zu kämpfen scheint, dann trau dich - ergreif die Initiative und biete deine Hilfe an. Wenn derjenige dies einfach abtut, dann spricht es oft dafür, dass er sich nicht traut oder schlichtweg nicht mehr in der Lage ist, sich zu wehren. Dann kannst du - laut Ute Schmidmayer - durchaus zum*r Vorgesetzten gehen und sie*ihn in deine Beobachtungen einweihen (sofern er nicht selbst der*die Täter*in ist, natürlich).

Wie du selbst mit Mobbing umgehen solltest

  • Erkenne regelmäßiges Piesacken erstmal als Mobbing.
  • Verharmlose auch verbale Angriffe nicht - Mobbing ist ein No-Go, das du nicht akzeptieren musst.
  • Sprich darüber: Such dir eine Vertrauensperson unter den Kollegen*innen - erzähl ihr alles, auf welche Art und Weise du dich beeinträchtigt fühlst.
  • Wehre dich! Allein schon das Ansprechen gegenüber dem*der Täter*in kann bewirken, dass der sich seine Fehler eingesteht und schämt. Wir sollten nicht vergessen, dass wir immerhin doch alle erwachsen sind oder zumindest erwachsen wirken wollen.

Falls es damit immer noch nicht aufhört...
  • Sicher dir handfeste Beweise und/ oder Zeugen*innen fürs Mobbing.
  • Warte nicht zu lange, bis du dich wehrst - das hat tatsächlich auch juristische Gründe. In Deutschland gelten nämlich super kurze Fristen, was das Anzeigen von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Behinderung, sexueller Orientierung, Religion, Herkunft oder Alter angeht: Spätestens zwei Monate nach dem Erkennen der Diskriminierung musst du schriftlich Schadenersatz bei deiner*m Arbeitgeber*in verlangen und drei Monate danach klagen - ansonsten kann es sein, dass das Verfahren eingestellt wird.

Wo du Hilfe bekommst

Wenn du selbst durch Mobbing von Arbeitskollegen*innen betroffen bist, wendest du dich am besten früher als später an deine*n Vorgesetzte*n - die*der hat eine Fürsorgepflicht dir gegenüber und muss handeln. Eine weitere Stufe wäre dann der Personal- oder Betriebsrat. Sollte deine Firma sowas nicht helfen, stehen dir Vereine wie n die Mobbing-Beratung München zur Seite.
Ansonsten ist auch hier die Telefonseelsorge eine richtige Anlaufstelle - du erreichst sie direkt unter der 0800/111 0 111 und der 0800/111 0 222 oder online.

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