Passend zu unserer egoFM Pride Week haben wir uns mit Regenbogenfamilien unterhalten: In insgesamt vier Interviews erzählen sie uns ihre ganz persönliche Geschichte.
Zuerst einmal die Frage:
Was sind Regenbogenfamilien überhaupt?
Darunter verstehen wir Familien mit einem gleichgeschlechtlichen Elternpaar. Für homosexuelle Paare gibt es mehrere Möglichkeiten, dass sie gemeinsam ein Kind bekommen können - allerdings auch mindestens genauso viele Stolpersteine, die ihnen dabei in den Weg gelegt werden.Steffi und Lena aus München gehören beispielsweise zu einer dieser Regenbogenfamilien: Die beiden sind glücklich verheiratet und haben sich ihren Kinderwunsch durch eine Samenspende erfüllt. Genauso wie Jenny und Inga: Vor Kurzem erst brachte Jenny den gemeinsamen Sohn Mika zu Welt. Veit und Klas sind das erste Paar in Bayern, was gleichberechtigt dieselben Rechte und Pflichten als Eltern bzw. Väter hat. Außerdem haben wir noch mit Stephanie Gerlach vom Regenbogenfamilienzentrum München gesprochen, die sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt.
Diverse Problem von Anfang an
Es ist tatsächlich immer noch der Fall, dass viele homosexuellen Paare in ein anderes Land reisen müssen, um sich dort den Kinderwunsch zu erfüllen.
Bei Steffi und Lena ging es beispielsweise nach Dänemark, das Land ist in Sachen Samenspende sehr fortschrittlich. Egal ob alleinstehende Frauen oder homosexuelle Paare: Dort werden sie alle unterstützt.Jenny und Inga flogen nach einer Beratung von dem Verein Les Mamas nach Spanien und ließen sich dort behandeln. Der biologische Vater ist unbekannt, Inga ist die genetische Mutter und Steffi durfte den gemeinsamen Sohn entbinden. Die spanische Klinik entschied anhand des Aussehens, wer der männliche Spender sein sollte. Zwei eigene Wünsche hat man bei dieser Methode noch frei, zum Beispiel in Bezug auf die Auswahl der Blutgruppe, der Unverträglichkeit oder der Haar- und Augenfarbe.
Die Kosten eines solchen Eingriffes fallen zusammen mit den Reisekosten insgesamt übrigens in den Rahmen eines Kleinwagens.
Veit und Klas mussten nach Russland reisen, um ein Kind zu bekommen - beziehungsweise Zwillinge. Die beiden lernten ihre russische Leihmutter über eine Agentur kennen und blieben während der Schwangerschaft mit ihr in Kontakt. Das Vertrauen lag ihnen am Herzen – dabei darf die Leihmutter auch in Zukunft noch ein bisschen über das Leben der Kinder mitbestimmen. Zum Beispiel wenn es um Hobbys, Erziehung oder Ausbildung geht. So unkompliziert das alles nun klingt - Stephanie aus dem Regenbogenfamilienzentrum, an das sich LGBTQ-Paare mit Kinderwunsch wenden können, erklärt uns, dass es immer noch Probleme bei schwulen und lesbischen Pärchen auftreten.
"Wir sind in einem Klima aufgewachsen, wo es nicht gänzlich verständlich ist. Viele sagen: 'Okay gleiche Rechte für alle', aber fragen immer noch: 'Warum denn noch Kinder?'", erzählt sie uns.
Stephanie berät LGBTQ-Communities, die einen Kinderwunsch haben oder schon eine Regenbogenfamilien sind.
"Die Ehe für alle bietet allen einen riesen Vorteil, aber es stehen noch einige rechtliche Fragezeichen im Raum, die durch juristische Experten geklärt werden müssen", laut Stephanie.
Wieso reisen noch so viele Regenbogenfamilien in andere europäische Länder?
Steffi und Lena zum Beispiel war es wichtig, leibliche Kinder zu bekommen. Vor allem auchweil es für homosexuelle Paare in Deutschland bislang sehr schwierig ist, Kinder zu adoptieren. Es gibt eine lange Warteliste und da sind homosexuelle Eltern leider noch auf den letzten Plätzen zu finden. Mit dem Spendersperma hat sich allerdings einiges verändert. Hierbei unterscheidet man zwischen zwei Varianten:Die offene Samenspende ermöglicht dem Kind, bei der Vollendung seines 18. Lebensjahrs Kontakt zu dem Spender aufzunehmen. Bei einer geschlossenen Spende besteht keine Möglichkeit, Informationen über den Spender herauszufinden.
"Das Ausland war damals unkomplizierter", erzählt uns Steffi.Unkomplizierter deshalb, weil Praxen in beispielsweise München die Frauen beim Kinderwunsch zwar unterstützen, jedoch ein psychologisches Gespräch vorsehen, um die Elternfähigkeit einzuschätzen - und das hat es oft in sich.
Der wohl wichtigste Punkt: die gesellschaftliche Auseinandersetzung damit
Der Ablauf des Elternwerderns ist für homosexuelle Paare weiterhin ein kritischer Punkt. Denn Kinder, die in bestehende gleichgeschlechtliche Partnerschaften hineingeboren werden, müssen immer noch adoptiert werden. Dies wird dann Stiefkind-Adoption genannt."Regenbogenkinder oder Kinder der Liebe sind keine Unfälle, sie sind wunderbar geplant, heiß ersehnt und das ist eine großartige Ressource für ein Kind. Denn es weiß: 'Ich bin sehnlichst erwünscht worden.'"
- Mit diesen Worten bringt uns Stephanie aus dem Regenbogenfamilienzentrum zum Schweigen. Sie bringt das Thema exakt auf den Punkt."Kinder nehmen die Familie in der sie hineingeboren werden an und sehen diese als Normalität an", sagt Steffi.Bei Steffi und Lena interessiert sich ihr 5-jähriger Sohn nicht, warum er zwei Mütter hat. Auch die Eltern der beiden akzeptieren und lieben ihre Enkelkinder. Wie es aussieht, gibt es also oft eine gesellschaftliche Akzeptanz - aber leider nicht immer. Jenny und Inga erlebten sowohl im engeren, als auch im weiteren Freundes- und Familienkreis Kritik, im engeren Kreis zum Glück jedoch nicht.
Ganz klar ist die Rollenverteilung auch bei Veit und Klas: Ihre Zwillinge haben zwei Daddys und eine Leihmutter. Der Kontakt zu ihr wird weiterhin gepflegt, denn beide möchten den Zwillingen eines Tages ihre russische Herkunft näherbringen.
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