Das kleine Lexikon der Zugpassagier*innen

Das kleine Lexikon der Zugpassagier*innen

Mitfahrer*innen, die du wahrscheinlich auch gut kennst...

Von  Kristina Paulini
Auf einer Zugfahrt hat man ja meist seeeehr viel Zeit. Und was lässt sich da besonders gut machen? Genau - andere beobachten. egoFM Kristina hat von ihren Zugfahrten fünf typische Zugbegleitungen entdeckt, die du vielleicht auch kennst.

Abfahrt!

So eine Zugfahrt ist schon etwas Praktisches: Man wird von A nach B befördert, ohne selbst das Steuer lenken zu müssen. Ja, man kann dabei sogar sitzen, über sein Leben sinnieren, arbeiten, Musik hören oder unsere Lieblingsbeschäftigung: Schlafen. Aber nicht so bei unseren Sekt-Sebastians und Bierbiancas. Diese Menschen haben ihre Zugfahrten zu einer ganz anderen Beschäftigung auserkoren. Alkoholkonsum! Und ihre Beschäftigung macht es meist unmöglich, seiner eigenen weiter nachzugehen. Ja, es ist ein zweischneidiges Schwert, denn wir geben selbst zu, auch wir haben schon auf beiden Sitzen gesessen: Auf dem der beschwipsten Spaßkapelle UND auf dem der genervten Mitmenschen.

Die Crux: Als Partycrew kriegt man selten mit, dass man nervt und als Genervte*r will man auch nicht die Spaßbremse sein und sich beschweren. Am Ende bleibt meist nur die Entscheidung, sich entweder dazuzugesellen und womöglich eine gute Zeit zu haben oder sehr, sehr gute Noise Cancelling Kopfhörer zu besitzen. Letzteres ist für eine Zugfahrt aber so oder so zu empfehlen, denn eine entspannte Zugfahrt mit guter Musik im Ohr kann höchst meditativ sein und im Nu werden nicht nur unangenehme Zugbegleitungen, sondern auch alle anderen Probleme gaanz klein.

Abteilungsmeeting

Rein in den Zug, reservierten Platz aufgesucht, Laptop aufgeklappt und losgetippelt. So sieht man meist den*die gemeine*n Zugworkaholic in seinem natürlichen Habitat. Denn Zeit ist Geld und was könnte noch effizienter sein, als während der Beförderung von A nach B auch noch höchst produktiv arbeiten zu können? Ok, das produktive Arbeiten wird oft vom wackeligen Zug-WLAN gestört. Das macht der*die gemeine Workaholic dann übrigens auch gerne zum Problem des gesamten Zugabteils, inklusive lautem Beschweren beim Zugpersonal. Früher oder später wird dann meist aufs Arbeitshandy umgestiegen und war man als Mitfahrer*in bis dahin nicht schon genervt, ist man es spätestens ab da. Denn interessanterweise haben ganz viele Zugworkaholics eins gemeinsam: Sie hören sich gerne und laut reden.

Und plötzlich werden alle Passagier*innen darüber unterrichtet, dass die Spülmaschine im Büro kaputt ist, der Finanzplan für 2023 morgen fertig sein muss oder die Firmenfeier doch noch mal verschoben wird. Jaja, alles wichtige Dinge, die sehr laut am Telefon JETZT im Zug besprochen werden müssen. Zum Glück gibt es jedoch auch immer wieder sehr angenehme Workaholics auf einer Zugfahrt, solche, die ruhig vor sich hintippeln und das Tastaturklicken schon fast zu einer Mediation werden lassen. Dieser Beitrag ist übrigens auch auf einer Zugfahrt entstanden und dabei sind keine anderen Zugpassagier*innen zu Schaden gekommen. Ehrenwort.
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  • Abteilungsmeeting
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  • Fahrende Supermärkte
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  • Packesel auf Zeit
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  • Sleeping Beauty und Schulterkissen
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Fahrende Supermärkte

Wie viel Essen nimmst du so täglich zu dir? Ok, wahrscheinlich schwierig, so pauschal zu sagen. Aber sagen wir mal: Frühstück, Mittagessen, Nachmittagssnack, Abendessen? Dann könnte man ja theoretisch meinen, dass das bei einer Zugfahrt genauso ist – vielleicht sogar noch weniger, weil man im Grunde nur rumsitzt. Nicht so bei der Kategorie Mensch, die wir dir jetzt vorstellen: "Die Mampfer*innen".

Die gemeinen Mapfer*innen zeichnet sich dadurch aus, dass sie bei einer Zugfahrt, völlig egal wie lange diese andauert, mindestens alle 30 Minuten eine Zwischenmahlzeit zu sich nehmen müssen. Kann dieses Pensum an Kalorienzufuhr nicht eingehalten werden, folgt größter Missmut und totale Grumpyness. Sollte dies eintreten, rufen wir alle Mitmenschen dazu auf, möglichst Abstand zu bewahren oder immer einen Sicherheitssnack für Notfälle dabei zu haben.

Doch in den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass die sogenannten Mampfer*innen selbst sehr großes Interesse daran haben, ausreichend eingedeckt zu sein und selbst für eine 3-Stunden-Zugfahrt einen Mini-Supermarkt bei sich tragen. Generell ist der oder die Mampfer*in eine angenehme und gesellige Fahrbegleitung… Nicht nur deshalb, weil man mit ganz viel Glück auch mal einen Keks abbekommt, wenn man mal wieder seine eigene Zugration vergessen hat. 

Packesel auf Zeit

Raus aus dem Alltag, die Welt erkunden, etwas erleben, neue Menschen und Kulturen kennenlernen: Eine Reise durch verschiedene Länder ist immer etwas Aufregendes. Die Mittel der Fortbewegung müssen dabei wohl bedacht sein. Zu Fuß oder Fahrrad? Nachhaltig ja, aber könnte auf Dauer ganz schön anstrengend sein. Auto? Uff, das könnte teuer werden, abgesehen davon ist es schlecht für die Umwelt. Deshalb ist für viele immer noch die beste Wahl der Zug, zumindest für eine Europatour. Und wir kennen sie alle, die Interrail-Packesel, mit ihren riesen Backpacker-Rucksäcken, braungebrannt, die Augen leuchtend und voller Abenteuergeist.

Die gemeinen Länderbummler*innen sind oft sehr angenehme Passagiere und Sitznachbar*innen, abgesehen davon, dass sie vielleicht um Hilfe bitten, um den Rucksack von der Größe eines Babyelefanten in die Gepäckablage zu hieven. Oder das man besagtes übergroßes Gepäck öfter mal gegen Kopf, Arm oder andere Gliedmaßen bekommt. Aber sind wir mal ehrlich, es gibt weit Schlimmeres. Belohnt wird man dafür oft mit spannenden Geschichten über zurückliegende Destinationen, denn in der Regel sind sie sehr kommunikationsfreudig. In den Zug steigen und losfahren – sollte man eigentlich viel öfter machen. Aber vielleicht kann man sich davor ja noch ein paar Packtipps von den Fahrrad- oder Zu-Fußreisenden einholen, denn du weißt ja, was man sagt: Mit leichtem Gepäck reist es sich am leichtesten.

Sleeping Beauty und Schulterkissen

Ja, wir geben es zu: Es ist eine Gabe, auf die wir alle neidisch sind. Die Gabe überall einschlafen zu können, wenn man halt eben müde ist. Sei es im unbequemen Bett, im Zelt obgleich Stock und Stein in den Rücken drücken, im Auto, auf dem Boden, ja sogar manchmal im Club, wenn die Freund*innen noch weiter feiern wollen und die Mukke in die Ohren ballert. Alles schon mal gesehen. Unsereins ist ja schon froh, wenn nach einer durchzechten Nacht ein kleiner Mittagsnap drin ist, aber selbst das ist für unseren unflexiblen Biorhythmus oft schon zu viel verlangt. Auch im Zug trifft man die selig säuselnden Siebenschläfer*innen sehr oft an.

Ob quietschender Waggon, undeutliche, aber viel zu laute Durchsagen oder nervende Mitfahrer*innen: Nichts kann ihren Dornröschen-Schlaf stören. Meist sind sie auch sehr angenehme Zugbegleitungen, vorausgesetzt sie haben kein Sägewerk im Gepäck oder nutzen deine Schulter als Kopfkissen. Sind diese Bedingungen erfüllt, steht dir eine sichere, kommunikationsfreie Zugfahrt bevor – und damit hast du Zeit für viele andere Dinge. Wie zum Beispiel sich zu ärgern, dass man selbst NICHT einfach überall einschlafen kann. Aber hey, hier ein kleiner Trost, immerhin müssen WIR uns nie darüber Gedanken machen, welche Zugverbindung man zurücknehmen muss, weil man die richtige Haltestelle verpennt hat.

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