Die EU will bis 2030 den Ausstoß von Kohlendioxid um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren, das wurde schon vor einigen Monaten beschlossen. Jetzt folgte aber der Maßnahmenkatalog, mit dem dieses Ziel erreicht werden soll.
Klimaneutral bis 2050
Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich die EU im Dezember 2020 auf neue Klimaschutzziele geeinigt, die das Europäische Parlament im April 2021 beschlossen hat. Hier findest du übrigens die Klimaschutzziele von Deutschland.Das Etappenziel der EU auf dem Weg zur Klimaneutralität lautet: CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent senken.
Am 14. Juli hat die Europäische Kommission für dieses Zwischenziel ihren "Fit for 55" - Plan mit konkreten Maßnahmen vorgestellt: Insgesamt sollen acht bereits bestehende Gesetze verschärft und vier neue beschlossen werden. Dabei geht es vor allem um Emissionshandel, steuerliche Subventionen, den Ausbau erneuerbarer Energien, die Transportbranche, Gebäude und Autos. Kurz: Die europäische Wirtschaft soll klimafreundlicher werden.
Das Fit for 55 - Maßnahmenpaket:
Autoindustrie
Bis 2030 sollen Verbrennungsmotoren ihren Ausstoß um durchschnittlich 55 Prozent reduziert haben und ab 2035 sollen nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden. Es soll also keine neuen Benziner- und Dieselmotoren mehr. Dafür sollen auf großen Hauptverkehrsstraßen alle 60 Kilometer Ladestellen für E-Autos eingerichtet werden und alle 150 Kilometer Wasserstofftankstellen stehen.Kerosinsteuer
Bisher wird fossiles Flugbenzin nicht versteuert, aber auch das soll sich ändern: Für innereuropäische Flüge soll schrittweise eine Kerosinsteuer eingeführt werden. Dadurch dürften Flugtickets in Zukunft teurer werden - Geschäftsflüge und Frachtverkehr sollen von dieser Steuer aber ausgenommen werden. Außerdem möchte die EU-Kommission, dass Flugbenzin bis 2030 mindestens zwei Prozent und bis 2050 mindestens 65 Prozent klimafreundlicher Kraftstoff beigemischt werden.Kritiker*innen befürchten aber, dass sich der Flugverkehr dadurch nur verlagern würde, da außereuropäische Konkurrent*innen keine Steuern zahlen müssten.
Emissionshandel
Der Kern des europäischen Emissionshandelssystems ETS ist folgender: Unternehmen müssen für ihre CO2-Ausstöße zahlen, um damit nachhaltige Projekte zu kompensieren. Dieses System soll in Zukunft weiter verschärft und ausgebaut werden: Die Kosten für die Luftfahrt sollen steigen, die Schifffahrt soll mit einbezogen werden, es soll ein separates ETS-System für den Gebäude- und Verkehrssektor geben und auch Anbieter von Benzin und Heizöl sollen in Zukunft Zertifikate erwerben müssen. Dadurch könnten die Heiz- und Spritkosten für Verbraucher*innen natürlich steigen.Um Menschen mit geringerem Einkommen und ärmere Länder zu unterstützen, soll deswegen ein Sozialfonds eingerichtet werden.
Erneuerbare Energien
Der Energiesektor soll über 80 Prozent des CO2-Ausstoßes der EU ausmachen. Bis 2030 will die Kommission den Anteil erneuerbarer Energie deswegen auf 40 Prozent erhöhen - aktuell sind es 32 Prozent. Greenpeace kritisiert dabei allerdings nicht nur, dass 40 Prozent zu wenig seien, sondern auch, dass bei den von der EU aufgezählten erneuerbaren Energien auch das Verbrennen von Bäumen als Biomasse gezählt wird.Import klimaschädlicher Produkte
Ab 2023 sollen Produkten, die im EU-Ausland unter klimaschädlichen Bedingungen entstanden sind, durch einen sogenannten CO2-Grenzausgleich beim Import einen Aufpreis erhalten. Das wurde bereits 2020 beschlossen und jetzt soll dafür das bestehende europäische Handelssystem für Emissionsrechte ausgebaut werden. So soll verhindert werden, dass klimaschädliche Produktionen nur verlagert werden.Je nach Klimaschädlichkeit müssten dann auf importierten Stahl, Aluminium, Zement oder Düngemittel CO2-Zertifikate gekauft werden.
All diese Gesetzesvorschläge müssen aber erst noch von den EU-Ländern und dem EU-Parlament bestätigt werden, was erst mal zu vielen Diskussionen führen wird.
Schon jetzt ist aber klar: Kritik kommt von beiden Seiten
Der Industrie sind die Maßnahmen zu viel und Umweltschutzorganisationen zu wenig. Christian Lindner kritisiert zum Beispiel das drohende Verbot des Verbrennungsmotors:"Das Ziel der Klimaneutralität des Verkehrs muss mit der Offenheit für alle Technologien erreicht werden. [...] Die klimaneutralen Flüssigkraftstoffe werden nicht berücksichtigt, während E-Autos fiktiv als CO2-frei angenommen werden, obwohl dies vom Strommix abhängt." - Christian Lindner
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sagt: "Wir dürfen uns keine extremen Klimaziele setzen, die am Ende die Innovationen nur verhindern würden" und die deutsche Industrie hat Angst vor einem Alleingang der EU.
Auf der anderen Seite stehen die Umweltschutzorganisationen und Aktivist*innen:
Klimaschutzorganisationen sind sich einig, dass die CO2 Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gesenkt werden müssten, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Außerdem müsste dafür Klimaneutralität bis 2040 - und nicht erst wie von der EU geplant 2050 - erreicht werden.
Der WWF fasst das Maßnahmenpaket mit den Worten "zu wenig und zu spät" zusammen und Mark Breddy von Greenpeace sagt, dass ein grundlegender systemischer Wandel nötig sei und das Fit-for-55-Paket diesen nicht leistet. Fridays for Future Deutschland schreibt auf Instagram: "Auch all die neuen Gesetze sind an einem zu schwachen Ziel ausgerichtet".
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