Der Schenke-Knigge

Der Schenke-Knigge

Birte Steinkamp über die Dos und Don'ts beim Schenken

Birte Steinkamp ist Knigge-Expertin, hat einen eigenen Podcast und gibt Tipps für "gutes" Benehmen.

Kurz vor DEM Fest der Geschenke schlechthin - Weihnachten - hat Birte Steinkamp im Interview mit egoFM Max ein paar Knigge-Regeln zum Thema Schenken in petto.
  • Knigge-Expertin Birte Steinkamp über Schenken
    Das Interview zum Nachhören

Anleitung zum menschlichen Miteinander 

Wenn wir das Wort "Knigge" hören, denken wir an gutes Benehmen, ordentlich gefaltete Servietten am Tisch, Manieren und Menschen, die darüber diskutieren, ob man sich nun nach dem Niesen "Gesundheit" wünschen soll, oder ob das nach Knigge doch eher unhöflich ist. Schwarz-Weiß-Denken, richtig oder falsch. 

Aber hinter dem Begriff "Knigge" steckt sehr viel mehr. Es ist nicht nur eine Redewendung oder ein völlig abstraktes Regelwerk – sondern war einst eine real existierende Person mit dem klangvollen Namen Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge. Knigge lebte im 18. Jahrhundert, war Aufklärer, Humanist und Schriftsteller. Bekannt geworden ist er mit seinen Schriften zum Umgang mit Menschen. Daran denkt heutzutage wohl kaum jemand noch:

"Das Spannende daran ist: Ein Regel-Onkel zu sein, das wollte der Knigge gar nicht. Er wollte einfach nur darüber aufklären […] wie gehen wir denn gut miteinander um, sodass wir uns auch alle wohlfühlen." - Birte Steinkamp


Mal abgesehen vom verstaubten Ruf - wie aktuell ist der Knigge denn eigentlich noch?

Sind die Regeln heute überhaupt noch relevant? Und interessiert sich noch jemand dafür?

"Die Menschen sehnen sich schon nach mehr Anstand und vor allen Dingen nach mehr Rücksichtnahme. Wir merken ja gerade in der jetzigen Situation mit Covid-19, dass ein respektvoller Umgang miteinander eine Gesellschaft stärkt und dieses soziale Miteinander eben maßgeblich unterstützt." - Birte Steinkamp

Sprich: Ob wir wollen oder nicht - um gängige Verhaltensregeln (ob nun Knigge oder nicht) kommen wir auch im 21. Jahrhundert im Alltag natürlich nicht herum. Und der Knigge kann dafür eine gute Basis sein. Macht Sinn.

Birte hat die Erfahrung gemacht, dass das Interesse am Knigge tatsächlich durch die gesamte Gesellschaft und durch alle Altersgruppen geht. Da gibt's die Chef*innen, die ihren Mitarbeiter*innen beibringen wollen, sich auf dem Flur zu grüßen oder auch junge Menschen, die beispielsweise gerade erst ins Berufsleben einsteigen und gut auftreten wollen.

"Dann gibt es auch noch so schöne Veranstaltungen wie 'Knigge-Dinner', die haben dann so einen privaten Charakter. Das macht man, weil man einfach mal Lust hat zu wissen, darf ich die Kartoffel jetzt schneiden oder nicht? Und darf ich das Ei köpfen? Und wie sitze ich denn?" - Birte Steinkamp

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Schenken - eine Sache der guten Manier?

Nicht zuletzt weil Weihnachten ist, beschäftigen wir uns wohl alle gerade (ob wir wollen oder nicht) mit der Frage "Was soll ich um Himmels willen schenken?". Aber nach diesem turbulenten Jahr fragt man sich das vielleicht nicht nur für die engste Familie, sondern auch für weitere Menschen im eigenen Umfeld: Sollte ich meinem Postboten etwas schenken? Den Mitarbeite*innen von der Müllabfuhr? Ist das angebracht?
"Das Schenken gehört unbedingt in unsere Kultur und unsere Gesellschafft. Das Schenken hat ja grundsätzlich auch einen ganz positiven Ursprung. Wenn wir jetzt ganz weit zurückgehen, sagen Soziobiologen, dass das Schenken seinen Ursprung vom Werben um einen Partner hat. Es hat also schon immer irgendwie was mit Zuneigung zu tun. Und das Schenken, wie wir es heute kennen, kommt eher so aus dem Mittelalter. Da waren die Menschen etwas reicher und konnten etwas abgeben, ohne dafür etwas zu erwarten. Das Wort 'schenken' kommt tatsächlich vom Einschenken eines Getränkes."- Birte Steinkamp

Wenn du jemandem deinen Dank oder deine Zuneigung ausdrücken möchtest, ist ein Geschenk also keine schlechte Idee. Dabei sollte man immer das große Ganze im Auge behalten, denn...

Wenn das Schenken ausartet

Wenn wir uns so umschauen, geht es besonders an Weihnachten gar nicht mehr so sehr um den eigentlichen Akt des Schenkens, also der Zuneigung. Jedes Jahr werden es mehr Geschenke unter dem Baum - Masse statt Klasse, Hauptsache viel und teuer. Das geht soweit, dass das Schenken bei einigen Menschen schon krankhafte Züge annimmt - in diesem Fall spricht man von Doromanie. 
"Die Bedeutung des Schenkens an sich, die hat sich nicht verändert, die bleibt gleich. Wohl aber die Rahmenbedingungen des Schenkens. Im Gegensatz zu früher leben wir heute in einer recht reichen Gesellschaft, die auch aus purer Freude schenkt. Wir schenken also nicht nur, weil jemand etwas braucht. Was wir selbst brauchen, das kaufen wir uns heute einfach selbst. Und dazu kommt, dass wir in einer Art Wegwerfgesellschaft leben. Leider." - Birte Steinkamp

Wenn wir uns aber im Alltag schon alles kaufen, was wir brauchen, führt das dazu, dass es beim Schenken oft nur um Quantität geht - nicht mehr um Qualität. Wenn etwas kaputt geht, kaufen wir es ganz einfach günstig nach. Trotzdem - ob wir uns nun viele oder wenige Geschenke machen - Schenken an sich stärkt unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und ist deswegen nicht ganz unwichtig.



Das richtige Geschenk finden

Ob groß oder klein, die Suche nach dem richtigen Geschenk kann viele Nerven kosten. Auch wenn du mit deiner Familie vielleicht beschlossen hast, nur etwas Kleines zu schenken - eine Kleinigkeit ist das trotzdem oft nicht. Man will dem*der Beschenkten ja wirklich eine Freude machen. Deswegen bleibt wie immer die große Frage vor'm Fest: Was schenke ich?

Für die Knigge-Expertin ist das recht simpel:
"Einfach mal überlegen, was macht der*diejenige denn gerne? Oder was möchte ich ihm*ihr denn Gutes tun? Individualität ist da wichtig. [...] Welches Geschenk könnte ausdrücken: 'Das hier hab ich nur für dich ausgesucht?'" - Birte Steinkamp


Für die Wahl des perfekten Weihnachtsgeschenks hat Birte Steinkamp drei generelle Tipps:


  • Das Geschenk sollte ausdrücken: "Das hier ist nur für dich."
  • Das Geschenk sollte zeigen, dass man sich für den*die Beschenkte Zeit genommen hat (zum Beispiel in Form einer handgeschriebenen Karte)
  • Schön (und selbst) einpacken - dann zeigt das Geschenk schon durch die Verpackung, dass du dir extra viel Mühe gegeben hast

Und welche Fehler sollte man vermeiden? Schließlich kann man dem falschen Geschenk auch richtig in's Fettnäpfchen treten...

Ein absolutes No-Go ist laut Birte Steinkamp, wenn du mit einem viel zu teuren Geschenk auf der Weihnachtsfeier antanzt. Dann steht nämlich nicht mehr der*die Beschenkte im Mittelpunkt - sondern dann liegt die Aufmerksamkeit auf dir und deinem teuren Geschenk. Da kann es auch schnell passieren, dass dein Gegenüber in Verlegenheit gerät. Andersherum - wenn du super geizig bei der Geschenkeauswahl bist, fühlt sich der*die Empfänger*in nicht sonderlich geschätzt. 

Wenn alle Stricke reißen und du auch nach den ganzen Tipps noch keine richtige Idee hast - Birte hat noch ein paar Basics, die zwar nicht besonders persönlich sind, zur Not aber besser, als ohne ein Geschenk aufzukreuzen: Pralinen, eine Flasche Wein, einen Strauß Blumen oder ein ausgedrucktes Foto gehen eigentlich immer.


Alternativ kannst du dich natürlich auch mit deinen Verwandten von Weihnachten absprechen und ihr schenkt euch einfach mal nichts. Das machen Astrid und ihre Familie so. Wie das dann abläuft, erfährst du hier.

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