Extreme Hitze in Städten

Extreme Hitze in Städten

Das komplette Interview aus egoFM Reflex mit Dr. Joachim Fallmann

Von  Gloria Grünwald (Interview) | Miriam Fischer (Artikel)
Aufgrund der Klimakatastrophe kommt es immer häufiger zu extremer Hitze - und daran müssen wir uns vor allem auch in den Städten anpassen. Aber wie können die Städte der Zukunft aussehen, in denen uns Hitze weniger anhaben kann?

Dr. Joachim Fallmann ist Geograph und bei der Stadt Heidelberg im Bereich Stadtklima und Luftreinhaltung tätig. Im Interview mit Gloria hat er erzählt, was in Zukunft bei der Städteplanung bedacht werden muss und was wir uns schon jetzt von anderen Ländern in heißeren Gegenden abschauen können. 

Extreme Hitze in Städten

Gerade in Städten und dicht bebauten Gebieten ist Hitze ein extremes Problem - in großen Städten kann es bis zu zehn Grad wärmer im Vergleich zum ländlichen Raum sein. Das liegt mitunter an sogenannten urbanen Hitzeinseln, die sich vor allem durch die Vielzahl an Gebäuden bilden. Einerseits, weil der Wind dann weniger gut für Abkühlung sorgen kann, andererseits, weil Gebäude Wärme speichern und auch wieder abgegeben. Deswegen kühlen Städte nachts deutlich weniger ab. Außerdem fehlt es an Grünflächen, die für Abkühlung sorgen könnten. Mehr dazu erfährst du hier im egoFM Reflexikon.
  • Dr. Joachim Fallmann über hitzeresistente Städte
    Das komplette Interview aus egoFM Reflex


Angepasste Städteplanung 

Bundesbauministerin Klara Geywitz will für soziale und gleichzeitig klimaresistente Stadtentwicklung 790 Millionen Euro bereitstellen. So soll sichergestellt werden können, dass die Aufenthaltsqualität von Städten auch in Zeiten des Klimawandels erhalten bleibt. Um Städte abzukühlen helfen zum Beispiel Bäume, Parkanlagen, begrünte Häuserfassaden, genau wie Wasserflächen oder Brunnen. Man spricht hier auch von grüner und blauer Infrastruktur, die künftig gestärkt werden soll. Auch Schatten und vor allem schattige Sitzmöglichkeiten, sowie kühle Aufenthaltsorte sind sehr wichtig, damit sich Menschen von der Hitze erholen können. Einiges davon wird in Heidelberg schon umgesetzt, erzählt Dr. Joachim Fallmann. Außerdem ist es sinnvoll, Böden teilweise aufzubrechen, also zu entsiegeln:

"Immer wenn wir einen Boden, eine Oberfläche, versiegeln - das heißt zum Beispiel eine Straße anlegen oder einen Parkplatz - werden die natürlichen Eigenschaften des Bodens vermindert oder reduziert. Der Boden kann nicht mehr Wasser aufnehmen, Wasser fließt ab und deswegen gibt es auch keine Verdunstungskälte, keine Kühlung. Durch Entsiegelung würden wir quasi einzelne Bereiche oder Teile dieses versiegelten, betonierten Bodens aufbrechen [...] und somit wird gewährleistet, dass das Wasser da einsickern kann." - Dr. Joachim Fallmann

Aber auch der Gebäudebau muss sich verändern

Aktuell sind viele Häuserfassaden aus Beton und teilweise sogar verglast, was auch zur Erhitzung von Städten beiträgt und noch dazu nicht besonders klimafreundlich ist. Die Herstellung von Beton ist beispielsweise sehr CO2-intensiv, aber auch bei alternativen Baumaterialien wie Holz muss darauf geachtet werden, welche CO2-Bilanz sie haben und wo sie herkommen.

Außerdem liegt natürlich viel Hoffnung auf innovativen und technischen Lösungen:

"Besonders große Hoffnungen legen wir zum Beispiel auf die Erfindung von resistenten Arten, Bäume die gut mit dem Klimawandel zurechtkommen, mit den heißen Temperaturen, auf eine autonome oder autarke Bewässerung zum Beispiel bei Fassadenbegrünung oder auch Photovoltaik in Kombination mit Gründächern, oder Materialforschung: stark reflektierende Materialien, die stark reflektieren, aber nicht blendend sind. Das wären so ein paar Beispiele für technische Lösungen in Zukunft auf denen Hoffnung liegt." - Dr. Joachim Fallmann


Wir müssen auch unser Verhalten anpassen

In Zukunft werden Extremwetterereignisse wie Hitze aufgrund der Klimakatastrophe auch bei uns immer heftiger und häufiger auftreten. Warum das so ist und welche Auswirkungen das global betrachtet haben kann, erfährst du hier: Dürren und Dauerregen. Deswegen müssen wir in Zukunft vielleicht nicht nur unsere Häuser und Städte, sondern auch unser Verhalten anpassen, sagt Joachim Fallmann. Denkbar wäre zum Beispiel dass es auch bei uns eine Siesta gibt, wie es bereits in südlicheren Länder üblich ist. Das ist aber nicht das einzige, was wir uns von anderen Ländern abschauen können: Auf Santorini sind zum Beispiel sehr viele weiße Gebäude, die die Sonnen reflektieren und dadurch kühler bleiben und in einigen arabischen Lindern gibt es Kühltürme (Badgire), die durch natürliche Lüftung kühlen. Von Paris kennt man es wiederum, dass Hitzewarnungen ausgesprochen und deutlich an die Bevölkerung kommuniziert werden und auch autofreie Zeiten können dafür sorgen, dass sich Städte weniger erhitzen.

Hitze ist auch ein soziales Problem

Grünflächen und Parks sind oft in reicheren Vierteln zu finden, während in sozial schwächeren Stadtteilen häufig Betonklötze und Hochhaussiedlungen stehen. Und auch obdachlose Menschen werden bei Hitze oft vergessen, obwohl diese besonders gefährdet sind weil sie kaum Rückzugs- und Abkühlungsmöglichkeiten haben. Hitzeschutz ist also definitiv auch eine soziale Aufgabe, betont Dr. Joachim Fallmann.

"Deswegen ist es sehr wichtig, dass man das Ganze integrativ betrachtet, nämlich über die ganzen Regionen einer Stadt hinweg, aber auch mit Einbezug der sozialen Struktur der Stadtteile, sodass jeder die gleichen Möglichkeiten besitzt." - Dr. Joachim Fallmann



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Dr. Joachim Fallmann

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