Hast du noch deine Omas und Opas? Dann hast du großes Glück.
Ich hatte meine Omis und meinen Opi 38 Jahre lang, bis sie alle drei letztes Jahr gestorben sind.
Alle drei wurden über 90, sie hatten ein langes, sattes und größtenteils glückliches Leben gelebt. Sie hatten Narben vom Krieg auf der Seele, die abenteuerlichsten Geschichten auf Lager und liebten ihre Enkel abgöttisch.
Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, seine Großeltern so lange zu haben, wurde mir klar, als ich Mutter wurde. Ich meine, überleg' mal: meine Großeltern haben (logischerweise) erlebt, wie sie Kinder bekommen. Dann, wie ihre Kinder Kinder bekommen. Und wie die Kinder ihrer Kinder Kinder bekommen.
Und wenn meine Romy und ihr Bruder Carlo dann bei meiner Omi auf dem Sofa saßen und die beiden der alten feinen Dame ihre Welt erklärten... Das waren die Momente, in denen ich gemerkt habe, wie schön es ist, dass so viele Generationen zusammen sind. In denen ich aber auch merkte, wie sich die Zeiten ändern.
Während Omi nie etwas aus dem Kühlschrank weggeschmissen hat, vergammeln bei uns die Tomaten im hintersten Eck, weil wir sie einfach vergessen. Das hat sie nie verstanden.
Kürzlich sagte Carlo, der jetzt zweieinhalb ist, zu mir: "Ach Mama, mein Schätzle". Woher er das Wort "Schätzle" kennt, wollte ich wissen - "Das hat die Omama zu mir gesagt".
Ein Satz, der immer in ihren Briefen zu lesen war, lautete:
"Macht's euch schön."
Das war die Grundlage für ihr Glück: Die schönen Dinge sehen, sich Zeit für sie nehmen und sie genießen. Dinge, die manchmal im Alltag untergehen, wie an bunten Blumen zu riechen, eine gute Flasche Wein zu trinken, eine Dokumentation über Afrikas Wildtiere anschauen oder ein Konzert von André Rieu besuchen (okay, hier bin ich an meine Toleranzgrenze gestoßen)."Macht's euch schön, mein Schätzle". Machen wir, Omi.
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