Hier hörst du die unglaubliche Geschichte von einem Ehepaar, das sich mit Musik gegen ein Dorf voller Neonazis einsetzt.
Allein unter Neonazis
Rund 40 Seelen wohnen in Jamel, einem kleinen Dorf bei Wismar in Nordwestmecklenburg. Gut 95 Prozent davon: Neonazis. Mittendrin die Kulturschaffenden Birgit und Horst Lohmeyer.
Die beiden sind vor 15 Jahren direkt vom Hamburger Kultviertel St. Pauli in das weit entlegene Jamel in Mecklenburg gezogen. Ein Ort, an den man normalerweise nur kommt, wenn man ihn auch sucht. Zwei kleine Seen, eine Ortszufahrt, umringt von Wald. Die Schriftstellerin und der Musiker wollten hier in einem Forsthof direkt am Waldrand zur Ruhe kommen.
Interview mit Birgit Lohmeyer
Alleine in der Nazi-Hochburg
Das kleine Dorf wurde in den darauf folgenden Jahren gezielt durch mehrere Neonazifamilien besiedelt.
„Deren Haltung ist so: Entweder man ist Freund oder Feind - und der Feind gehört vernichtet. Wir sind Opfer von X Straftaten geworden, bis hin zu einer Brandstiftung 2015 an unserer riesigen Scheune, die sehr nah an unserem Haus steht.“ - Birgit
In der Brandnacht wäre ihr Wohnhaus beinahe auch abgebrannt.
Das Festival Jamel rockt den Förster
Seit 2007 leisten sie aktiv Widerstand: Mit ihrem Festival "Jamel rockt den Förster".
Was als kleines Sommerfest für Familie, Freund*innen und Kolleg*innen begann, wurde zu einem großen Kulturprojekt.
Rockmusik für Demokratie und Toleranz
Unter dem Motto „Rockmusik für Demokratie und Toleranz“ versammeln sie Bands der regionalen und überregionalen Musikszene auf ihrer großen Waldbühne. Jedes Jahr spielen hier große Namen. Schon dabei gewesen unter anderem: Die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer und die Ärzte.
„Die Ärzte haben zu einer Zeit nicht zusammen gespielt und sind extra für ihren Song ‚Schrei nach Liebe’ zusammen bei uns aufgetreten.“ - Birgit
Viele weitere Musiker*innen kommen mittlerweile Jahr für Jahr nach Jamel und wollen helfen beim Widerstand gegen Rechts.
Was sie antreibt, weiterhin in Jamel wohnen zu bleiben?
‚„Wir sollten rechtsradikalen Kräften in unserem Land keinen Meterweit Platz machen. Wir glauben hier eine Aufgabe zu haben, wir gehen an die schulen, wir machen Bildungsarbeit. Wir tun das indem wir offensiv Veranstaltungen anbieten, zum Beispiel unser Rockfestival für Demokratie und Toleranz.“ - Birgitt
Die Nächte, in denen ihr Nachbar seine Nazi-Feste feiert und 200 bis 300 beinharte Neonazis durchs Dorf laufen, sind die Nächte, in denen sie nicht sonderlich gut schläft und auch nicht gerne hier wohnt. Trotz allem bleiben sie in Jamel, weil es trotzdem ein schöner Ort ist. Aber vor allem um eins zu zeigen: Dass man dem rechten Druck nie nachgeben darf.
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