Burnout: Wenn chronischer Stress zum Problem wird

Burnout: Wenn chronischer Stress zum Problem wird

Und warum es wichtig ist, darüber zu sprechen

Emotional, geistig und körperlich erschöpft - und zwar dauerhaft. Viele denken sofort an den Begriff Burnout. Was das eigentlich genau bedeutet und warum viele Menschen die Krankheit vermehrt bei sich selbst diagnostizieren, erfährst du hier.

Dauerhaft erschöpft

Antriebslosigkeit, Mutlosigkeit, Müdigkeit, das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit – all das sind Symptome, die auf ein Burn Out hinweisen könnten - zumindest sagt das das Internet. 2022 soll angeblich auch das Jahr gewesen sein, in dem es die meisten selbstdiagnostizierten Burnouts gab. Kann man ein Burnout selbst diagnostizieren? Und wie kommt man aus diesem Tief wieder raus?

Darüber hat egoFM Max mit Iris und Raphaela von Emotiv, einer psychologischen Beratungsstelle aus München gesprochen.

  • Umgang mit selbstdiagnostiziertesten Burnouts
    Iris und Raphaela von Emotiv im Interview


Burnout - was ist das eigentlich?

Wo hört Erschöpfung auf und wo fängt ein Burnout an? So genau ist ein Burnout gar nicht definiert. Iris und Raphaela beschreiben es als einen länger andauernden und intensiveren Zustand der Erschöpfung durch Überlastung. 
"Aber wichtig ist vielleicht zu sagen, dass Burnout gar keine echte Diagnose sozusagen ist. Also das kann man jetzt als Arzt oder Psychotherapeut nicht als Diagnose vergeben. Und als Arzt oder Psychotherapeut würde man dann wahrscheinlich am ehesten eine depressive Episode vergeben, also die Depression ist so die offizielle Diagnose, die wahrscheinlich am nächsten ans Burnout ran kommt." - Iris und Raphaela

Das Internet spuckt nach einer kurzen Suche meist drei ganz klassische Kriterien aus: Körperliche Erschöpfung, geringere Leistungsfähigkeit und erhöhte Reizbarkeit beziehungsweise ein sozialer Rückzug. Ein Burnout kann nicht nur aus der Überanstrengung im Job heraus entstehen, sondern auch bei Problemen und chronischem Stress im Privatleben.
"Eltern mit kleinen Kindern - die hatten in den letzten Jahren natürlich auch zusätzlichen Stress, weil einfach im Lockdown teilweise die Kinderbetreuung ja überhaupt nicht sichergestellt war. Und sogar da gibt's erste Zahlen, dass zwischen sechs und 19 Prozent der Eltern in Deutschland zum Beispiel 2021 ihre Arbeitszeiten reduzieren mussten, weil sie es einfach nicht mehr hingekriegt haben, Familie und Job zu vereinbaren." - Iris und Raphaela

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2022 - das Jahr mit den meisten selbstdiagnostizierten Burnouts?

Auch wenn hier keine konkreten Studienergebnisse vorliegen, können sich Iris und Raphaela durchaus vorstellen, dass an dieser Behauptung etwas dran ist. Belegt ist aber zumindest, dass noch nie so viele Menschen nach den Symptomen von Burnout gegoogelt haben, wie im Mai 2022. Das liegt vor allem daran, dass das Bewusstsein für psychische Erkrankungen in den letzten Jahren weiter gestiegen ist.
"Generell ist so die Verwendung des Modeworts Burnout wirklich verbreiteter, um dann eigentlich vorliegende depressive Zustände zu beschreiben." - Iris und Raphaela

Das Bewusstsein für psychische Erkrankungen kann auch dazu führen, dass Stigmata abgebaut werden und eine mögliche Selbstdiagnose kann der erste Schritt sein, wieder zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen zu finden. Trotzdem sind Iris und Raphaela der Meinung, dass die Selbstdiagnose nicht die Diagnose von den Profis ersetzen kann.
"Aber was man glaube ich schon machen kann, ist jetzt so als Laie sag ich mal, eine gewisse Achtsamkeit etablieren, ja, also wenn man zum Beispiel feststellt, boah, ich bin jetzt dauerhaft müder, erschöpfter oder auch so körperliche Signale wie häufige Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen [...]. Auf sowas kann man natürlich schon achten und das auch ernst nehmen und sich dann lieber früher als später auch mal zum Fachmann oder zu Fachfrau begeben, sich Hilfe suchen." - Iris und Raphaela

Burnout - und nun?

Der Weg der Genesung ist mitunter schwer. Aber wie geht es danach weiter? Zurück ins alte Muster? Iris und Raphaela sagen, dass man ein Burnout auch als einen Weckruf sehen sollte, ein paar grundlegende Dinge im Job oder im Privatleben zu ändern. 
"Eine psychische Krise kann tatsächlich im besten Fall eine Chance für Veränderungen sein. Das Ziel sollte also eher nicht sein, einfach wieder zurück zum Zustand vor der Krise zurückzukehren. Wir können das natürlich verstehen, dass sich das viele Menschen wünschen, aber dieser Zustand hat ja meist erst dazu geführt, dass man in diese Krise gekommen ist und da ist es halt dann eher wichtig, nachhaltig Muster zu verändern."  - Iris und Raphaela

Denn auch wenn der Leistungsdruck durch die Gesellschaft mitunter enorm ist, haben wir in unserer Gesellschaft trotzdem auch sehr viele Freiheiten und individuell viele Möglichkeiten, so Iris und Raphaela.
"Das heißt, wir haben die Qual der Wahl. Wir müssen quasi auswählen, welchen Aufgaben wir uns tatsächlich stellen möchten und welchen nicht."  - Iris und Raphaela

Doch eben genau das fällt vielen Menschen unglaublich schwer, viele möchten am liebsten alles (selbst) machen, um nichts zu verpassen, keine Chance verstreichen zu lassen. FOMO lässt grüßen. Genau darum geht es Iris und Raphaela auch bei Emotiv: Statt die Leistungsgesellschaft abzuschaffen, lernen Betroffene hier, damit umzugehen und auf die eignen Werte zu achten und die eigene Zeit bewusst zu planen.

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