Der ganz normale Wohnwahnsinn: Himmelhohe Mietpreise, Vermieter*innen, die ätzende Vorschriften machen - kein Wunder, dass nicht jede*r Lust auf konventionelles Wohnen hat.
Es gibt da draußen viele Gründe, einen eher alternativen Wohnstil anzustreben. Nur wenige von uns ziehen so was aber auch wirklich durch. Inspiration gefällig? Dann bitte hier weiterlesen.
Zimmer, Küche, Bad, Wohnung in der Stadt. Das ist, wie die meisten von uns leben.
Finanziert wird das Ganze früher durch die Eltern, später durch die 40-Stundenwoche. Ist es das, fragen wir uns? Wollen wir von morgens, wenn es hell ist, bis abends, wenn es dunkel wird, im Büro sitzen, nur um unsere Bude zu finanzieren, in der wir uns jobbedingt kaum aufhalten können?
Die meisten Menschen hinterfragen das gar nicht erst – ist halt einfach so. Aber es muss nicht so sein. Man muss sich den wahnsinnigen Mietpreisen der deutschen Großstädte nicht beugen, man kann auch anders wohnen - kreativer, günstiger, aufregender.
Wir haben uns ein paar alternative, aber auch eigentlich gar nicht so abwegige, Wohnformen angeschaut und mit den Menschen gequatscht, die dort leben.
Das Hausboot
Schon das erste alternative Wohnkonzept ist eigentlich gar nicht so absurd, wenn man länger darüber nachdenkt. Wir haben mit Jan gequatscht, der sich letztes Jahr dazu entschieden hat, ein Hausboot zu beziehen. Jan war eigentlich einfach nur auf der Suche nach einem WG-Zimmer, als eine ziemlich lustige Idee an ihn herangespült wurde. Er bekam das Angebot, auf einem Hausboot zu leben. Obwohl das - entgegen der Erwartung vielleicht - nicht ganz billig ist, konnte er nicht nein sagen. Im Winter ist es eisig kalt, es knackt, es kracht, kein fließend Wasser, die Mutter macht sich Sorgen und ins Wasser gefallen ist Jan auch schon. Aber die Freiheit auf dem Hausboot macht alles wieder wett.
"Das Geilste ist, am Wochenende einfach mal flussabwärts zu fahren und in der Natur zu ankern. Dort kann man in Regensburg nämlich ganz wundervoll mit Freunden abhängen und feiern." - Hausbootbewohner Jan
Jans Abenteuer war aber nicht für die Ewigkeit - inzwischen ist er wieder ausgezogen und das Hausboot ist vermietet. Tatsächlich wurde es wie eine stinknormale Wohnung auf WG-gesucht angeboten.
Tiny House
Fiona und Boris wollten nach dem Studium einfach nochmal raus. Sie sind durch Deutschland und Frankreich gereist und haben unterwegs bei Nachhaltigkeitsprojekten mitgearbeitet. Zurück in München wollten sie es einfach nicht einsehen, riesige Geldsummen für einen Wohnraum auszugeben, der überhaupt nicht ihren Vorstellungen entspricht. Da blieb nur eine Lösung: selbstständig und ökologisch ein eigenes kleines Haus bauen - der Start von Mission Winzig.Jedes unnötige Ding ist Ballast
Das Ganze sollte am besten auf Rädern stehen, versteht sich. So bleiben sie auch für zukünftige Umzüge flexibel. Man müsse schon mit wenig und vor allem auch mit wenig Platz auskommen können, wenn man im Tiny House lebe. Fiona sieht das aber eigentlich ganz locker:"Vielleicht sitzen wir auch in zwei Jahren drin und schlagen uns die Köpfe ein, das kann natürlich auch sein. Dann müssen wir uns was Neues suchen." - Fiona von Mission Winzig
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Auch Feli und Jonas haben ein eigenes Tiny House gebaut - Tiny DaHome. Sie stellen als Selbstversorger*innen ihren Strom über die eigens betriebene Solaranlage her. Die beiden haben uns im Interview erklärt, warum sie sich für diesen Lifestyle entschieden haben - und wie sie hoffen, mehr Menschen für dieses alternative Wohnkonzept zu begeistern. Ein ganzes Tiny House Village ist in Planung:
Die Vannomaden
Kathi und Paul sind auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt. Eigentlich sind sie eine kleine Kommunikationsagentur auf Rädern. Immer unterwegs. Das fördert die Kreativität, meinen sie, und eigentlich hat sich das auch schon über die letzten Jahre bewährt. Denn wer reist, ist frei und wer freie Gedanken hat, ist kreativ.Auf zehn Quadratmetern wohnen, schlafen, essen und arbeiten.
Die beiden haben sich im Schwerpunkt visuelle Kommunikation selbstständig gemacht und ihre eigene kleine Agentur gegründet. Konkret heißt das: Kathi und Paul erstellen Logos für Firmen, illustrieren und designen Werbung, Zeitschriften und Websites. Sie sind ständig on the Road und können ihre Zeit frei einteilen, aber viel zu tun haben sie trotzdem. Abends sitzen sie oft sehr lange in ihrem Van und arbeiten.
Natürlich ist es nicht immer ganz so einfach mit dem wenigen Internet und dem verfügbaren Strom zu haushalten. Paul und Kathi genießen ihr Leben im Van, aber für immer wollen sie das nicht machen. Eigentlich sind sie auf der Suche nach einem richtigen Zuhause. Offenbar lernt man auch das auf dem Weg zu schätzen.
"Für einen gewissen Abschnitt macht es super viel Spaß an seine Grenzen zu kommen und neue Sachen herauszufinden, aber man muss es eben wollen." - Kathi
Das Bauwagendorf
Wer an einem festen Ort leben möchte und statt auf einen Vollzeitjob viel mehr Lust auf die Natur hat, der muss sich eben etwas Anderes überlegen. Samuel hat genau das getan. Es war ursprünglich eine verrückte Idee nach ein paar Gläsern Wein mit einem guten Freund. Auf dem Grundstück des benannten Freundes in Regensburg hat sich Samuel im Jahr 2010 einen Bauwagen aufgestellt. Nachdem der erste kalte Winter überstanden war, ist daraus nach und nach ein kleines alternatives Dorf entstanden. Eine Handvoll Gleichgesinnte leben dort nun mit ihren Wägen. Inzwischen sogar auch drei Kinder und immer wieder Gäst*innen. Königreich Samuelien nennt sich das Ganze.
Man muss die Dinge, die man hat, einschränken. Dafür ist das Leben wirklich günstig. Man lebt in einer Gemeinschaft, die lockerer als eine WG aber doch wesentlich enger als eine normale Dorfgemeinschaft ist. Anders, alternativ eben.
Earthships
Richtig gehört: Earthships sind nicht etwa, wie wahrscheinlich vermutet, von Erdlingen bewohnte Raumschiffe aus Star Trek, sondern ganz gewöhnliche Häuser. Naja fast: Häuser gebaut aus ganz viel Lehm und … Müll. Öko also. Entwickelt wurde das Prinzip der Earthships in den 1970er Jahren vom amerikanischen Architekten Michael Reynolds, quasi dem Guru der Earthshipler*innen. Man findet Earthships verteilt über den gesamten Globus. Optisch angesiedelt zwischen Gewächshaus, Raumschiff und überdimensional großem Sandwurm.An Earthship in Taos, New Mexico by architect Michael Reynolds. Earthships are designed to behave as passive solar earth shelters made of both natural and upcycled materials such as earth-packed tires. pic.twitter.com/9aFIspp6xT
— Wendy O'Rourke (@wendyOrourke) September 21, 2021
Das erste Earthship im deutschsprachigen Raum wurde in Tempelhof aufgebaut: Ne, nicht in Berlin, sondern in dem gleichnamigen schwäbischen Ökodorf. Und die Vorteile? Metall von Waschmaschinen und Autoreifen - Fliesen und Altglas: Man findet seine Baumaterialien wortwörtlich auf dem Müll. Die Häuser funktionieren beinahe autonom, heißt, dass sie ohne Wasser-, Strom- und Kanalisationsanschluss auskommen. Die Energie kommt von Sonne und Wind. Das Wasser wird normalerweise aus dem Regen gewonnen. Gereinigt wir es durch die natürlichste Kläranlage der Welt: Pflanzen. Die Nachteile liegen in Deutschland vor allem in der Umsetzung. Grund: Die Deutschen Behörden, das deutsche Baurecht und etliche Verordnungen im Bezug auf Wasser und Abwasser.
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