Reaktionen auf "Die letzte Instanz"

Reaktionen auf "Die letzte Instanz"

Warum der WDR sich für seine Talksendung entschuldigen muss

Diese Talksendung vom Samstag war ein Negativbeispiel, wie es im Jahr 2021 eigentlich nicht mehr vorkommen dürfte - meint (nicht nur) die Twitter-Community.



Triggerwarnung!
Der Beitrag enthält rassistische Äußerungen




Wenn Menschen über Diskriminierung reden, die keine Ahnung von Diskriminierung haben...

Gut gemeint ist nicht gut gemacht - im Fall von Die letzte Instanz ist fraglich, ob ersteres überhaupt angedacht war. Immerhin muss man sich mal überlegen, wie man auf die Idee kommt, in einer Talkrunde über die Verwendung des Z-Wortes und andere Begriffe zu diskutieren und dazu nur Weiße Promis wie Thomas Gottschalk oder Janine Kunze einzuladen. Aufhänger ist unter anderem ein "Witz" von Comedian Barbara Schöneberger, die über Grillsauce von einer "Sauce ohne festen Wohnsitz" sprach.

Ausgestrahlt wurde die Sendung zum ersten Mal Ende 2020 - und ging damals einigermaßen unter. Seit der Wiederholung vom Samstag ist der Aufschrei in den sozialen Netzwerken groß.

Aber nochmal kurz erklärt: In Die letzte Instanz diskutieren die eingeladenen Gäst*innen über vier (mehr oder weniger) kontroverse Fragen. In dieser Folge lautet eine der vier Fragen: "Das Ende der Z***-Sauce - ein notwendiger Schritt?"


So kurz nach dem Holocaust-Gedenktag am 27. Januar mehr als daneben, weil das Z-Wort unter der Herrschaft der Nazis im dritten Reich eine Sammelbezeichnung für eine Minderheit war, die wie Juden in Konzentrationslager deportiert wurde. Trotzdem und trotz aller Diskussionen über Diskriminierung durch Sprache hat sich das Wort im Deutschen gehalten.

Die Problematik wird in diesem Instagram-Post sehr gut zusammengefasst:

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Ein Beitrag geteilt von Paula [she/her] (@yung_fentje)


Und obwohl Moderator Steffen Hallaschka aus einer Erklärung des Zentralrates Deutscher Sinti*zze und Rom*nja zitiert, der die Verwendung des Begriffes als diskriminierend ablehnt, entwickelt sich die Diskussion in der Sendung in eine grotesk rassistische Richtung.

Zum Beispiel beschreibt Thomas Gottschalk, wie er sich auf einer Party in Amerika als Jimi Hendrix verkleidet habe (inklusive blackfacing) und zum ersten Mal gewusst habe, wie sich Schwarze Menschen fühlten. Janine Kunze vergleicht die Diskriminierung durch das Z-Wort mit ihrer Stigmatisierung als blonde Frau mit großen Brüsten.

Der (vielleicht ungewollte) Tenor der Sendung: Die - ja genau die, die betroffen sind - sollen sich mal nicht so haben. Blöd nur, dass keine einzige Person anwesend ist, die aus erster Hand von derartiger Diskriminierung berichten könnte.



Twitter ist aufgebracht. Und diese Tweets bringen sehr gut auf den Punkt, was in dieser "letzten Instanz" alles schief gelaufen ist.


Twitter Reaktionen auf Die letzte Instanz

Autorin und Stand Up Comedian Jasmina Kuhnke findet klare Worte:

Die Grünen-Politikerin Aminata Touré ist enttäuscht... 

...und entblößt die Auswahl der Gäst*innen...


...wie viele andere Tweets auch:



Gerade hat die Publizistin Marina Weisband noch zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag gesprochen:

Journalist Malcolm Ohanwe macht einen Vorschlag, der unabhängig vom Beispiel Die letzte Instanz für jegliche Diskussionen - öffentlich oder privat - gelten sollte:



Themenwoche "Kritik" bei egoFM

Leider passend sprechen wir diese Woche bei egoFM unter anderem darüber, wieviel und welche Kritik eigentlich erlaubt ist und warum ein Satz wie "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" im Jahr 2021 nicht mehr durchgehen darf. Kulturjournalist Thomas Edlinger bringt es im Interview mit egoFM Max gut auf den Punkt - zur Diskriminierung durch Sprache sagt er:
"Da gibt's überhaupt keine Frage, die {Begriffe wie N****kuss) sollten natürlich verschwinden, weil sich dadurch viele Menschen beleidigt fühlen und es überhaupt keinen Grund gibt, einen beleidigenden Umstand in der Sprache aufrecht zu erhalten. Das Gegenargument wäre - wozu es aufrecht erhalten, um mit heroischem Bestemmen eine andere Menschen beleidigende Praxis aufrecht zu erhalten? Das ist dann quasi der Kriegsheroismus der letzten Verteidiger des Vaterlandes. Nicht mit mir." - Thomas Edlinger



Antwort des WDR auf die Kritik an Die letzte Instanz

Der WDR hat sich mittlerweile entschuldigt und die Sendung in seiner Mediathek mit einem Disclaimer versehen:
"Die nachfolgende Sendung steht aktuell unter starker Kritik - und das zurecht. In der 'letzten Instanz' sollen kontroverse Themen auf unterhaltsame Weise diskutiert werden, und dabei darf natürlich jeder Gast seine Meinung äußern. Aber rückblickend ist uns klar: Bei so einem sensiblen Thema hätten unbedingt auch Menschen mit diskutieren sollen, die andere Perspektiven mitbringen und / oder direkt davon betroffen sind. Wir lernen daraus und werden das besser machen. Der Kritik an der Sendung müssen und wollen wir uns stellen und haben daher entschieden, diese aus Transparenzgründen in der Mediathek zu belassen."

Naja. So ganz überzeugend ist die Entschuldigung nicht. Das verdeutlich auch das Feedback zu den Entschuldigungen vom WDR, Micky Beisenherz und Janine Kunze:






Warum diese Z-Frage eigentlich überhaupt und schon lange nicht mehr zur Debatte steht, bringt die Journalistin Anna Dushime mit einem älteren Statement auf den Punkt:

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