Wir räumen die Müllmythen auf

Wir räumen die Müllmythen auf

Johannes Wittmann erzählt, wie's geht

Pizzakartons kommen in den Papiermüll und die Mafia hat ein Wörtchen mit zu reden? Alles Quatsch!

Wir haben ein Müllproblem. Wir alle schmeissen einfach viel zu viel weg: Von Verpackungen, über vermeintlichen Elektroschrott bis zu Lebensmitteln. Alles landet im Abfall - beziehungsweise in unterschiedlichen Tonnen mit unterschiedlichen Farben. 

Weil: es wird recycelt, und so. Aber da fängt das Problem schon an: Wir Deutschen sind beim Recyceln nämlich ganz schön faul. 


Wir haben Johannes Wittmann zu unserem egoMüllspezialisten erklärt - er arbeitet in einem privaten Unternehmen für Müllentsorgung (Ja, sowas gibt's! Im Fall von Johannes sogar als Familienunternehmen).
 

Im Interview mit egoFM Max räumt Johannes mit gängigen Mythen auf, erzählt, was er vom Containern hält und wie er (fast) mal eine Leiche im Müll entdeckt hat. Langweilig ist sein Job definitiv nicht:
  • Müllexperte Johannes Wittmann zu Gast bei Max
    Das Interview zum Nachhören


Wichtig für die Zukunft

Johannes ist vor zweieinhalb Jahren in den Familienbetrieb eingestiegen. Seit drei Generationen gibt es die Entsorgungswirtschaft der Wittmanns, das zweitgrößte private Müllbeseitigungsunternehmen in der egoFM Stadt München. Dabei wollte Johannes zuerst gar nichts davon wissen und studierte nach der Schule erstmal Architektur. Als ein neues Gebäude für die Firma gebaut werden sollte, merkte er schnell, mit welchen spannenden Themen man es dort eigentlich so zu tun hat.

Nämlich ganz aktuellen: Erderwärmung, dringend notwendige CO2-Reduktion und Recycling zeigen, wie wichtig sein Job ist. Was passiert zum Beispiel mit den Akkus, die in den Elektrorollern verbaut sind, die überall in der Stadt durch die Gegend flitzen? Oder mit Batterien?
"Wir versuchen diesen wertvollen Rohstoff wieder zu verwenden, sodass 90 Prozent von den Akkus verwertet werden. Also ein Appell an alle Leute: Akkus nicht in den normalen Hausmüll werfen. Wenn die beschädigt sind, können sie ein enormes Brandrisiko verursachen. Im schlimmsten Fall können ganze Berge von Müll abbrennen."

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Recyceln? Ja bitte! Aber wie genau?

Vor allem bei jüngeren Leuten ist die Bereitschaft zwar groß, Müll richtig zu trennen, damit recycelt werden kann. Das Problem sind aber die Mythen, die drum herum kursieren. Johannes räumt damit auf:

Mythos #1: Pizzakartons gehören in die blaue (Papier)Tonne.

"Nein. Dadurch, dass oft noch Pizzareste übrig bleiben, sollen Pizzakartons auch in die schwarze Tonne. In die Papiertonne soll eigentlich nur sauberes Papier."

Mythos #2: CDs und DVDs kommen in den Restmüll? Wieder falsch.

"Die bestehen aus Polycarbonat, einem sehr wertvollen Kunststoff, und lassen sich daher gut recyceln. Gehören aber nicht in die gelbe Tonne! Es gibt spezielle Rücknahmesysteme. Wenn sie aber sensible Daten enthalten, gibt es wiederum Spezialisten, die sich um die Vernichtung kümmern. Dann wird also alles geschreddert und dadurch unschädlich gemacht."

Wichtig: Schallplatten bitte einfach behalten - nicht entsorgen. Eh klar, hehe.

Mythos #3: Papiertaschentücher kommen in den Papiermüll.

"Das ist keine gute Idee. Die gehören auch in die Restmülltonne."

via GIPHY

Gerade in Corona-Zeiten - aber eigentlich immer - sollten benutzte Taschentücher in den Restmüll. Denn der wird verbrannt und damit landet auch kein "infektiöser Abfall" an der falschen Stelle. Bei den Wittmanns wird darauf geachtet, dass die Mitarbeiter*innen vor solchen Gesundheitsrisiken geschützt werden.

Mythos #4: Mülltrennen loht sich ja gar nicht.

"Es lohnt sich absolut! Denn nur durch die Mülltrennung können aus dem Abfall Sekundärressourcen geschaffen werden. Wir haben das Problem, dass nur ca. zehn Prozent von unserem Müll tatsächlich recycelt wird in Deutschland. Deutschland nennt sich in Europa 'Recycling-Weltmeister'. Das Problem ist aber, dass unter Recycling auch thermische Verwertung verstanden wird. Es wird Müll verbrannt, dadurch wird Energie gewonnen oder Wärme zum Heizen von Haushalten. Aber das klassische Recycling sollte halt wirklich das sein, dass Wertstoffe wiederverwendet werden."
Und Tatsache: Wie die Heinrich-Böll-Stiftung und der BUND 2019 veröffentlichten, werden 60 Prozent unseres einfach Mülls verbrannt. Oha!

Mythos #5: Die Mafia hat ihre Finger im Spiel...

"Man hört immer wieder von der Müllmafia - in Neapel zum Beispiel. Es gibt in Deutschland Gott sei Dank sehr strenge Gesetze. Es gibt Gütesiegel, man spricht da zum Beispiel von der EfbV Zertifizierung. Es ist super wichtig, dass es Qualitätssiegel gibt und Kontrollen..."

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Damit der Müll also nicht einfach irgendwo still und heimlich verschwindet und am Ende gefährliche Stoffe in unserer Umwelt landen.



Alles landet irgendwann im Müll

Das Unternehmen Wittmann ist für die Müllentsorgung von Unternehmen zuständig und hatte da schon den einen oder anderen skurrilen Fund dabei. Der seltsamste?

"Wir dachten, es ist eine Leiche. Was macht man, wenn man eine Leiche im Wertstoffzentrum findet? Natürlich die Polizei rufen. Und innerhalb von einer halben Stunde hatte man so eine kleine Tatortszene bei uns gehabt. Der Spurensicherer hat relativ schnell Entwarnung gegeben, weil es sich dabei um eine Requisite eines Horrorfilms gehandelt hat. Von einer Filmproduktion."

Containern, why not? 

Das Thema Lebensmittel, die eigentlich noch genießbar sind, aus dem Müll zu retten wird bei uns heftig diskutiert. Gerade erst gab es ein Urteil durch das Bundesverfassungsgericht, von dem die Studentinnen Caro und Franzi betroffen sind und über das wir hier berichtet haben. Aber was hält Johannes sozusagen als Profi-Entsorger davon?

"Das oberste Gebot im Abfall sollte sein, den Abfall zu reduzieren. Erst dann spricht man von Abfall wieder verwerten und dann beseitigen. Beseitigung sollte wirklich die allerletzte Instanz sein. Natürlich ist es ganz oben in der Pyramide und ich finde die Idee nicht schlecht."

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