Greenwashing

Greenwashing

Was es mit der "grünen Lüge" auf sich hat

Im Interview klären wir, wie Konzerne unseren Wunsch nach einem nachhaltigen Lebensstil kommerzialisieren.


Das Geschäft mit dem schlechten Gewissen

Das Wort Nachhaltigkeit fällt in Zeiten von Klimawandel und Fridays For Future nicht nur bei Forderungen nach umweltbewussterem Verhalten jedes Einzelnen, sondern es ist ein regelrechter Trend-Begriff geworden.

Wohl kaum verwunderlich, dass deswegen viele große Konzerne immer mehr "grüne" Produkte anbieten, um einen vermeintlich nachhaltigen Lifestyle zu unterstützen - und damit Gewinn abzuschöpfen. Aber es gibt ein Problem: So grün wie es uns verkauft wird, sind die Produkte meist gar nicht. 
  • Was ist Greenwashing?
  • Kathrin Krause über Greenwashing
    Das komplette Interview


Was genau ist Greenwashing?

Kathrin Krause vom Verbraucherzentrale Bundesverband ist Referentin für Nachhaltigkeit und kennt sich mit solchen trügerischen Angeboten aus:

"Greenwashing bedeutet, dass durch Werbe- und auch Marketingmaßnahmen nur der Eindruck erweckt wird, dass Produkte oder Dienstleistungen umweltfreundlich oder umweltverträglicher sind." - Kathrin Krause

Die Marketingabteilungen großer Konzerne sind da oft - das weiß sie aus Erfahrung - äußerst kreativ. In der Modeindustrie wird zum Beispiel gerne mal mit sogenannten Conscious-Produktlinien der Eindruck erweckt, wir kaufen ein Teil, dass komplett recycelt wurde:

"Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass in solchen Textilien oft maximal 30 Prozent recycelte Fasern enthalten sind." - Kathrin Krause

Wenn dann auch noch für die Recycling-Fasern Altplastik eingekauft werden müsse, das über den halben Planeten verschifft wird, dann sähe die Klimabilanz von diesem Produkt schon gar nicht mehr so grün aus, meint Kathrin Krause weiter. Oder es handle sich um Reste, die bei der Herstellung von Primärplastik angefallen sind.

Klamotten aus Meeresplastik? Fehlanzeige. 

Genau dieses Spiel mit der Bereitschaft der Konsument*innen, für die Umwelt ein bisschen tiefer in die Tasche zu greifen, empfindet Kathrin Krause als ganz schön perfide:

"Natürlich wollen Verbraucher auch ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Gerade deshalb finden wir es unverantwortlich, dass die Verantwortung dafür allein auf den Schultern der Verbraucher lastet." - Kathrin Krause

In Großbritannien wurden Konsequenzen gegen Greenwashing gezogen

Dort wurde erstmals Werbung aufgrund von Greenwashing verboten. Die britische Werbeaufsichtsbehörde kam zu dem Ergebnis, dass zwei Werbeposter der HSBC Bank irreführend seien und ein falsches Bild davon vermitteln, was das Unternehmen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe beiträgt. Konkret geht es um diese beiden Sprüche:
"Climate change doesn't do borders. Neither do rising sea levels. That's why HSBC is aiming to provide up to $1 trillion in financing and investment globally to help our clients transition to net zero".

"Climate changes doesn't do borders. So in the UK, we're helping to plant 2 million trees which will lock in 1.25 million tonnes of carbon over their lifetime".

Der Vorwurf der Werbeaufsicht ist, dass die HSBC sich als umweltfreundliches Unternehmen präsentiert, um Kund*innen zu gewinnen, dabei aber nicht erwähnt, dass gleichzeitig Branchen finanziert werden, die einen erheblichen Beitrag zu den hohen Treibhausgasemissionen leisten. 
"Customers... would not expect that HSBC, in making unqualified claims about its environmentally beneficial work, would also be simultaneously involved in the financing of businesses which made significant contributions to carbon dioxide and other greenhouse gas emissions." - Werbeaufsichtsbehörde ASA

Bereits im Februar wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die HSBC, genau wie viele andere Banken, Teil einer grünen Bankengruppe sind, obwohl sie Milliarden Dollar in neue Öl- und Gasförderung investieren.

Wie kann ich trotz Greenwashing nachhaltig einkaufen?

Kathrin Krauses Tipp, um wirklich nachhaltig einzukaufen, ist: erstmal gar nicht unbedingt etwas Neues kaufen, sondern zuerst das eigene Konsumverhalten überdenken:

"Zuerst sollte man sich fragen, ob man wirklich ein neues Produkt oder Kleidungsstück braucht, oder ob man vielleicht auch auf Second-Hand-Ware zurückgreifen kann. Und speziell im Bekleidungsbereich kann man sich für besondere Anlässe ganz einfach Sachen ausleihen." - Kathrin Krause

Wie bei so vielen Dingen fängt Veränderung eben auch bei uns selbst an. Kathrin Krause hofft trotzdem, dass es in Zukunft für uns alle leichter wird, Greenwashing zu erkennen und echte Nachhaltigkeit mit entsprechenden Siegeln für die Konsumenten transparenter und besser erkennbar zu machen. Denn als Verbraucher*in komplett durchzublicken, was wirklich nachhaltig ist und was nicht, ist bei weitem nicht immer möglich. Da muss auch Politik und Werbeaufsicht mehr Verantwortung übernehmen.

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