Seit einigen Jahren fällt die Erschafferin des Harry Potter Universums J.K. Rowling durch transfeindliche Äußerungen auf. Die YouTuberin Contrapoints ist selbst trans* und analysiert die Aussagen der Harry Potter Autorin auf präzise und empathische Weise.
Denn weil die magische Welt der Harry Potter Romane für viele LGBTIQ Personen ein Zufluchtsort in der Kindheit waren, trifft die Transfeindlichkeit der Autorin gerade die Community besonders.
Bubble, bubble toil and trouble.
Mit Umhang und Hut sitzt Contrapoints auf ihrem Thron und schenkt sich verwunschenen Champagner ein. In eineinhalb Stunden zeigt die YouTuberin auf welche historischen transfeindlichen Erzählungen hinter den Aussagen J.K. Rowlings stehen und wie diese zu realer Gewalt und Einschränkungen für trans* Personen führen. Wer gerne wissen möchte, warum die Tweets J.K. Rowlings nicht so harmlos sind wie sie vielleicht wirken, ist hier an der richtigen Adresse. Das Video hat leider (noch) keine deutschen Untertitel ist aber durch die szenische Untermalung leicht zu verstehen und obendrein äußerst unterhaltend und lustig, ohne die Ernsthaftigkeit des Themas zu verwischen.Wem die eineinhalb Stunden zu lang sind, hier eine kleine Einführung
Dress however you please.
— J.K. Rowling (@jk_rowling) December 19, 2019
Call yourself whatever you like.
Sleep with any consenting adult who’ll have you.
Live your best life in peace and security.
But force women out of their jobs for stating that sex is real? #IStandWithMaya #ThisIsNotADrill
"Mir ist egal was du machst, aber"
Den Tweet setzt Contrapoints als Startpunkt der transfeindlichen Äußerungen J.K. Rowlings. Auf den ersten Blick wirken die Tweets der Harry Potter Autorin geradezu unterstützend. J.K. Rowling scheint überhaupt kein Problem mit trans* Personen zu haben. Die Message liegt im Detail. Der erste Hinweis ist das kleine Wörtchen aber auch bekannt aus Film, Fernsehen und dem Verwandtenkreis als "Ich bin kein Rassist, aber" oder "Ich hab nichts gegen Schwule, aber". Was nach dem aber folgt ist meistens eine Relativierung der positiven Botschaft.
Kontext matters
Der Hashtag #IStandWithMaya steht im Zusammenhang mit Maya Forstaters, die aufgrund transfeindlicher Äußerungen und Tweets aus ihrem Job entlassen wurde. Was J.K. Rowling als "stating that sex is real" bezeichnet ist gelinde gesagt eine Untertreibung. Maya Forstater postet auf ihrem Twitteraccount sehr explizite Anti-trans Aussagen. Sie diskreditiert nicht nur trans* Körper, indem sie sie als Befindlichkeiten abtut, sondern bedient sich unter anderem auch einem gefährlichen Stereotyp über trans* Frauen: trans* Frauen seien Männer, die sich als Frauen "verkleiden würden", um Zugang zu deren Safe Spaces zu bekommen und dort sexualisierte Gewalt anzuwenden. Das ist erstens lächerlich, denn es gibt wirklich einfachere Wege ein öffentliches Damenklo zu betreten. Noch dazu Wege, die mit sehr viel weniger Diskriminierung verbunden sind. Außerdem erklärt es trans* Frauen zu Monstern, lässt sie unmenschlich erscheinen und legitimiert so Gewalt gegen trans* Frauen. Zusätzlich zu transfeindlicher Gewalt erleben trans* Frauen außerdem genauso misogyne Gewalt wie cis-Frauen.
trans* ist kein "Livestyle" oder "Fashion Choice"
Da wären wir wieder bei J.K. Rowlings Tweet. Zur Solidarisierung mit Maya Forstater kommt, das auch der erste Teil nicht so kollegial ist wie er auf den ersten Blick wirken mag. "Dress however you please. Call yourself whatever you like. Sleep with any consulting adult". All diese Aussagen implizieren trans* Sein wäre irgendeine Art von Lifestyle. Auch die besondere Hervorhebung der Sex von trans* Personen sollte konsensuell - also von allen teilnehmenden Seiten gewollt sein - ist trügerisch. Sex sollte in jedem Fall einvernehmlich sein, andernfalls ist es sexualisierte Gewalt. Das ist kein Thema, dass trans* Personen anders betrifft als cis-Personen. Die Betonung im Tweet impliziert das aber und knüpft an den Stereotyp an, trans* Frauen seien interessiert daran Gewalt an anderen Frauen auszuüben.
Böses Blut
Dieses Bild greift J.K. Rowling - ironischerweise unter dem Pseudonym Robert Galbraith - in ihrem 2020 erschienenen Roman "Böses Blut" auf. In dem Detektivroman geht es um den frauenmordenden Serienkiller Daniel Creed. Um seine weiblichen Opfer in Sicherheit zu wiegen verkleidet sich Daniel Creed als Frau, quasi um diese einzulullen. Soweit so Stereotyp. Crossdressing ist zwar nicht dasselbe wie trans*, aber in der Logik von Transfeindlichkeit sind trans* Frauen nun mal Männer, die sich als Frauen verkleiden, weswegen sich diese Erzählung auf Vorstellungen gegenüber trans* Frauen überträgt. Das zieht sich auch durch die Film- und Seriengeschichte, wie die Netflix Doku Disclosure aufzeigt. Die Doku arbeitet mediale Repräsentationen von trans* Identitäten auf und steckt voller Aha-Erlebnisse der eigenen transfeindlichen Fernsehvergangenheit gegenüber.
Keine Angst um Harry Potter
Dem Contrapoints Video geht es nicht darum Harry Potter Fans den Spaß an ihrer Lieblingsgeschichte zu nehmen, sondern darum ein bisschen klarer zu machen warum viele so wütend auf J.K. Rowling sind. Dieser Artikel bietet nur eine kleine Einsicht in die Punkte, die im Video besprochen werden. Wer online Position bezieht, muss mit Gegenwind rechnen. Das fühlt sich nachvollziehbarer Weise in den meisten Fällen nicht schön und unter Umständen auch verletzend an. Trotzdem ist J.K. Rowling nicht einfach nur Opfer eines wütenden Twittermobs. Ihre Aussagen stecken selbst voller versteckter Gewalt und die Angriffe auf sie relativieren das nicht.
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