Künstler*innnen machen Fehler. Genau wie wir. Doch im Gegensatz zu uns, stehen sie dabei - teilweise wortwörtlich - im Rampenlicht. Wir wissen also, welchen Mist sie bauen. Sollte man dennoch ihre Musik hören und ihr Werk von ihrer Persönlichkeit getrennt betrachten?
Eine kleine Anmerkung vorweg: In diesem Artikel geht es weniger um die Texte von Musiker*innen – sondern ihre Handlungen und Äußerungen abseits ihres musikalischen Wirkens.
Musik von Idioten hören
Die Frage ist schwierig und irgendwie auch sehr persönlich: Kann ich die Musik eines Künstlers oder einer Künstlerin weiter guten Gewissens hören und genießen, wenn ich doch sein*ihr Handeln missbillige? Was sagt es über uns selbst aus, wenn wir die Musik trotzdem weiterhören? Toleriert man dadurch Gewalt, Missbrauch und Rassismus? Die Persönlichkeit hinter der Musik
Natürlich muss man einen Musiker oder eine Musikerin nicht zwangsweise persönlich mögen, nur weil man seine*ihre Musik gern hört. So richtig können wir das ja auch nicht einschätzen, denn in den seltensten Fällen, lernt man Musiker*innen persönlich kennen und kann sich ein Bild abseits des Medientrubels machen. Doch manchmal verhalten sich Künstler*innen in der Öffentlichkeit so komplett falsch, dass man nicht drumherum kommt, sich eine Meinung zu ihnen zu bilden. An diesem Punkt muss man sich entscheiden – sehe ich darüber hinweg? Oder hat dieses Handeln eine Auswirkung auf das eigene Hörverhalten? Meist hängt das sicherlich stark von der Schwere des Vergehens ab, wie es gesellschaftlich gesehen wird und von der eigenen Moral des Künstlers. Um so vertrauter uns das idiotische Verhalten (zum Beispiel aus dem Alltag ist), umso leichter fällt es möglicherweise auch, darüber hinweg zusehen.Liam Gallagher fällt immer wieder negativ auf – nicht zuletzt durch die Art, wie er sich selbst in Interviews oder auf Social Media präsentiert. Ein exzentrischer Künstler – man könnte ihn auch einfach ein Arschloch nennen. Boykottieren Oasis-Fans daher seine Musik? Kaum. Warum auch? Liam Gallagher ist nur ein Teil einer Band - er IST nicht die Band. Aber auch bei Einzelkünstler*innen ist so ein idiotisches Verhalten meist noch kein Grund, eine*n Künstler*in zu boykottieren. Zwar schüttelt man über Kanye West den Kopf, wenn er zu Taylor Swift bei den VMAs und dann bei Beck bei den Grammys auf die Bühne rennt. Aber mehr auch nicht. "Stronger" und "Gold Digger" bleiben in der Vorglüh-Playlist.
"Yo @Beck, I'mma let you...nah, you can finish." -@kanyewest probably/maybe. #GRAMMYs #Access pic.twitter.com/NRZgC9n01k
— Access (@accessonline) February 9, 2015
Doch was, wenn sich Künstler*innen nicht nur idiotisch verhalten, sondern einen richtigen Fehler begehen? Was wenn sie handgreiflich werden?
Morrissey lässt rassistische Äußerungen von sich, Josh Homme tritt eine Fotografin aus Wut ins Gesicht, Chris Brown, Axl Rose, John Lennon und Lou Reed wurden gewalttätig gegenüber Frauen. Doch auch hier scheint es den meisten noch nichtschwerzufallen, die Persönlichkeit des Musikers oder der Musikerin von der Kunst zu trennen. Liegt es möglicherweise daran, dass uns diese Fehltritte und Straftaten aus unserer Gesellschaft leider allzu bekannt sind? Oder daran, dass sich Musiker*innen manchmal in einem öffentlichen Statement für ihr Benehmen entschuldigen und versuchen sich zu bessern? In so einem Fall fällt es oft leichter, auch weiterhin die Musik ohne Bedenken zu hören. Die Hoffnung auf Besserung bleibt, unser Gewissen ist beruhigt.
Queens of the Stone Age musician Josh Homme kicks female photographer in the head during a concert in Los Angeles.#JoshHomme pic.twitter.com/YvmVDSQyn5
— The African Voice (@teddyeugene) December 11, 2017
Die Antwort kennst nur du selbst
Wir können nicht wirklich beeinflussen, welche Musik uns gefällt. Auch sagt es noch nichts über da eigene Moralempfinden aus, wenn man die Musik von idiotischen oder kritischen Musiker*innen hört. Aber man bestimmt selbst, ob man den oder die Künstler*in unterstützt. Konzerte, Plattenkäufe, Merchandise oder Streams.Du musst selbst entscheiden, wie viel Aufmerksamkeit Musiker*innen von dir erhalten. Und das gilt natürlich nicht nur für die Musik, sondern generell für Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen.
Wie zu Anfang bereits erwähnt - die Frage ist nicht so leicht zu klären. Für dich schon? Dann wage dieses kleine Gedankenexperiment: Stell dir vor, dein*e Lieblingskünstler*in oder Band, die dich seit Jahren begleitet, die du schon oft auf Konzerten gesehen hast und mit denen du tolle Erinnerungen verbindest, bauen Mist. Bis zu welchem Grad könntest du darüber hinwegsehen? Kannst du Musik hören und dabei das Handeln des*r Künstler*in komplett ignorieren?
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