Die Pinakothek der Moderne feiert Jubiläum und zur Feier des Jahres präsentiert sich die Sammlung Moderne Kunst ganz neu mit rund 350 Werken aus 120 Jahren von mehr als 150 Künstler*innen.
Die Pinakothek der Moderne feiert 20. Geburtstag
"Heute soll es regnen stürmen oder schneien …" - ok, wir lassen das mal lieber mit den Geburtstagsliedern. Aber hey: Happy Birthday, Pinakothek der Moderne zum 20. Jubiläum! Das muss gefeiert werden, und anders als bei stinknormalen Geburtstagen beschenkt das Geburtstagskind ausnahmsweise mal uns. Und zwar mit einer neuen Ausstellung, die sich unter dem Titel "MIX & MATCH. Die Sammlung neu entdecken" richtig herausgeputzt hat.Unter dem programmatischen Ausstellungstitel begegnen sich Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Videokunst erstmals in epochen- und medienübergreifenden Themenräumen. Entstanden sind lebendige Perspektiven durch unkonventionelle Gegenüberstellungen, die auf zentrale Fragestellungen unserer Gegenwart eingehen. Ob es nun brandaktuell um Umweltfragen geht, um Kriege, Missstände im sozialen Zusammenhalt und und und. Wir stellen dir hier drei ganz unterschiedlich brisante Themenräume genauer vor:
PANOPTIKUM
Wenn im Geschichtsunterricht über den Nationalsozialismus gesprochen wird, lernt man zumeist fast zeitgleich beide Seiten kennen: Die Geschichte der Täter*innen und die der Opfer. So lernen wir, Schicksale einzuordnen und können konkret hinterfragen.In Saal 4 mit dem Titel "Panoptikum" hängen Werke von Otto Freundlich, Pablo Picasso und Josef Scharl, Künstler der modernen Avantgarde, neben den Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern wie Thomas Helbig und Henrik Olesen. Auf der gegenüberliegenden Seite des wandfüllenden 46-teiligen Werkes von Henrik Olesen "Nach Magnus Hirschfeld" befindet sich zudem noch das Triptychon von Adolf Ziegler "Die vier Elemente: Feuer, Erde und Wasser, Luft". Adolf Ziegler war NS-Künstler - Joseph Scharls Kunst galt zu dieser Zeit als entartet und Otto Freundlich wurde im KZ ermordet. Während einzelne Stimmen, allen voran der Künstler Georg Baselitz finden, diese Zusammenstellung verhöhne die Opfer der NS-Zeit und wäre propagandistisch, begreift die Pinakothek der Moderne die unmittelbare und kritische Auseinandersetzung mit NS-Kunst als eine wichtige Aufgabe der Kunstmuseen. Denn ein fortdauerndes Verbergen problematischer Kunst führe nie zum kritischen Diskurs, sondern nur zur Fortsetzung der Tabuisierung.
Kann man, ja muss man vielleicht sogar, die Werke von Täter*innen und Opfer zusammen ausstellen? Was löst das wohl bei Besucher*innen aus, wenn sich das künstlerische Vermächtnis von Täter*innen und Opfern der NS-Zeit derart progressiv in einem Raum begegnen? Adolf Ziegler mit seiner Ausstellung "Entartete Kunst" beide gezielt voneinander trennen? Ist das der richtige Weg, sich mit propagandistischer Kunst aus dieser Zeit auseinanderzusetzen? Fragen, die zum aktiven Diskurs sowohl über die Kunst dieser Zeit als auch über die Geschehnissen selbst anregen und heute unter aktuellen Gesichtspunkten diskutiert werden sollen.
Ausstellungsansicht in der Pinakothek der Moderne mit Werken von Adolf Ziegler, Thomas Helbig und Josef Scharl
Foto: Margarita Platis, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
LAMPEDUSA (Migration)
Das Gehen und Kommen von Menschen bestimmt unser globalisiertes Gesellschaftsleben. Die Gründe für das Verlassen der eigenen Heimat sind vielfältig. Sie reichen von Neugierde und Fernweh über wirtschaftliche Nöte bis hin zu lebensbedrohlichen Gefahren, die von politischen Systemen oder Kriegen ausgehen. Die Entscheidung, in ein fremdes Land zu gehen und sich den damit verbundenen Herausforderungen zu stellen, wird selten leichtfertig getroffen. Sie ist begleitet von Hoffnung und Mut.Viele Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen -dies also nicht aus reiner Neugier tun-, fliehen aufgrund von Zukunftslosigkeit. In den letzten Jahrzehnten spielten dabei nicht nur politische Konflikte und Verfolgung eine große Rolle, sondern auch die Folgen der Klimakatastrophe. Unter ihnen leiden vorrangig Menschen im globalen Süden, verursacht und weitere befeuert wird die Klimakatastrophe jedoch hauptsächlich vom globalen Norden. Deswegen sind und bleiben Themen wie Migration und Flucht eine weltweite Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen müssen, aus der wir aber auch gemeinsam lernen und an der wir wachsen können.
Ausstellungsansicht in der Pinakothek der Moderne mit Werken von Olaf Metzel, Gino Severini und Alighiero Boetti
Foto: Margarita Platis, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
CONTINUOUS FIRE POLAR CIRCLE (Umwelt)
Seit jeher leben wir in einem Verhältnis zur Natur, das von Abhängigkeit, Wertschätzung und Ausbeutung gleichermaßen geprägt ist. Doch das Zusammenwirken dieser Kräfte gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht: Die rasant anwachsende Weltbevölkerung, eine sich ausbreitende Verstädterung und die rücksichtslose Zerstörung der Ökosysteme - etwa durch das Abholzen der Regenwälder - gefährden den natürlichen Lebensraum nicht nur der menschlichen Spezies.Dennoch sollten wir uns endlich bewusst werden, dass die Klimakatastrophe vor allem eine Katastrophe für uns Menschen ist. Es geht weniger darum, "unseren Planeten" zu retten, denn die Erde wird weiter existieren, egal wie wir mit ihr umgehen. Durch den fahrlässigen Umgang mit der Umwelt, gefährden wir jedoch das fragile ökologische Gleichgewicht und zerstören damit letztlich Schritt für Schritt unsere Lebensgrundlage. Vor dem Hintergrund einer krisenhaften Gesamtsituation erscheint das traditionelle Motiv der Landschaft in der Kunst in neuem Licht. Die Auswirkungen von Umweltzerstörung und Klimawandel halten Einzug in das künstlerische Schaffen unserer Gegenwart.
Ausstellungsansicht in der Pinakothek der Moderne mit Werken von Max Ernst, Wilhelm Lehmbruck, Katharina Grosse und Lewis Baltz
Foto: Margarita Platis, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
Also, statte doch dem Geburtstagskind auch mal einen Besuch ab und lass dich inspirieren von den Gedanken und Themen, die in der neuen MIX & MATCH-Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen sind.
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