...Männer in Frauenberufen über ihre Arbeit und Vorurteile
Letzten Freitag haben wir uns anlässlich des Weltfrauentages mit Frauen in männerdominierten Berufen beschäftigt. Heute machen wir das ganze andersrum.
Dafür haben wir mit zwei Männern gesprochen, die in "typischen Frauenberufen" arbeiten.
Zuerst einmal haben wir darüber nachgedacht, welche Berufe in unserer Vorstellung eigentlich in diese Kategorie fallen.
"Das ist ja leicht", haben wir gedacht: Krankenschwester, Altenpfleger*in, Pädagog*in...? Tatsächlich ist das Image dieser Berufe als Frauenberufe gar nicht mehr so zutreffend, denn in einigen Berufssparten, zum Beispiel bei Krankenpfleger*innen, holen die Männer zahlenmäßig schon kräftig auf. Letztlich haben wir zwei verschiedene Berufe gefunden, in denen tatsächlich fast ausschließlich Frauen arbeiten:
Hebamme und Erzieher*in
Obwohl es in beiden Berufen schwer ist, überhaupt eine männliche Stimme ans Mikrofon zu bekommen und man die männlichen Hebammen in Deutschland wirklich - echt jetzt! - an zwei Händen abzählen kann, haben sich Markus, Erzieher, und Konstantin, männliche Hebamme, bereit erklärt, für uns egos ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Wie es als Mann im Kindergarten ist
Früher war Markus Tänzer von Beruf. Irgendwann war dann aber, wie das bei Berufstänzer*innen eben so ist, Schluss mit dem Tanzen und Markus hat eine neue Arbeit gesucht.
Da kam es ihm gelegen, dass die Frau eines Freundes Trägerin eines Kindergartens ist. Sie hat ihn eines Tages angesprochen und gefragt, ob er nicht Lust hätte, Erzieher zu werden.
"Dann hat es Klick gemacht und ich hab gesagt: okay, dann lerne ich um und fange an." - Markus
So wurde aus einem Zufall Markus' neuer Job. Mittlerweile ist er seit acht Jahren Kindergärtner, inzwischen sogar Kindergartenleiter. Vorurteile - die war Markus schon von seiner Zeit als Tänzer gewohnt - lässt er einfach an sich abprallen. Manchmal wird er ein wenig schräg angeschaut, gesagt hat aber noch keiner was zu seinem männeruntypischen Beruf.
Erzieher Markus zu Gast bei Lola
Das Interview zum Nachhören
Bis auf einmal...
Früher, bevor er im Kindergarten angefangen hat, war Markus in einer Kinderkrippe beschäftigt. Dort gab es eine Mutter, die nicht wollte, dass ihr Kind von einem Mann gewickelt wird. Aber davon hat er sich nicht beirren lassen. Er ging zu seiner Chefin und stellte klar, dass er sich nicht diskriminieren lasse.
Die Chefin der Krippe unterstützte ihn und stellte klar, dass sowohl Männer als auch Frauen, die in der Krippe arbeiten, auch alle Kinder wickeln werden. Ein wenig später verließ die pikierte Mutter, die sich beschwert hatte, mit ihrem Kind die Krippe.
Markus liebt seinen Beruf. Er liebt es, wenn ihm morgens statt der Papierstapel im Büro die kleinen Kinder ein fröhliches "Hallo" entgegenbrüllen. Im Interview mit unserer Moderatorin Lola hat er erzählt, dass bei ihm jeder Tag anders ist und es dadurch niemals langweilig wird.
Für alle Männer da draußen, die gerne Erzieher werden möchten, empfiehlt er, keine Angst davor zu haben, den Beruf zu lernen. Für Kinder sei es wichtig, eine ausgeglichene Erziehung sowohl von Männern als auch von Frauen zu bekommen, und auch dem Klima im Kollegenteam täte es gut, wenn sich ab und zu ein Mann unter die vielen Frauen mische.
Ein Mann, der bei Geburten hilft
"Ähm, heißt das Hebammer? …oder Hebammerich?"
Diese Frage musste Konstantin wahrscheinlich schon tausendmal hören. Er ist Entbindungspfleger von Beruf. Aber eigentlich bezeichnet sich Konstantin selbst einfach als Hebamme, wie seine Kolleginnen es auch tun. Das ist es nämlich, was er gelernt hat. Konstantin war der einzige Mann in einer Ausbildungsklasse voller Mädchen. Er war der einzige Mann auf seiner Station und er ist einer der sehr, sehr wenigen Männer in Deutschland, die diesen Beruf überhaupt ausüben.
Für Konstantin war Hebamme ein Traumberuf.
Sein Wunsch war es, einen Beruf zu lernen, bei dem er sowohl mit Kindern als auch mit deren Eltern zu tun hat. Da es ohnehin viel zu wenige Hebammen gibt und viele schwangere Frauen überhaupt keine Hebamme bekommen, war das sicherlich eine gute Entscheidung. Im Interview hat er uns erzählt, dass seine Mitmenschen durchaus positiv auf seinen Beruf reagieren. Nur manchmal wird etwas neugierig nachgefragt, wieso er sich dafür entschieden hat. Er selbst ist überglücklich mit seiner Berufswahl:
"Das Schönste ist eigentlich, dass die Eltern es einem erlauben, beim schönsten Moment ihres Lebens dabei zu sein." - Konstantin
Aber wie soll ein Mann, der nicht einmal selbst gebären kann, Geburtshelfer sein?
Die Frage stellen sich tatsächlich einige Frauen, die Konstantin auf der seiner Station schon begegnet sind. Seine Antwort auf diese Frage?
"Wir Männer gucken natürlich schon anders auf eine Geburt, weil wir halt nicht sagen können 'Hab dich nicht so, ich hab das auch durchgemacht' - weil das haben wir einfach nicht. Man ist glaub ich ein bisschen vorsichtiger bei vielen Sachen." – Konstantin
Männliche Hebammen sind also - wie man es auch von Frauenärzten hört - oftmals sogar einfühlsamer und vorsichtiger als Frauen, weil sie sich den Schmerz einer gebärenden Frau nur ausmalen können.
Konstantin empfiehlt anderen jungen Männern, sich den Beruf auf jeden Fall anzuschauen und zu überlegen, ob das nicht auch was für sie wäre. Er ist sich auch ziemlich sicher, dass es zukünftig mehr männliche Hebammen geben wird – es braucht nur noch ein wenig Zeit.
Kennst du noch mehr Männer, die in "typischen Frauenberufen" arbeiten? Erzähl's uns per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder schick' eine Nachricht per Whatsapp: 089/ 360 550 460.
Artikel teilen: