Auto, Bahn, Bus, Fahrrad: Uns allen ist bewusst, dass wir beim Thema Mobilität direkten Einfluss auf unsere Umwelt haben. Doch nicht alle Menschen haben dabei wirklich eine Wahl und können sich bei der Fortbewegung für eine klimaneutrale Variante entscheiden.
Jeder Buchstabe ein Thema: Wir fassen die Basics zu Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammen. Diese Woche M wie Mobilität.
Nicht an Ort und Stelle treten
Mobilität gehört zu unserem Alltag: Ob wir nun zu Fuß zum Supermarkt um die Ecke flitzen, mit dem Rad einen Ausflug machen oder mit dem Auto in die Berge düsen - wir alle sind fast täglich irgendwie unterwegs. Natürlich gibt es dabei nicht nur in Sachen Flexibilität und Preis Unterschiede, sondern auch was die Umweltfreundlichkeit angeht.Für welches Verkehrsmittel du dich entscheidest, hat direkten Einfluss auf unsere Umwelt.
Ein Fünftel der Treibhausgasemission in Deutschland stammt aus dem Verkehr, 90 Prozent davon laut dem Verkehrsclub Deutschland aus dem Straßenverkehr:
Verkehrsmittel | Treibhausgase in Gramm/Personenkilometer |
Flugzeug (im Inland) | 214 |
Auto | 154 |
Linienbus (Nahverkehr) | 83 |
Eisenbahn (Nahverkehr) | 54 |
Tram und U-Bahn | 54 |
Eisenbahn (Fernverkehr) | 29 |
Linienbus (Fernverkehr) | 29 |
Quelle: Umweltbundesamt, 2019
Im städtischen Bereich sind in den letzten Jahren noch E-Tretroller dazu gekommen, die bei einem CO2-Ausstoß von 125 Gramm/Personenkilometer liegen. E-Bikes hingegen liegen durchschnittlich bei 5,4 Gramm/Personenkilometer. Gerade in größeren Städten haben Menschen in allen Preisklassen ein großes Angebot, um mobil zu sein, sodass die Umweltbelastung durch den Verkehr bewusst reduziert werden kann.
Verkehrswende, Mobilitätswende, Antriebswende?
Bei Thema Umwelt und Mobilität fällt oft das Wort Verkehrswende. Ziel ist es dabei, den Energieverbrauch zu senken, ohne die Menschen in ihrer Mobilität einzuschränken. Dabei spielt auch die Mobilitätswende eine Rolle, deren Ziel es ist, den Autoverkehr zu reduzieren, das Netz der öffentlichen Nahverkehrsmittel auszubauen und den Verkehr zu Fuß oder mit dem Rad zu fördern.Bei der Mobilitätswende soll auch ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden - weg vom individuellen Verkehrsmittel und hin zum gemeinschaftlichen. Für die Verkehrswende braucht es außerdem eine Antriebswende, die neue Energiequellen für die verschiedenen Transportmittel fordert, sodass ein emissionsfreier, klimaneutraler Verkehr möglich ist (Flixbus will beispielsweise bis 2024 Wasserstoff-Fernbusse nutzen). Denn aktuell kommt die Energie unseres Verkehrs zu 95 Prozent aus fossilen Brennstoffen. Der Verkehrsclub Deutschland sieht dabei in erster Linie Potenzial beim motorisierten Individualverkehr - sprich, ob du mit dem Auto unterwegs bist oder auf Alternativen wie zum Beispiel die Bahn zurückgreifst. Aber auch hier ist noch viel zu tun. Wie die Veränderung des Bahnverkehrs in der Zukunft aussehen kann, darüber haben wir hier im Interview mit Philipp Kosok vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland gesprochen.
Einfluss der Pandemie auf unsere Mobilität und das Klima
Unsere Mobilität hat vor knapp zwei Jahren eine 180-Grad-Wende gemacht, als die meisten von uns nicht mehr groß unterwegs waren - wegen der Pandemie. Um sich und andere zu schützen, wurde schnell klar: Wir können erst mal nicht so weiter leben wie bisher. Urlaube ins Ausland fielen aus, die Besuche bei Freund*innen und Familie wurden weniger. Überhaupt haben die meisten wohl viel Zeit zu Hause oder in der Nähe des Wohnortes verbracht. Eine der größten Veränderungen, was die tägliche Mobilität angeht, fand in dieser Zeit auch in der Arbeitswelt statt. Viele Arbeitnehmer*innen switchten ins Homeoffice. Durch das Homeoffice fiel oft das tägliche Pendeln weg - im April 2020 gab es durch weniger Mobilität und weniger Verkehr so einen Rückgang der Treibhausemissionen in Deutschland von rund 52 Prozent. Sven Hille vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft sieht deswegen in Sachen Homeoffice und Mobilität für unser Klima großes Potenzial, wie er uns im Interview erklärt:"Wenn alle Berufspendler einen Tag in der Woche Homeoffice machen würden, wären das 3,8 Millionen Tonnen CO2 Einsparung im Jahr."
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Auch wenn diese Entwicklung erst mal gut klingt - wir werden nicht für den Rest unseres Lebens unsere Mobilität derart einschränken, wie während der Pandemie. Damit die klimaschädlichen Auswirkungen des Verkehrs aber nachhaltig eingedämmt werden können, braucht es längerfristige Lösungen. Denn schädliche Treibhausgase und die Folgen, die sie für unsere Umwelt haben, verschwinden eben nicht einfach von heute auf morgen aus unserer Atmosphäre, wie wir dir hier noch einmal genauer erklären.
Rad, Bahn, Auto: Qual der Wahl? Nicht überall...
Super, wenn wir doch alle so viele umweltfreundliche Auswahlmöglichkeiten haben und auch wissen, welchen Einfluss unsere Art der Mobilität auf die Umwelt hat, warum fahren wir dann nicht alle mit der U-Bahn zur Arbeit oder mit dem Lastenrad zum Einkaufen? Was bei diesem enthusiastischen Aufruf häufig vergessen wird - der ländliche Raum. Immerhin leben hier knapp 50 Millionen Menschen in Deutschland. Allerdings ist seit Jahrzehnten - gerade für junge Menschen - ein Trend zu sehen, der die Mobilitätswende in Deutschland negativ beeinflusst: Menschen ziehen weg vom Dorf und rein in die Stadt. Klar, hier gibt es ja auch mehr Jobs, bessere Infrastruktur, mehr Schulen und Kitas und mehr Möglichkeiten. Durch diese Ausdünnung fehlt jedoch immer mehr der Anreiz, Geld in ländliche Gegenden zu investieren: Ein neuer Radweg für eine Handvoll Pendler*innen, die im Nachbarort arbeiten? Viel zu teuer, lieber in der Stadt investieren. Eine neue Buslinie, die durch vier Dörfer mit 1.000 Bewohner*innen zur nächsten Kleinstadt fährt? Da reicht doch auch ein Rufbus... Durch die fehlenden Investitionen verlieren ländliche Gegenden weiter an Zukunftsperspektive - ein Teufelskreis.Der Wegzug jüngerer Generationen macht sich auch in der alltäglichen Mobilität bemerkbar, denn es fehlen einfach nachrückende Arbeitskräfte. Supermärkte schließen, Ärzt*innen gehen in Rente und keine neuen rücken nach, Kulturstätten und Ämter werden geschlossen... Und klar, natürlich können auch kleine Gemeinden Geld und Fördermittel beantragen. Allerdings fehlt hier für die entsprechenden Anträge häufig das nötige Know-How und um sich durch den bürokratischen Blätterwald zu bahnen gibt es bei kleineren Ämter schlichtweg weniger Mitarbeiter*innen. Letztlich bleibt es aktuell dabei:
Wer auf dem Land lebt und alltägliche Dinge erledigen muss, nimmt häufig auch einen viel höheren Anfahrtsweg als in der Stadt in Kauf.
Zu allem Überfluss wird vielerorts immer mehr der öffentliche Nahverkehr eingestampft. 56,1 Prozent der Menschen in ländlichen Gemeinden sind für ihre Einkäufe beispielsweise auf das Auto angewiesen. Und nicht nur der Weg zum Einkaufen ist deutlich länger, auch der Weg zur Arbeit. Die Anzahl der Pendler*innen in Deutschland lag im Jahr 2019 bei 19,6 Millionen - das sind 59,5 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Als Pendler*in gelten alle Menschen, die um an ihren Arbeitsort zu gelangen, mindestens eine Gemeindegrenze überqueren müssen. Die meisten Pendler*innen legen dabei circa 16,9 Kilometer zurück.Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Wer im ländlichen und dünn besiedeltem Raum wohnt, hat also keinesfalls die Qual der Wahl, um sich für ein umweltfreundliches Verkehrsmittel zu entscheiden.
Umweltfreundliche Mobilität in der Stadt und auf dem Land?
Auch wenn der Verkehrsclub Deutschland für die Verkehrswende das Hauptaugenmerk auf den motorisierten Individualverkehr legt, heißt das nicht, dass die Verantwortung der Mobilitätswende individuell auf jeder Person und ihren Entscheidungen liegt. Positive Entwicklungen sieht man bereits jetzt beim Thema Homeoffice: In vielen Berufen, in denen das Arbeiten von zu Hause generell möglich ist, sind Unternehmen mittlerweile offener geworden und unterstützen ihre Mitarbeiter*innen dabei - unabhängig von der Pandemie. Auch die Politik muss aktiv Maßnahmen ergreifen, damit unsere Mobilität nachhaltiger wird. Mobilität auf dem Land ist ohne Auto kaum möglich, jedoch gibt es Ansätze, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten. Dabei könnte zum Beispiel das Thema Tempolimit eine Rolle spielen. Nicht nur, dass ein Tempolimit auf der Autobahn die Straßen sicherer machen würde - man könnte auch den CO2-Ausstoß reduzieren. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, erklärte dazu:"Ein Tempolimit auf Autobahnen hilft uns, die Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Deutschland zu senken. Bei Tempo 120 km/h liegen die Einsparungen bei 2,6 Millionen Tonnen jährlich. Selbst ein Tempolimit von 130 km/h reduziert die Emissionen bereits um 1,9 Millionen Tonnen – und zwar sofort und praktisch ohne Mehrkosten."
Laut ARD-DeutschlandTrend befürworten rund 60 Prozent der Befragten ein Tempolimit von 130 km/h - trotzdem sieht es aktuell leider nicht so aus, als würden wir uns diesem Ziel in naher Zukunft annähern.
Auch wenn wir zum Erreichen der Klimaziele nicht an einer Einschränkung beziehungsweise eines Vermeidens des motorisierten Verkehrs drumrumkommen und definitiv auch hier auf klimaneutrale Antriebsformen setzen müssen, spielt gerade der öffentliche Nahverkehr eine Rolle. Ob wir eine Verkehrswende hin zu einer umweltfreundlichen Mobilität schaffen, hängt also entscheidend mit davon ab, dass Alternativen zum Auto nicht nur in der Stadt, sondern auch im ländlichen Raum mitgedacht werden - und zwar in allen Bereichen.
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