Beim neugegründeten Verlag ECCO arbeiten nur Frauen an den Veröffentlichungen. In einer männerdominierten Literaturwelt ist das ein Fortschritt.
Der literarische Gendergap
In der Literatur zeigt sich die Diskrepanz zwischen Männern und Frauen nicht unbedingt an der Frage, wie viele Frauen im Vergleich zu Männern beispielsweise schreiben. Es zeig sich viel mehr durch die Tatsache, dass Männer in den meisten Fällen erfolgreicher damit sind. Das hat allerdings nicht unbedingt etwas mit Talent zu tun, sondern damit, wem Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das zeigt sich beispielsweise im Bereich Feuilleton. Laut einer Recherche der taz ist nur eine von vier besprochenen Autor*innen im deutschen Feuilleton nicht männlich.Deutsche Schreibschulen
Der literarische Gendergap entsteht aber nicht nur durch die unregelmäßig verteilte Aufmerksamkeit durch beispielsweise die Medien, sondern fängt schon ganz am Anfang in der Lehre an. Die beiden literarischen Schreibschulen Deutschlands in Hildesheim und Leipzig haben jeweils einen überwältigenden Mehranteil an Studentinnen, jedoch fast ausschließlich männliche Lehrende und Professoren. An der Uni Hildesheim gibt es daher immer wieder studentische Aktionen, die auf die männerdominiert Zustände aufmerksam machen. Denn neben dem ungleichen Machtverhältnis glänzt auch das Verhalten der Lehrenden nicht unbedingt durch Selbstreflexion. Kurz: Die Frage ist, wer wird gepusht und wer wird ernstgenommen?
"Frauenliteratur" ist Literatur
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein dafür immer größer geworden. Eine positive Entwicklung zeigt beispielsweise der Ingeborg-Bachmann-Preis - einer der wichtigsten deutschsprachigen Literaturpreise. 2010 bis 2020 waren die Mehrheit der Gewinner*innen nicht männlich. Seit der Gründung gingen dafür nur elf der 32 Hauptpreise an Frauen, die anderen Preiskategorien nicht eingerechnet.
Safe Space für Frauen
Wichtig neben der Frage, wer schreibt was, sind auch die Fragen: Wer lektoriert? Wer fotografiert? Wer entwirft die Grafik? Kurz: Mit wem arbeiten Autor*innen auf welche Weise zusammen, bevor sie veröffentlichen können. Hier kommt ECCO auf den Plan. Der neugegründete Verlag möchte ein Safe Space für Frauen sein. Der Verlag verlegt und beschäftigt ausschließlich Frauen. Ihr Konzept zeichnet sich außerdem durch gemeinschaftliches Arbeiten und kollektive Entscheidungsprozesse aus. So hoffen sie der männlich dominierten Literaturszene etwas entgegensetzen zu können. Es geht dabei allerdings nicht darum, cis-Männer auszuschließen:
"Wir wollen keine Türen zuschlagen, sondern nur neue Türen aufmachen und den Raum noch weiter öffnen" - Magdalena Mau vom ECCO Team
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Unter dem Slogan Was wir lesen wollen erscheint im März die erste Reihe des ECCO Verlages.
Natürlich sind rein weibliche Arbeitsteams kein Allheilmittel. Auch ist fraglich, inwiefern der ECCO Verlag offen ist für Menschen jenseits binärerer Grenzen. In der sehr männlich-dominierten deutschen Literaturszene ist die Verlagsgründung trotzdem ein Schritt in die Zukunft und der Verlag sozusagen eine Insel für junge Autor*innen.
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