Warum die momentane Mietpreisbremse nicht viel bringt und wieso es nicht mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland gibt, erklärt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.
Mit der neuen Bundesregierung soll sich viel ändern in Punkto Bauen. Zumindest, wenn man sich die letzten zwei Seiten des Koalitionsvertrags ansieht: SPD, Grüne und FDP wollen 400.000 neue Wohnungen pro Jahr ermöglichen und mehr in den Sozialwohnungsbau stecken. Wie und ob diese Vorhaben umsetzbar sind, weiß Jutta Hartmann, Pressesprecherin des Vereins Deutscher Mieterbund. Er ist die politische Interessenvertretung aller Mieter*innen und unabhängig von Staat und Parteien.
Der Traum vom bezahlbaren Wohnraum
Jutta Hartmann im Interview mit egoFM Sebastian
Enttäuschung über den Koalitionsvertrag
Auch wenn einige Vorhaben im Koalitionsvertrag stehen, war der Mieterbund eher enttäuscht, erzählt Jutta. Im Bau begrüße man zwar einige Punkte, aber zum Beispiel im Hinblick auf Mietrecht sei so gut wie nichts dabei gewesen.
"All das, was die Mieter*innen in Deutschland wirklich belastet und zwar die hohen Mieten, die umhergreifenden Eigenbedarfskündigungen zum Beispiel, das alles wurde gar nicht angepackt im Koalitionsvertrag." – Jutta Hartmann
Sie hätte sich gewünscht, dass die Probleme der Mietpreise angegangen würden. Außerdem kritisiert Jutta das momentane Kündigungsrecht. Zum einen sei der Eigenbedarf ziemlich einfach durchzusetzen. Sogar für Wochenendbesuche darf er geltend gemacht werden, Mieter*innen können hier nichts dagegen tun. Die Forderung des Mieterbunds: Eigenbedarf soll wirklich nur von Vermieter*innen und deren engen Familienangehörigen genutzt werden, damit er nicht ausufert. All das wurde im Koalitionsvertrag aber gar nicht angesprochen.
Mietpreisbremse – ein zahnloser Tiger?
Ein weiterer Kritikpunkt des Mieterbunds: Die Mietpreisbremse wurde nicht verschärft. Zwar hat sie der Koalitionsvertrag bis 2029 verlängert, allerdings sei sie nicht hoch genug angesetzt, meint Jutta. An sich sei es ein gutes Instrument. Die Mietpreisbremse deckelt die Miete auf zehn Prozent über dem normalerweise ortsüblichen Preis. Der steht in einer Übersicht von Gemeinden oder Kommunen, die zeigt, wie viel der Durchschnittsmensch in einer bestimmten Gegend zahlt. Das sei an sich zwar gut, allerdings gebe es viel zu viele Ausnahmen. Nach einer Modernisierung dürfen Vermieter*innen eine höhere Miete verlangen und wenn der*die Vormieter*in bereits mehr gezahlt hat, dann können Vermieter*innen denselben Preis verlangen. Um die Mietpreisbremse wirklich wirksam zu machen, müssten diese Schlupflöcher per Gesetz geschlossen werden.
"Wir sagen immer [die Mietpreisbremse] ist ein zahnloser Tiger. So wie sie jetzt ist, bringt sie nichts." – Jutta Hartmann
Wann dürfen Vermieter*innen erhöhen?
Abgesehen von der Mietpreisbremse haben Vermieter*innen das Recht, die Miete frei zu verhandeln und auch anzupassen. Allerdings gibt es hier ein paar Regeln, die im Gesetz festgelegt sind. Wenn die Gegend, in der die Wohnung liegt, beliebter wird und die Nachfrage nach Wohnraum dort steigt, dann dürfen Vermieter*innen nach der sogenannten Bestandsmietmieterhöhung die Preise anpassen. Außerdem darf nach einer Modernisierung ebenfalls die Miete erhöht werden. Zwischen den Erhöhungen muss allerdings mindestens ein Jahr Pause liegen. Nach bestimmten Grenzen ist ebenfalls festgelegt, dass sich die Miete innerhalb von drei Jahren nur um 15 Prozent erhöhen darf. Hier plant die Koalition nachzuschärfen, sodass in angespannten Wohnungsmärkten die Miete nur noch um elf Prozent steigen darf. Das sei zwar ein bisschen besser, sagt Jutta, aus der Sicht des Mieterbundes aber immer noch zu viel.
Mangelware: Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum
Auch wenn es rechtlich festgelegte Grenzen gibt, mangelt es in Deutschland an dauerhaft bezahlbarem Wohnraum. Jutta kritisiert fehlende Regularien, die Wohnungen zu dem machen, wofür sie gedacht sind: zum Wohnen.
"Wir sehen halt gerade in den nachgefragten Städten ist eben der Fall, dass Wohnraum auch Spekulationsobjekte sind […] Dass damit Leute an der Börse Geld verdienen, dass Wohnungen nicht zum Wohnen da sind, sondern zur Gewinnmaximierung und das ist natürlich ein Riesenproblem. Da müsste der Gesetzgeber dann eingreifen in dem er Regeln erlässt, an die sich dann auch wirklich alle halten müssen." – Jutta Hartmann
Auch wenn die Regierung plant, jährlich 100.000 neue Sozialwohnungen zu bauen, müsse dafür erstmal das Geld da sein. Laut Jutta sind die Preise für Bauland gestiegen, oft kann man auf dem teuren Grund und Boden nicht bezahlbar bauen. Ob die Umsetzung erfolgreich ist, hängt außerdem davon ab, wie viele Handwerker*innen überhaupt zur Verfügung stehen.
Es gibt also noch viel Verbesserungspotenzial auf dem deutschen Wohnungsmarkt angeht. Eine bezahlbare Wohnung erstmal zu finden, ist zwar nicht einfach. Wenn du aber fündig wirst, rät Jutta, auf jeden Fall alle Mängel festzuhalten.
"Immer wenn ich Wohnung anmieten möchte, sollte ich mir die Wohnung genau anschauen […] Aufgrund von einer virtuellen Besichtigung sollte ich keine Wohnung anmieten. Also mir die Wohnung wirklich auch anschauen und durchgehen und schauen: Ist die in Ordnung? Und wenn ich dann sehe, dass Mängel in der Wohnung sind, dass ich die dann auch festhalte." – Jutta Hartmann
Und damit während des Mietverhältnisses alles fair bleibt, sei es wichtig, den Mietpreis im Auge zu behalten.
"Wenn ich das Gefühl habe, hier wird viel zu viel verlangt oder ich zahl zu viel, sollte ich das auf jeden Fall mal überprüfen. Also einmal, wenn ich eine Miete abgeschlossen habe, die sehr hoch ist, dann mal kucken, liegt meine Wohnung in der Mietpreisbremsenverordnung, greift die hier vielleicht, gilt keine Ausnahme? Dann habe ich nämlich auch als Mieter*in die Möglichkeit, das Geld zurückzufordern, das ich zu viel bezahle." – Jutta Hartman
Weil das für Laien oft schwierig sein kann, alles zu überprüfen, hilft der Mieterbund dabei. Einen Mietverein in deiner Nähe findest du hier.Dasselbe gilt für eine Mieterhöhung. Die solltest du immer überprüfen oder überprüfen lassen, ob sie auch rechtlich in Ordnung ist.
egoFM in deinem RSS-Feed
Ab sofort kannst du die neuesten Artikel auf egoFM.de über deinen RSS-Feed mitverfolgen. Einfach die folgenden URLs zu deinem Reader hinzufügen:
Artikel teilen: