Die abgefahrensten Pflanzen der Welt

Die abgefahrensten Pflanzen der Welt

Von unglaublich giftig bis total skurril

Von  Kristina Paulini
Pflanzen sind viel mehr als hübsches Grünzeug, dass man sich ins Zimmer stellt und gelegentlich mal gießt. Viele Arten haben erstaunliche Eigenschaften entwickelt, um sich ihre Umgebung anzupassen - die teilweise einfach nur faszinierend und teilweise schon ein bisschen gruselig sind...

Skurrile Pflanzen aus aller Welt

Wir stellen dir hier fünf Pflanzen vor, die ziemlich abgefahren sind - von hochgiftig, uralt bis extrem clever:
  • Der Manchinelbaum
    Die abgefahrensten Pflanzen
  • Der Knödelkaktus
    Die abgefahrensten Pflanzen
  • Die Titanenwurz
    Die abgefahrensten Pflanzen
  • Die Welwitschie
    Die abgefahrensten Pflanzen
  • Die Akazie
    Die abgefahrensten Pflanzen

Der Manchinelbaum

Snowhite would be dead 

Wie hieß noch mal das Märchen über das Mädchen mit dem kränklichen Hautton, die sich ungefragt in das Haus von sieben Minenarbeitern eingenistet hat, nur um sich, nachdem sie sich an einem Apfel verschluckt hat, ein Schloss zu krallen? Ach, ist ja auch egal – aber sie kann von Glück reden, dass in ihrer Geschichte ein Apfel vorkam, der NUR von einer Hexe verzaubert wurde. Hätte sie in die äpfelartigen Früchte des Manchinelbaum gebissen, wäre die Story anders ausgegangen.  
 
Es gibt wohl kaum eine heimtückischere und gefährlichere Pflanze als den Manchinelbaum. Nicht ohne Grund trägt er in seiner Heimat Südamerika den Spitznamen: "Manzanilla de la muerte" also, "Äpfelchen des Todes". Doch nicht nur die verführerischen Früchte können bei Verzehr eine tödliche Wirkung entfalten. Solltest du bei einem Unwetter einen Unterschlupf brauchen, sei dir geraten, nicht Schutz unter dem Manchinelbaum zu suchen. Bei Regen sondert der Baum nämlich Milchsaft aus seinen Blättern ab, welcher auf der Haut starke Verätzungen verursacht. Klingt nicht wirklich sympathisch. Und auch wenn du dir denkst, "lieber Weg mit dem Ding!", gilt Vorsicht: Wenn der Baum verbrannt wird, entstehen Gase, die zum Erblinden führen können. Deshalb wird der Baum in seiner Heimat oft mit einem roten "X" auf dem Stamm oder einem Warnschild gekennzeichnet. Besser so...


Der Knödelkaktus

Ein Hoch auf den magischen Knödelkaktus! 

Süß sieht er aus, der kleine, dornenlose Kaktus, der für sein langsames Wachstum berühmt ist. Genau deshalb hat er auch seinen Spitznamen erhalten: Knödelkaktus. Trotz des unscheinbaren Äußeres steckt in ihm eine Menge Heiligtum, wenn man den Anhänger*innen der Native American Church Glauben schenkt. Die Mitglieder dieser Kirche glauben an einen Gott, zu welchem sie mithilfe des Kaktus versuchen, Kontakt aufzunehmen. Mit einem Kaktus Kontakt zu Gott? Na ja, das stimmt nur so halb – denn eigentlich hilft ihnen eher das im Kaktus enthaltene Meskalin. Eine Chemikalie, die eine ähnliche Wirkung hat wie LSD. 

Der heilige Knödelkaktus oder Peyote, wie er meist genannt wird, wurde schon vor Hunderten von Jahren von Ureinwohner*innen für religiöse Rituale benutzt. Bis die spanischen Eroberer*innen die Pflanze als "teuflische Durchtriebenheit" bezeichneten und ihren Gebrauch hart bestraften. Was für Spielverderber*innen! Trotzdem hat die Verwendung nahezu unverändert bis heute überlebt. Die Native American Church – die amerikanische Eingeborenenkirche  –  sieht Peyote sogar als heiliges Sakrament.

Wodurch der Kaktus und somit auch der Wirkstoff Meskalin unter den Glaubensmitgliedern legal ist. Also: ein Hoch auf den heiligen Knödelkaktus.

Der Titanenwurz

Der Bio-Heizstab 

Jahrelang vegetiert diese Pflanze gänzlich unscheinbar im Unterwuchs des Regenwaldes. Doch wenn ihre Zeit gekommen ist, zieht sie mit ihrer Show alle Blicke auf sich. Die Titanenwurz. Nur alle paar Jahre entscheidet sich die Pflanze zu blühen, aber dann mit viel Tamtam. Rund zehn Zentimeter am Tag schießt ihre Blüte nach oben und erreicht schließlich erstaunliche Höhen von bis zu drei Metern. Und um auch wirklich von allen bemerkt zu werden, hat sie noch ein weiteres Ass im Ärmel – oder sagen wir eher "Aas": Um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt die Blüte einen übel stinkenden Aasgeruch und heizt sich noch dazu auf 36 Grad Celsius auf. Denn die Wärme verteilt Duftmoleküle schneller in der Luft. Also ein Bio-Heizstab sozusagen.

Übrigens: In den Herrenhäuser Gärten in Hannover bereitet sich gerade eine Titanenwurz für die Blüte vor. Ein seltenes Schauspiel, dass viele Pflanzenfans anlockt und gespannt darauf warten lässt, wann es endlich passiert. Doch sei gewarnt, hierbei handelt es sich um ein sehr kurzes Schauspiel, denn bereits nach zwölf Stunden beginnt die Blüte schon wieder zu welken. Viel Werbung, großes Trara und in kürzester Zeit wieder in der Versenkung verschwunden: Wenn wir so überlegen, könnte das nicht nur der Steckbrief für die Titanwurz, sondern auch für ein wahnsinnig schlechtes Comeback irgendeines Pop-Duos sein.


Die Welwitschie

Das lebende Fossil 

Wie besonders muss eine Pflanze sein, dass eine sich eine Rugby-Nationalmannschaft danach benannt hat? Sehr besonders! Und das ist sie, die Wüstenpflanze "Welwitschia mirabilis". Wie schon ihr lateinischer Name zeigt, waren selbst die Entdecker*innen der Pflanze beeindruckt von ihr: Denn "mirabilis" bedeutet "wunderbar". Sie meistert das Leben in der heißen trockenen Wüste - einem Ort, wo viele andere Pflanzen nicht überleben können. In Namibia ist die Welwitschie die Nationalpflanze - selbst die namibische Rugby-Nationalmannschaft trägt ihren Namen: "The Welwitschias". Zugegeben, wenn man nicht wüsste, dass in ihr das pure Leben herrscht, könnte man von außen meinen, dass sie schon lange verwelkt ist, denn prachtvolle Blüten und auffällige Farben gehören nicht zu ihren Eigenschaften. Dafür ist sie unglaublich robust und äußerst bescheiden, wenn es um die Wasserversorgung geht. Mit diesen Attributen wächst sie zu einer stattlichen Größe heran und kann über 1000 Jahre alt werden. Nahe der namibischen Stadt Swakopmund gibt es sogar ein besonders großes Exemplar, das zu einer lokalen Sehenswürdigkeit wurden: Diese Welwitschie ist so groß wie ein Mensch und Schätzungen zufolge etwa 1.500 Jahre alt. Ein echter Survivalheld, die Welwitschie. Da könnten sich unsere empfindlichen Zimmerpflänzchen, die gleich beleidigt sind, wenn man sie aus Versehen ein paar Wochen vergessen hat zu gießen, schon mal eine Scheibe abschneiden.


Die Akazie

Die Miesmacherin

Wir befinden uns in der Savanne Tansanias. Alle Bäume der gesamten Savanne sind von Elefanten und Giraffen leergefuttert. Alle Bäume? Nein! Ein von unbeugsamen Ameisen bevölkerter Baum hört nicht auf, dem den Fressfeinden Widerstand zu leisten…  - Also ehrlich, wir finden, das Ganze hätte auf jeden Fall Potenzial, auch ein Comic zu werden. Protagonist der Geschichte: die Akazie. Damit deren Blätter nicht von Elefant und Co. weggemampft werden, hat sie sich nämlich gehörig was einfallen lassen. 

Sobald ein Pflanzenfresser versucht, Blätter von den Zweigen zu rupfen, aktiviert die Akazie den Gerbstoff Tannin in ihren Blättern, wodurch diese ungenießbar werden. Bei einer gravierenden Fressgefahr können sich Akazien mit Hilfe des chemischen Duftstoffes Äthylen sogar gegenseitig warnen: Das heißt, binnen Minuten wird ein ganzer Akazienwald ungenießbar. Klingt verrückt – aber diese Superkraft beherrschen wirklich alle Akazien-Arten.

Die Flötenakazie hat sogar noch eine weitere Waffe: einen Deal mit Ameisen.

Diese leben in den zahlreichen Hohlräumen des Baumes. Versucht ein Fressfeind Blätter abzurupfen, sind sie in nur wenigen Sekunden am Tatort, verströmen einen üblen Geruch und beißen, was das Zeug hält. Als Gegenleistung bekommen die Ameisen Wohnraum und dürfen sich am süßlichen Akazien-Nektar bedienen. Also wenn das nicht eine Story für einen Comic wäre, wissen wir auch nicht. Titel: Die Ameisenflüsterin.

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