Die Journalisten Johann und Paul haben sich 2019 undercover in das Alpha Mentoring-Programm von Kollegah eingeschleust und darüber berichtet. Im Interview mit egoFM Gloria sprechen sie über ihre Erfahrungen.
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25.05.2021
Das Alpha Mentoring-Programm von Kollegah
Johann und Paul über ihre Undercover-Recherche
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Johann und Paul über das Alpha MentoringDas komplette Interview mit Gloria
Alpha Mentoring
Im März 2019 hat Kollegah gemeinsam mit dem Coaching-Unternehmen Baulig Consulting das Coaching-Programm Alpha Mentoring gestartet. Den Teilnehmern wurde (sinngemäß) Erfolg, Fitness, Frauen und Reichtum versprochen - alles, was einen Alpha-Mann scheinbar so ausmacht."Was ich daran problematisch fand, ist, dass Kollegah - und das steht völlig außer Zweifel - ein sehr talentierter Rapper ist und sich im Musik-Business sehr gut auskennt; aber dieses Programm versprach eben Erfolg in allen Lebenslagen." - Paul
Wie genau das Programm allerdings abläuft und welche Inhalte konkret vermittelt werden, war als Außenstehende nicht nachzuvollziehen. Deshalb haben Johann und Paul als Team von VICE in Kooperation mit Buzzfeed News investigativ recherchiert und sich undercover als Teilnehmer "Marco Konopka" in das Programm eingeschleust.
Den ganzen Artikel von damals findest du hier.
Videocalls mit dem Boss persönlich
Die beiden Journalisten erzählen, dass die Videokonferenzen mit Kollegah für die Teilnehmer das Highlight des Programms waren. Immerhin konnten die Alphas hier in direkten Kontakt mit ihrem Idol treten. Die Männer konnten in den Calls ihre Probleme schildern und um Rat bitten. Von Religion bis Bitcoins wurden tatsächlich zu jeglichen Themen Fragen gestellt - Und vor allem auch von Kollegah beantwortet."Was uns da auch schockiert hat war, dass Kollegah auch zu allem was zu sagen hat und nicht deutlich macht: Nein, ich bin nicht der Fachmann für diesen Bereich." - Paul
Stattdessen hat er immer wieder weitreichende Ratschläge gegeben: Er hat zum Beispiel einem Mann, der Stimmen hört, Tipps zu seinem Lebensentwurf gegeben und ihm erzählt, dass der Satan existiert.
Die Alphas waren überwiegend zwischen 18 und 30 und ließen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
Zum einen waren es Fans, die vielleicht auch selbst rappten und sich Promotion oder eine Zusammenarbeit mit Kollegah erhofft haben. Zum anderen nahmen Männer teil, die mit schwerwiegenden Problemen in ihrem Leben zu kämpfen hatten und bei Kollegah Hilfe und Orientierung gesucht haben.Alles nur Abzocke?
Johann und Paul können natürlich nicht beurteilen, aus welcher Intention heraus Kollegah das Programm entwickelt hat. Was sie allerdings beurteilen können, sind die Inhalte des Programms."So wie wie wir es wahrgenommen haben und was die Inhalte betrifft, war es schon eine Abzocke der Fans, aber ich glaube Kollegah selbst hat das nicht so gesehen. Also er hat das nicht als Projekt angelegt, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, sondern er hat wirklich daran geglaubt, dass er Leuten helfen kann - dass sein Erfolg quasi legitimiert, dass er Leute in allen Lebenslagen beraten kann." - Johann
Die beiden vermuten, dass Kollegah aus diesem Grund auch kein Problem darin gesehen hat, jedem Teilnehmer Tipps zu geben.
Das Programm wurde inzwischen eingestellt
Johann und Paul haben das Management mit den Recherchen konfrontiert und die Antworten mit in den Artikel eingebaut. Trotzdem kamen nach der Veröffentlichung einige Abmahnungen von Anwält*innen. Sowohl von Seiten Kollegahs, als auch von der Baulig Consulting-Firma. Die beiden konnten allerdings ihre Recherchen belegt, woraufhin auch alle Abmahnungen fallen gelassen wurden.Darüber, ob die Recherchen von Johann und Paul etwas mit dem Ende von Alpha Mentoring zu tun haben, kann natürlich nur spekuliert werden.
"Ich glaube es ist gut, dass dieses Programm eingestellt wurde und ich glaube es ist wichtig, dass wir die unseriösen Strategien und Machenschaften dieses Programms aufgedeckt haben. Und vielleicht haben wir dazu [dass das Programm eingestellt wurde] beigetragen - vielleicht nicht. Nichtsdestotrotz war es wichtig, dass das, was dort hinter verschlossenen Türen passiert ist [...] öffentlich zu machen." - Paul
Allgemein kann festgehalten werden, dass Kollegah sicher kein Einzelfall war und es - neben seriösen Angeboten - auch viele unseriöse Coaches gibt. Immerhin ist "Coach" kein geschützter Begriff und jede*r kann sich so bezeichnen. Bei der Wahl von Coaches ist also Vorsicht geboten:
"Ich glaube es kommt einfach darauf an, wie transparent die Coaches mit dem umgehen, was sie bieten können. [...] Ich will jetzt nicht allen Coaches absprechen, dass sie gute Arbeit machen, aber es gibt auf jeden Fall viele Angebote, die unseriös und überteuert sind." - Johann
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