Verschwörungstheorien im Netz

Verschwörungstheorien im Netz

Journalist Richard Gutjahr im Interview

Richard Gutjahr war beim Anschlag von Nizza und beim Amoklauf in München einer der ersten berichtenden Journalist*innen vor Ort und wurde damit zur Zielscheibe von Verschwörungstheoretiker*innen im Internet.

Nach dem Anschlag in Nizza hat Richard sein Augenzeugen-Video ins Netz geladen


Schnell kamen Verdächtigungen auf, dass er selbst mit den Terrorist*innen unter eine Decke stecke oder das Video ein Fake ist. Das war der Punkt für Richard, an dem sich eine neue Welt aufgetan hat, die er vorher nie wahrgenommen hatte – die Welt der Verschwörungstheorien.

"Ich habe in den nächsten Wochen und Monaten tatsächlich festgestellt, dass da draußen ein Paralleluniversum existiert, von Menschen, die wirklich glauben, dass alles eine Weltverschwörung ist […]." - Richard Gutjahr
  • Richard Gutjahr zu Gast bei egoFM
    Das Interview zum Nachhören

Vor allem Hass und Angst werden im Netz instrumentalisiert

Die steigende Hassentwicklung, die im Netz sichtbar wird, entstand laut Richard auch durch die positiven Entwicklungen der letzten Jahre, mit denen ein Teil der Bevölkerung Probleme hat: Das Frauenbild hat sich verändert, es gibt wissenschaftlich belegt mehr als zwei Geschlechter und Kreuzfahrtschiffe und SUVs sind schlecht.

Verschwörungstheoretiker*innen sind vor allem alte, weiße Männer, die Angst haben, dass ihre Leistung und ihr Leben entwertet werden, sagt Richard. Im Internet treffen sie dann auf Gleichgesinnte. 

Aber wie lässt sich das Verhalten von Eva Hermann, Ken Jebsen und Co. erklären? Das sind schließlich keine Menschen, die sich abgehängt fühlen, sondern Prominente und Akademiker*innen. Richard sagt, sie projizieren ihren Selbsthass auf die Gesellschaft, finden im Netz Gehör von Menschen und spielen mit deren realen Ängsten.

"Den Hetzern sind die Menschen egal, sie benutzen nur diese diffuse Angst die da draußen herrscht vor dem Neuen, nutzen sie für ihre eigene Vendetta, ihre eigene Rache am sogenannten System." - Richard Gutjahr

Mit dem Internet wächst auch große Verantwortung


Grundsätzlich hält Richard das Internet für ein großes Geschenk – wir müssen es nur richtig nutzen. Wir haben auf den sozialen Netzwerken Hunderte von Follower*innen und haben damit auch eine Verantwortung, was wir posten, teilen und liken. 

"Ich glaube unsere Herausforderung, unsere Aufgabe als Generation in genau dieser Epoche muss es sein, dass wir dieses gigantische Geschenk – die Digitalisierung, das Internet und alles was danach kommt – dass wir das eben für die richtigen Zwecke verwenden." - Richard Gutjahr

Den Glauben daran, mit Verschwörungstheoretiker*innen ein Gespräch führen zu können, hat Richard inzwischen verloren. 


Was stattdessen hilft? Die Anwendung des Grundgesetztes in der digitalen Welt.

"Ganz vorne ist das erste Grundgesetz überhaupt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Und ich denke tatsächlich, wenn wir damit beginnen, dann ergibt sich der Rest ganz von alleine." - Richard Gutjahr

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