Es gibt kein Land, keine Kultur, keine Gemeinschaft, in der NICHT getanzt wird. Wie sich die Liebe zum Tanzen entwickelt hat und warum besonders Tanzfilme einen ganz besonderen Platz in den Herzen der Kinobesucher*innen haben, zeigen wir dir hier.
Woher kommt die Faszination fürs Tanzen?
Die ältesten erhaltenen Dokumentationen des Tanzens sind indische Höhlenmalereien, die wohl im Zeitraum zwischen 5000 und 2000 vor Christus entstanden sind. Der Körper wird in dieser Zeit als Kommunikationsmittel genutzt, verschiedene Stämme können sich so zu erkennen geben und Nachrichten austauschen. Die Tanzkunst des modernen Zeitalters entsteht im 18. Jahrhundert: das Ballett. Die Tänzer*innen tragen auf der Bühne oft Masken, damit dem Körper und seinem Ausdruck volle Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Es dauert noch einige Jahrzehnte, bis sich der Spitzentanz durchsetzt. Um sich in den Bann dieser Körperkunst ziehen zu lassen, besuchen die Menschen Theater oder werden zu Hofe eingeladen. Nur wenige kommen also in den Genuss einer kompletten Vorstellung. Der Broadway gilt lange als Hochburg des Tanztheaters, in dem viele Schauspieler*innen ihre Karriere beginnen und zu Weltstars werden. Das ändert sich, als Ende der 20er-Jahre der Fernseher in die Wohnzimmer einzieht und schließlich auch auf dem Bildschirm getanzt wird. Die Theaterproduktionen werden zum großen Teil eingestellt, viele Künstler*innen zieht weg von der Bühne und vor die Kamera...
Tanzfilme erobern die Welt
Der Tanzfilm ist ein Genre, das nicht eindeutig definiert werden kann. Diesen Begriff gibt es nur im Deutschen, in anderen Sprachen ist von "Musical Comedy" oder "Musical Film" die Rede. Die Voraussetzung des Tanzfilmes ist die, dass der oder die Tänzer*in in Ganzkörperansicht gefilmt wird – das ist auf Fred Astaire zurückzuführen, der genau auf diese Kameraeinstellung besteht. Er spielt die Hauptrolle in Shall we dance aus dem Jahr 1937, dem ersten Tanzfilm im Fernsehen.
Shall we dance
Bei den Proben liegt der Schwerpunkt auf Ballett – jedoch liegt die Stärke des Choreografen, mit dem die Darsteller*innen die Tanzszenen üben, eher im Bereich des Modern Dance, weshalb diese Stile im Film gemixt werden. Den Höhepunkt liefern Astaire und seine Partnerin, während sie auf Rollschuhen sowohl tanzen als auch singen. Fred Astaire gilt seit Shall we Dance als eine DER prägendsten Figuren in der Entwicklung des Tanz- und Musicalfilms. Nach dem zweiten Weltkrieg wird das Publikum jedoch anspruchsvoller, sodass die Filmproduzenten auf zahlreiche Musicals des Broadway zurückgreifen – nun steht nicht mehr nur der Tanz im Vordergrund, sondern auch die Story dahinter.
Singin in the Rain
...aus dem Jahr 1952 zeigt Gene Kelly im Regen tanzend und dabei den Song singend, den wir alle kennen, auch ohne den Film je gesehen zu haben. Singing in the Rain zählt zu den absoluten Höhepunkten der sogenannten Goldenen Ära der Hollywood Musical Verfilmung. In den 60er-Jahren wird es ruhiger in der Tanzfilmwelt, denn die Stars, die bisher über die Bildschirme steppten, sind mittlerweile älter geworden und spüren Folgen ihres Erfolgs auch den Knochen.
Saturday Night Fever
Doch dann kommen die 70er und mit ihnen Saturday Night Fever. Die Story um den jungen Italoamerikaner Tony Manero, gespielt von John Travolta, und seinem Traum, als Tänzer ganz groß rauszukommen, wird für diverse Filmpreise nominiert – unter anderem John Travolta als bester Hauptdarsteller. Der Film prägt eine ganze Generation und löst eine weltweite Discowelle aus, die sich in der Musik, der Mode und auch Lebensstil widerspiegelt.
Dirty Dancing
Es folgen Grease, Fame, Flashdance und auch Footloose – die späten 70er und frühen 80er begeistern das Publikum auf der ganzen Welt. Spätestens als Dirty Dancing 1987 in die Kinos kommt und wir mit Baby und Johnny durch den Sommer tanzen, füllen sich die Anmeldelisten der Tanzschulen weltweit, es bricht ein regelrechter TanzHYPE aus. Der Choreograf orientiert sich vor allem an dem Stil der frühen 60er-Jahre – geprägt ist der Film vom Mambo und kubanischen Rhythmen wie dem Merengue. Der Erfolg der 80er-Jahre zieht sich weit bis in die 90er, in denen es erst einmal keine nennenswerten Tanzfilme auf die Leinwand schaffen – alle Storys waren erzählt, jedes Genre abgedeckt. Diese Zeit nutzen Kreative, um in den 2000ern neu durchzustarten und mit Billy Elliot oder Center Stage den Versuch wagen, an die Erfolge der früheren Jahrzehnte anzuknüpfen.
Geschichte(n) des Tanzes
Wenn wir uns unsere Auswahl der eben genannten Tanzfilme so anschauen, fällt uns doch einiges auf:
Die Storys sind eigentlich immer gleich: Unscheinbares Mädchen wird von tollem Typen, der unfassbar gut tanzen kann, gerettet. Oder: Mädchen (oder auch Junge) rettet sich selbst aus der Misere ihres*seines Lebens, indem sie*er der Leidenschaft, dem Tanzen, nachgeht. Doch vor allem: Die meisten Filme sind… weiß. Es gibt kaum Schwarze, geschweige denn queere Darsteller*innen, deren Geschichte erzählt wird. Die Gesellschaft ändert sich – zum Glück! - es ist also Zeit, dass sich Tanzfilme anpassen – an eine neue Generation mit neuen Thematiken, aber derselben und immer gleichbleibenden Leidenschaft fürs Tanzen.
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