Foodsharing in Zeiten von Corona

Foodsharing in Zeiten von Corona

Warum das Retten von Lebensmitteln einfacher werden muss

Uns geht's offenbar so gut, dass wir gerne mal Lebensmittel wegwerfen, anstatt uns die Mühe zu machen, sie weiterzugeben. Zum Glück rückt das Problem der Lebensmittelverschwendung aber immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus und es gibt Initiativen, die sich für die Lebensmittelrettung einsetzen.


Hand aufs Herz: Jede*r hat wahrscheinlich schon mal Lebensmittel weggeschmissen, die eigentlich noch okay waren.


Im Jahr sind das in Deutschland pro Person in etwa 80 Kilogramm - Weltweit landen jährlich 1,3 Milliarden Tonnen im Müll. Und darunter ist viel, was noch gar nicht schlecht ist. Gerade vor dem Urlaub oder einem kurzen Wochenendtrip werden vorsorglich Lebensmittel weggeschmissen, anstatt sie einzufrieren oder einfach an Freund*innen oder Nachbar*innen weiterzugeben. Auch Foodsharing bietet Möglichkeiten, Lebensmittel weiterzugeben und so vor dem Müll zu retten.

Mit Foodsharing Lebensmittel retten

Die Initiative Foodsharing entstand bereits 2012 und ist inzwischen eine internationale Bewegung mit über 200.000 registrierten Nutzer*innen. 2016 haben wir mit Mitbegründer Raphael Fellmer gesprochen, der auch an der Gründung von Sirplus beteiligt war, einem ähnlichen Startup das überschüssige Lebensmittel rettet und über Rettermärkte in Berlin und einen Online-Shop deutschlandweit verkauft.

Damals hat Raphael erzählt, was überhaupt der Grundgedanke hinter Foodsharing war:

"Wir wollen zeigen, was jeder Einzelne zu Hause tun kann und den Verbrauchern eine praktische Lösung mit auf den Weg geben. Sprich, wenn man in den Urlaub geht oder einen Apfelbaum zu Hause hat, den man gar nicht genug ernten kann, dann kann man sich auf Foodsharing.de digital einen Essenskorb erstellen. Den können andere einsehen, anfragen und dann trifft man sich zur Übergabe." - Raphael Fellmer


Um eigene Essenskörbe zu erstellen und zu sehen, welche Essenskörbe es von anderen gibt, muss man sich online registrieren.

Außerdem gibt es noch die Fairteiler

Eine andere Lösung von Foodsharing sind die Fairteiler. Die sind zum Beispiel besonders praktisch für Menschen, die auf der Straße leben und/oder keinen Internetzugang haben. Fairteiler sind öffentlich zugängliche Kühlschränke oder Regale, in die jede*r Lebensmittel legen kann, die er*sie nicht mehr braucht und die im Umkehrschluss auch von jedem Menschen, der sie braucht, wieder herausgenommen werden können. Alle Regelungen zu den Fairteilern findest du hier.

Das Lebensmittelretten hört aber nicht bei Privatpersonen auf. Auch Bäckereien, Supermärkte, Restaurants, Kantinen, Onlineshops und Bauernhöfe kooperieren mit Foodsharing und geben Lebensmittel weiter. 


Die Betriebe liefern hauptsächlich Obst, Gemüse, Backwaren, aber auch haltbare Lebensmittel und bei Kantinen werden auch fertig zubereitete Speisen abgeholt. Unter dem Hashtag #leckermüll kannst du Lebensmittel entdecken, die ohne Foodsharing im Müll gelandet wären:

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Wer sich selbst aktiv bei Foodsharing mit einbringen möchte, kann zum Beispiel Foodsaver*in werden - Das sind Freiwillige und Ehrenamtliche, die sich darum kümmern, dass Lebensmittel bei den Betrieben abgeholt werden. 

Foodsharing in Zeiten von Corona

Corona erschwert den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung im Moment enorm. Die Deutsche Umwelthilfe hat zusammen mit Foodsharing eine Petition gestartet, um den Prozess der Lebensmittelrettung zu vereinfachen. Das Problem ist, dass Supermärkte und Gastronom*innen auch für gesundheitsschädliche Folgen von kostenlos abgegebenen Lebensmitteln haften müssen. Auch wenn Privatpersonen gerettete Lebensmittel an Bedürftige, Obdachlosenheime oder in öffentlich zugängliche Fairteiler stellen, werden sie als Lebensmittelunternehmen eingestuft und stehen in der Haftung.

Gerade während einer Pandemie ist die Sorge, dass Menschen nach dem Verzehr von geretteten Lebensmitteln krank werden, besonders hoch.


Hinzu kommt, dass durch das Schließen der Tafeln noch mehr Lebensmittel als sonst weggeworfen werden und bedürftige Menschen mehr denn je auf gerettete Lebensmittel angewiesen sind. "Gute, genießbare Lebensmittel aufgrund von rechtlichen Unsicherheiten und fehlendem politischen Willen wegzuschmeißen ist gerade JETZT unverantwortlich" heißt es auf der Seite der Petition. 

Klar ist, dass das Retten von Menschenleben Priorität vor dem Retten von Lebensmitteln hat.


Damit aber beides funktionieren kann, gibt es ein paar neue Regeln: Gerettete Lebensmittel dürfen nicht mehr in öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden, Abholungen dürfen höchstens zu zweit und nur mit Handschuhen und Mund-Nasen-Bedeckung durchgeführt werden und die für die Fairteiler gibt es zusätzliche Beschriftungen, die auf die Abstandsregeln hinweisen und sicherzustellen sollen, dass nicht abwaschbare Lebensmittel (wie zum Beispiel Brot) nur noch abgepackt weitergegeben werden. Alle grundsätzlichen Regelungen zu Foodsharing während Corona findest du hier.

Containern

Beim Thema Lebensmittelverschwendung kommen natürlich auch immer wieder Diskussionen über das Containern auf - Das ist in Deutschland nämlich immer noch strafbar.


Wer Lebensmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten holt, kann wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl belangt werden. Das ist Caro und Franzi aus Olching passiert - Ein Interview und alle Hintergrundinfos dazu findest du hier. Außerdem haben die beiden die Petition "Containern ist kein Verbrechen" gestartet.

Auf Instagram werden unter Hashtags wie #containern, #dumpstern oder #tonnentauchen regelmäßig Ausbeuten von Container-Aktionen geteilt:

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Durch die Bilder bekommt man eine ganz leise Vorstellung davon, um wie viel weggeworfene Lebensmittel es eigentlich geht.


Passend dazu haben wir dir auch schon mal zusammengefasst, was es mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum auf sich hat und welche Möglichkeiten es im Moment gibt, legal gegen die Lebensmittelverschwendung anzukämpfen. Den Artikel findest du hier.

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