Nonpology: Tut mir leid, aber...

Nonpology: Tut mir leid, aber...

5 Arten der unehrlichen Entschuldigung

Von  Viktoria Molnar
"Tut mir leid, war nicht so gemeint!" Oder doch? Nicht jede Entschuldigung ist aufrichtig. Was genau hinter den sogenannten Nonpology steckt und wie du sie erkennst, zeigen wir dir hier mal an ein paar bekannten Beispielen.

Was sind eigentlich Nonpologys?

Die backhanded apology, nonpology, or fauxpology, also die nicht aufrichtig gemeinten Entschuldigungen, haben viele Namen und verstecken sich auch oftmals ganz gut. Eine Nonpology (non apology, also eine "Nicht-Entschuldigung") beschreibt eine falsche, unehrliche und nicht ernst gemeinte Entschuldigung. Eines der neueren Beispiele wäre in der deutschen Medienlandschaft Fynn Kliemann, der mal schnell aus Versehen Masken günstig in Bangladesch herstellen lässt - anstatt fair, wie zu vor groß angekündigt - und sich dann nur mit Mini-Schritten einer Entschuldigung annähert. Dabei ist eine aufrichtige Entschuldigung gar nicht so schwer: Am besten gleich entschuldigen, wirkliche Reue zeigen, Verantwortung übernehmen und vor allem erklären, was falsch gelaufen ist, damit es beim nächsten Mal anders läuft. Und Besserung geloben. Und sollte es ganz gut laufen, wäre eine Wiedergutmachung super!

Damit du siehst, wie man es vielleicht nicht machen sollte, haben wir dir ein paar Arten und vor allem glorreiche Beispiele der Non Apology rausgesucht.


The Art of the Non Apology


Die Just don't-Entschuldigung

Es ist Oscar Nacht, Ende März 2022: der Schauspieler Will Smith springt auf die Bühne, holt mit dem Arm aus und zieht mit der flachen Hand über das Gesicht von Comedian und Moderator Chris Rock. Dieser hatte zuvor Witze über die Haare von Smiths Frau, Jada Pinkett, gemacht. In ihrem Fall leider besonders unpassend, da Jada unter Alopezie leidet, einer Krankheit, die kreisrunden Haarausfall verursacht. Ob Rock das wusste ist unklar. Will Smith wird später an diesem Abend auf die Bühne geholt, um seinen Oscar entgegen zu nehmen. Seine Redezeit nutzt er, um sich bei jedem und jeder zu entschuldigen - außer bei Chris Rock. Auch eine Möglichkeit der Entschuldigung, einfach nichts sagen. 

Ganz so drastisch ließ es Smith nicht stehen - einen Tag später entschuldigte er sich auch bei Chris Rock. Vielleicht aber eher aus Bange um seinen Oscar als aus wirklicher Reue - denn seine Rede beendete er mit den Worten "Thank you. I hope the Academy invites me back". Doch die Academy verpasste Smith ihre eigene kleine Ohrfeige: Der Schauspieler darf nach 2022 für zehn Jahre keine Oscar Verleihung mehr besuchen.

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Die So schlimm wars doch gar nicht-Entschuldigung

Es gibt da dieses Video von 2005, das im Oktober 2016 von der Washington Post veröffentlicht wurde, auf dem zwei berühmte Männer mehr als abwertend und vulgär über Frauen sprechen. Könnte womöglich jeder dritte Schuljunge in einer Umkleide sein - dumm nur, dass es sich in diesem Fall um den damaligen Präsidentschaftsanwärter der Vereinigten Staaten handelt - keinen anderen als Donald Trump. Und dümmer noch für ihn, dass man als angehender Präsident leider eine gewisse Verantwortung der Gesellschaft gegenüber trägt und somit auch für die Taten, die man sich auch in früheren Zeiten geleistet hat, gerade stehen muss. Wie reagiert also Donald Trump in seiner donald-trumpischen Art auf das Video: Er lässt sich, vor der New Yorker Skyline sitzend, im Fernsehen live schalten. Er spricht in diesen eineinhalb Minuten über vieles: Er sei auf seinen Wahlkampfreisen durch die USA an sich gewachsen. Er erklärt, er habe einige dämliche Worte benutzt, doch Hillary und Bill Clinton hätten dumm gehandelt. Und dann kommen sie: Die vier Sekunden der Entschuldigung, die im gesamten Kontext unehrlicher nicht hätten sein können. 
"I said it, I was wrong and I apologize. [...] Bill Clinton has actually abused women, and Hillary has bullied, attacked, shamed and intimidated his victims." - Donald Trump

Denn eine echte, ernst gemeinte Entschuldigung, das ist nicht Trumps Art. Weil: Die anderen, die sind immer schuld. Und dann keine Woche später bei der zweiten Präsidentschaftsdebatte, spielt er seine Aussage herunter als Locker-Room-Talk - ein klassischer Donald Trump eben.

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Die Oops..! I did it again-Entschuldigung

Der uruguayische Fußballer Luis Suarez hatte im WM Spiel 2014 gegen Italien seinen Gegner Giorgio Chiellini auf skurrile Art und Weise gefoult - er hatte ihn in die Schulter gebissen. Suarez schildert den Vorfall kurz danach so, als sei er sich keiner Schuld bewusst. Also alles gar nicht seine Schuld. Das FIFA Disziplinarkomitee sieht das anders und sperrt ihn daraufhin für vier Monate in allen Wettbewerben - eine Rekordstrafe. Erst einige Tage nach der Strafandrohung kommt die plötzliche Einsicht: Suarez entschuldigt sich über Twitter bei seinem Kontrahenten. Der verzeiht ihm. Doch dieser Entschuldigung ist schwer Glauben zu schenken, denn: Vier Jahre zuvor, im November 2010, spielte Suarez für Ajax Amsterdam gegen den PSV Eindhoven - nach dem Spiel wird er für sieben Spiele gesperrt - der Grund: In der Nachspielzeit beißt er seinen Gegner in die Schulter. Er entschuldigt sich. So weit, so gut. Der junge Mann hatte etwas gelernt, will man meinen.

Doch gute drei Jahre später, 2013 beim Spiel Chelsea gegen Liverpool - man will es nicht glauben - aber, der Uru-Beißer, wie er genannt wird, hatte wieder zugeschlagen: Suarez rammt seine Zähne in den Arm von Branislav Ivanovic. Für zehn Spiele wird er gesperrt. Suarez ruft daraufhin seinen Gegner Ivanovic an, entschuldigt sich und zeigt auf Twitter öffentlich Reue. 

Zurück im Jahr 2014: Nach zwei Bissen und ebenso vielen Entschuldigungen wird sich das Mindset wohl geändert, will man meinen - doch dann folgt eben der oben genannte Biss bei der WM 2014. Wann also die nächste Entschuldigung folgen muss - womöglich schon in diesem Winter in Katar.

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Die Manno, ich muss mich entschuldigen-Entschuldigung

Stell dir vor, du bist der oder die Gründer*in von Facebook und machst unglaublich viel Geld mit dem Sammeln von Nutzer*innendaten - denn 2,94 Milliarden Menschen nutzen Facebook im Jahr 2022 aktiv. Anhand dieser Daten kannst du entscheiden, was deine Nutzer*innen konsumieren - anders gesagt sie manipulieren. Du weißt um die Schattenseiten, entschuldigst dich immer wieder. Doch letztendlich änderst du…nichts. Und dann kommst du vors Gericht und musst dich für den Datenskandal um Cambridge Analytica entschuldigen. Etwas, dass du nicht nur jahrelang toleriert, sondern mit in die Wege geleitet hast. 

Das Problem: Deine Entschuldigung muss echt aussehen. Was machst du also? Du holst dir die besten Coaches und Anwält*innen, denen du 1200 Dollar die Stunde zahlst und lässt deine Entschuldigung Inszenieren - sodass sie echt aussieht. So nett sie klingen mag, Marc Zuckerbergs Entschuldigung vor dem US-Kongress war vermutlich gestaged.
"Er war sehr gut darin, ernst und zerknirscht zu gucken. Er hielt Augen Kontakt, wenn es erforderlich war und senkte in den passenden Momenten den Blick." -  David Levine, Jura Professor an der Universität Kalifornien

Eine Maschine hätte sich nicht besser entschuldigen können. Nur hat sich seit der Entschuldigung leider nicht wirklich etwas bei Facebook getan, außer das neue Pannen hinzugekommen sind, wie das neuste Beispiel um Whistleblowerin Frances Haugen. Die konnte mit ihren Facebook-Files belegen, dass Facebook sich seiner negativen gesellschaftlichen Auswirkungen bewusst war. Getoppt wird die Scheinheiligkeit nur damit, dass das ehemalige Facebook zur Rettung des Images nun Meta heißt, das griechische Wort für "danach" oder "jenseits". Also wie "nach", wie "besser", wie - "wir geloben feierlich, wir haben uns geändert und machen jetzt alles anders, denn wir heißen jetzt Meta".

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Die Ich tue mir vor allem selbst Leid-Entschuldigung

Was machst du, wenn dein Öl- und Energieunternehmen an einer wirklich riesigen Umweltkatastrophe Schuld ist? In der Größenordnung, dass elf Menschen und zehntausende Tiere sterben, Korallenriffe zerstört werden und ein ganzes Ökosystem aus den Fugen gerät - weil Erdöl 87 Tage lang ungefiltert ins Meer fließt? Richtig, du entschuldigst dich, zeigst Reue und versuchst alles zu tun, um das Problem zu beheben. Ooooder du machst es wie Tony Hayward, der für die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon am 20. April 2010 im Golf von Mexiko verantwortlich war.

Also, weil Hayward nun sein Leben zurückwill, wird er alles tun, was in seiner Macht steht, um die Katastrophe zu stoppen? Selbstmitleid ist zwar selten passend, aber unpassender wie an dieser Stelle könnte es kaum sein. Dumm nur, dass er bereits früher etwas hätte tun können, denn BP war in puncto Krisen nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. In den Jahren zuvor war es immer wieder zu Lecks und Explosionen gekommen. Hayward hatte sich bereits damals als neuer Chef entschuldigen müssen. Und natürlich wurde Hayward in der Deepwater Horizon Katastrophe auch als Sündenbock benutzt, doch zwei Monate nach Katastrophen Beginn segeln zu gehen, wie Hayward es tat, zeigt, wie ernst es ihm mit seiner Entschuldigung war.

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