Das E-Werk in Erlangen startet einen Veranstaltungsbetrieb unter Corona-Auflagen
Die Veranstaltungsbranche leidet. Das bekommt auch Holger Watzka, Programmplaner des Veranstaltungszentrums E-Werk in Erlangen, zu spüren. Unter strengen Auflagen hat sich das E-Werk einen Plan B ausgedacht.
Suche nach einer Lösung
Auf einer Großdemonstration in Berlin übergab die geballte Kulturlandschaft Deutschlands der Bundesregierung symbolisch ihr letztes Hemd. Sie wollte zeigen: Hier geht es um die Existenz, nicht nur um die einzelner Veranstalter*innen, sondern um die des gesamten kulturellen Lebens in diesem Land. Holger Watzka sieht die Probleme so klar wie seine Kollegen auf den Straßen der Hauptstadt. Er betont, dass die Szene nach Hilfe schreien muss. Und ist doch überzeugt: Man muss auch versuchen, alles umzusetzen, was in der aktuellen Situation möglich ist. Diesen Monat öffnet das E-Werk wieder seine Pforten für Konzerte im Haus – wenn auch unter strengen Auflagen.
Im Interview gibt Holger Watzka Einblick in die aktuelle Lage eines der größten Kulturzentren Deutschlands:
Holger Watzka vom E-Werk
Das komplette Interview zum Nachhören
Auch wenn es schwierig ist
Normalerweise würde der Festivalsommer gerade langsam zu Ende gehen. Die Konzertsaison würde beginnen. Das E-Werk würde so richtig heiß laufen, sich auf einen kulturgeladenen Winter vorbereiten. Normalerweise.Im Corona-geschüttelten Jahr 2020 ist aber alles anders. Plötzlich setzt sich Holger Watzka mindestens genauso viel mit Hygienekonzepten und Infektionsschutzmaßnahmen, mit wirtschaftlicher Schadensminimierung und der finanziellen Unterstützung von Künstler*innen auseinander wie mit den Veranstaltungsinteressen der Besucher*innen.
Im August konnte Livemusik noch unter freiem Himmel stattfinden, da war Infektionsschutz und Kulturleben noch etwas leichter zu verbinden. Bei einem Pop-Up-Open-Air durfte das E-Werk jeden Tag bis zu 400 Leute empfangen.
Drinnen sind nur 200 erlaubt, außerdem sind alle Konzerte bestuhlt, man reserviert sich schon vorher einen Sitzplatz. Auf diesem darf man dann aber auch seine Maske abziehen, anders als auf dem Weg zum Klo. Nach aktuellem Stand wird es mindestens bis Ende des Jahres keine Stehkonzerte geben.
"Da fragen sich jetzt auch die Künstler*innen: Hab ich Bock drauf vor Leuten zu spielen, die sitzen? Und da haben genügend Bands keinen Bock drauf, gerade im Hip-Hop oder Hardcore oder Punkrock."
Darum gibt es jetzt im E-Werk vor allem Auftritte von Musiker*innen, die in einem solchen Kontext gut funktionieren, so zum Beispiel der Berliner Pianist Lambert. Aber auch die Rockband The Hirsch Effekt, deren Genremix gerne als Artcore bezeichnet wird, wollen sitzenden Zuhörer*innen ihre Show präsentieren. Oder sie müssen – zum Beispiel aus finanziellen Gründen.
Holger hat im Moment bei seiner Arbeit immer auch die wirtschaftliche Krise der Künstler*innen im Blick. Das E-Werk zu öffnen ist aus seiner Sicht nicht nur notwendig, um die Erlanger*innen kulturell zu bereichern. Es geht genauso darum, dass Künstler*innen, die schon seit Frühlingsbeginn auf Einnahmen von Live-Auftritten verzichten mussten, zumindest ein wenig Umsatz machen. So viele wie möglich sollen sich über Wasser halten können. Gerade um das Bestehen junger Bands macht sich Holger Sorgen:
"Die haben häufig noch keine Rücklagen bilden können, finanzieller Art. Und da hilft dann irgendwann auch keine Soforthilfe mehr, da geht einem einfach die Luft aus!"
Und obwohl das E-Werk von der Stadt Erlangen gefördert wird, spielt natürlich auch die Wirtschaftlichkeit des Kulturzentrums bei der Planung eine Rolle. Darum gibt es statt an sieben vorerst nur an vier Tagen pro Woche Veranstaltungen, darunter ein bis zwei Konzerte. Wenn es gut läuft.
"Und im Moment läuft es ganz gut."
Tickets kaufen und behalten – ohne Risiko
Auch für Ticketkäufer*innen ist es manchmal schwer, in der verstrickten Lage durchzublicken. Zum Beispiel verkauft das E-Werk sowohl Tickets für die bestuhlten Konzerte mit Hygienekonzept als auch für Konzerte im nächsten Jahr, die so geplant werden, als wäre Corona zum Veranstaltungszeitpunkt kein Thema mehr. In Holgers Erfahrung irritiert das viele. Sein Appell:
"Kauft euch Tickets, wenn ihr Bock auf ein*e Künstler*in habt! Entweder das Konzert findet so statt, wie es geplant war, oder es wird verlegt. Und wenn es abgesagt wird, dann bekommt man bei uns garantiert sein Geld zurück. Es besteht keinerlei Risiko."
Dabei behalten in Holgers Erfahrung viele ihre Tickets, auch wenn das Konzert auf unbestimmte Zeit verlegt wurde. Das wertet er als Akt der Solidarität, den die Szene gerade dringend braucht.
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