Lebensmittel vor der Tonne retten

Lebensmittel vor der Tonne retten

Übers Containern, Foodsharing und Co.

Wenn Lebensmittel schimmeln und unangenehm riechen, dann gehören sie natürlich in den Müll. Was aber, wenn sie noch schmecken obwohl das Mindesthaltbarkeitsdatum längst überschritten ist?

Fast die Hälfte aller Lebensmittel landen auf dem Müll

Jedes Jahr wandern weltweit rund 1,3 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel im Abfall – das ist fast die Hälfte aller hergestellten Lebensmittel. Ein riesiger Anteil davon wird nur deshalb entsorgt, weil die Lebensmittel beim Transport beschädigt werden oder schlicht und einfach verderben.

Jede und Jeder von uns wirft im Jahr rund 82 Kilogramm Essen weg – meist weil zu viel eingekauft wurde oder aufgrund schlechter Lagerung.


Der Quatsch mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum

Viele Menschen entsorgen Lebensmittel, sobald das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht ist. Auch Supermärkte nehmen die Produkte dann aus dem Verkauf.

Es gibt aber einen Haken am Mindesthaltbarkeitsdatum:

Nur weil das MHD erreicht ist, sind Nahrungsmittel nicht automatisch ungenießbar. Vielmehr steht dieser angegebene Zeitpunkt schlicht und einfach dafür, dass bei Produkten, die unter angemessenen Lagerungsbedingungen aufbewahrt werden, bis zum angegebenen Datum auf jeden Fall Geruch, Farbe und Geschmack so bleiben wie vom Hersteller gewünscht. Die meisten Lebensmittel kann man auch lange nach dem angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatum noch sorgenlos konsumieren. 

Hier haben wir mal fünf Lebensmittel aufgelistet, die du locker auch nach abgelaufenem MHD noch konsumieren kannst:
  • Nudeln: +1 Jahr
  • Thunfisch in der Dose: +1 Jahr
  • Marmelade: +6 Monate
  • Eier: +21 Tage
  • Käse: +21 Tage
Und das sind nur einige der Lebensmittel, die sich viel länger halten als das MHD beschreibt. Auch Milch, Mehl, Brot, Nüsse, Butter und Tiefkühlobst und -gemüse sind noch wesentlich länger gut. Da man das Mindesthaltbarkeitsdatum also nicht als Orientierung verwenden kann ob ein Lebensmittel noch haltbar ist oder nicht, gilt es, auf unseren eigenen gesunden Menschenverstand zu hören. Riechen, schmecken, schauen – dann siehst du schon, ob noch gut ist, was du da vor dir hast.

Allerdings muss man das Mindesthaltbarkeitsdatum vom Verbrauchsdatum unterscheiden.

Dieses findet sich oft bei tierischen Produkten und das sollte auch beachtet werden. Ist ein Lebensmittel drüber, dann sollte es wirklich nicht mehr gegessen werden - rohes oder offenes Fleisch und Fisch zum Beispiel.

Aber was passiert mit abgelaufenen Lebensmitteln in Supermärkten?

Vieles wurde und wird noch immer einfach in riesige Müllcontainer gehauen und entsorgt. Nur wenige Länder denken bisher um - Frankreich zum Beispiel. Dort wurde vor zwei Jahren ein Gesetz eingeführt, das Supermärkte mit einer Ladenfläche von mindestens 400 Quadratmetern dazu verpflichtet, sämtliche unverkaufte aber noch genießbare Lebensmittel an Tafeln und Hilfsorganisationen zu spenden. Wenn sie das nicht tun, dann kostet sie das 4.500 Euro Strafe.

Wie ist das mit der Lebensmittelverschwendung in Deutschland?

Natürlich ist auch in Deutschland das Problem der übermäßigen Lebensmittelverschwendung bekannt. Hier gibt es aber noch keine gesetzlichen Regelungen die festlegen, was mit den abgelaufenen Produkten geschieht. Sicher ist aber: Wird etwas mit überschrittenem MHD angeboten und macht den Konsumenten krank, dann kann dieser das Unternehmen verklagen. Davor haben Unternehmen Angst. Die Lösung ist: alles in die Tonne werfen.

Free Fridge im Supermarkt

Das Amper Einkaufszentrum in München hat in seinen Filialen einen Kühlschrank aufgestellt, in dem Lebensmittel kurz vor Ablauf kostenlos mitgenommen werden dürfen. Das ist erlaubt und bereitet dem Laden keine Einbußen. Neben positiven Effekten in Bezug auf Nachhaltigkeit, reduziert das Einkaufszentrum dadurch auch die Müllkosten enorm.

Containern

Das mit dem Mülltauchen ist so eine Sache. Eigentlich nicht mal halb so eklig wie es klingt, aber eben schon illegal. Beim sogenannten Containern schleichen sich die Müllretter*innen nach Ladenschluss zu den Mülltonnen von Supermärkten und fischen das aus dem Abfall, was weggeworfen wurde, aber noch genießbar ist.
Die Unternehmen müssen deswegen ihren Müll so aufbewahren, dass kein Außenstehender ran kommen kann. Ist aber nicht immer so – und dort wo der Zugang einigermaßen frei ist, rücken nachts die Mülltaucher an. Werden sie erwischt, dann gilt das als Diebstahl oder sogar als Hausfriedensbruch – gut gemeint, aber in Deutschland eben verboten. Die überzeugten Lebensmittelretter*innen werden aber so lange weiter machen, bis die Supermärkte ihre abgelaufenen Lebensmittel sinnvoll an die Menschen weitergeben, die sie wirklich brauchen.

Verdonnert fürs Containern

Zwei Studentinnen wurden diesen April für schuldig gesprochen, weil sie im vergangenem Jahr Lebensmittel aus dem Müll eines Lebensmittelmarktes in Olching gefischt hatten. Sie wurden jeweils zu einer Strafe von 225 Euro verurteilt, die aber aufgehoben wird, sollten sie innerhalb ihrer zweijährigen Bewährungszeit straffrei bleiben. Ihre Bewährungsauflage beinhaltet jeweils acht Stunden bei der örtlichen Tafel mitzuhelfen. Das klingt eigentlich gar nicht so schlecht, wenn man überlegt, dass sie damit immer noch auf der selben Seite kämpfen - gegen die Lebensmittelverschwendung und für die Unterstützung von sozial Benachteiligten.

Wer aber zukünftig Lebensmittel aus Abfalleimern in Hamburg nimmt, soll nicht mehr dafür verdonnert werden. Der Justizminister will sich für eine Legalisierung des Containerns einsetzen.

Deutschlands Vorreiter: Hamburg

Dafür spricht natürlich, dass weniger Lebensmittel in der Verbrennung oder der Endhaltestation, also auf der Müllhalde, landen. Man könnte kostenlose Lebensmittel an Obdachlose und Sozialbenachteiligte verteilen. Es ist günstiger für den Supermarkt gleich die ganze Palette an Salat in den Müll zu befördern, als jetzt einen von 20 herauszufischen. Dadurch entstehen Unmengen an unnötigem Lebensmittelmüll, der nie in der Tonne landen müsste.

Man sollte aber auch ein kritisches Auge auf das Legalisieren werfen. Es geht dabei los, dass die Produkte von Menschen aus den Containern gefischt werden. Dadurch nimmt man eventuell in Kauf, dass die Produkte mit Keimen oder Bakterien belastet sind. Das Problem ist auch, dass die Schlösser der Container aufgebrochen werden und einiges an Müll hinterlassen wird. Die Gefahr ist da, dass nach dem Containern große Sauereien hinterlassen werden. So einfach ist das mit der Gesetzesgrundlage auch gar nicht, denn der Supermarkt haftet für seine Produkte – egal wie er an die Verbraucher*innen gelangt.

Andere EU-Staaten sind schon um einiges weiter

Die richtige Lösung das Containern einfach zu legalisieren ist es wahrscheinlich nicht. Alternativen bieten aber andere Länder in der EU.
In Frankreich muss seit 2016 - wie schon erwähnt - jeder Supermarkt von einer gewissen Größe eine Partnerschaft mit einer Hilfsorganisation abschließen. Diese Organisation wird dann die Lebensmittel abnehmen und sie sinnvoll verwerten. In Tschechien müssen die Supermärkte ihre Überschüsse an Wohltätigkeitsorganisationen spenden. Auch das klingt nach eine guten Lösung, aus der niemand einen Nachteil zieht - ganz im Gegenteil. Das wäre auch eine sinnvolle Lösung für Deutschland.

Alles nur geklaut: Lebensmittelverschwendung legal aufhalten

Fairteiler

Es gibt Möglichkeiten, wie du selbst – völlig legal – dafür sorgen kannst, dass die Lebensmittelverschwendung reduziert wird. Eine solche Lösung ist beispielsweise ein Fairteiler. Einen Fairteiler Schrank gibt es inzwischen fast in jeder Stadt. Du kannst dort Lebensmittel vor dem Müll retten, indem du sie kostenlos mitnimmst. Du kannst aber natürlich auch selbst Lebensmittel abgeben, wenn du mal zu viel eingekauft hast oder irgendwas übrig ist, das du selbst nicht mehr gebrauchen kannst. Andere freuen sich bestimmt darüber.

TooGoodToGo

Du willst Lebensmittel vor der Tonne retten, ohne dich selbst wirklich anstrengen zu müssen? Da haben wir was für dich. Die App TooGoodToGo listet Restaurants auf, die jeden Tag ihre übrig gebliebenen Portionen für einen sehr geringen Preis zur Verfügung stellen. Du kannst dir dort auswählen was du möchtest und schwups, hast du ein leckeres, günstiges Abendessen, das dank dir nicht im Müll landen muss.

SIRPLUS

Du würdest jetzt am liebsten nur noch abgelaufene Lebensmittel kaufen und hast ein Herz für Gemüse und Obst, das nicht zu hundert Prozent gerade gewachsen ist? Dann kannst du dir bei SIRPLUS Retterboxen bestellen, in denen du die Lebensmittel zugesendet bekommst, die ansonsten keiner kaufen würde – aber trotzdem genießbar sind.



Du weißt schon… wenn über deinem Camembert im Kühlschrank, dem Joghurt, der Milch, dem Mehl oder anderen Lebensmitteln noch kein grünlich schimmernder Flaum gewachsen ist, dann rieche daran, probiere, schmecke, schaue – vertraue auf dein Bauchgefühl. So kannst du ganz bestimmt selbst feststellen, ob etwas noch gut ist oder schon verdorben.

Wichtig ist nur: retten was geht!

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