Schönheit liegt im Auge des*der Betrachter*in. Doch wie haben sich diese Schönheitsideale im Wandel der Zeit verändert?
Wie sich Schönheitsideale verändern
- Steinzeit: Die Venus von Willendorf
- Ägypten: Schönheit für's Jenseits
- Griechenland: Aphrodite und Adonis
- Japan: Das Ohaguro
- Barock: Die Mode des Sonnenkönigs
Steinzeit: Die Venus von Willendorf
Dicker Bauch, große Brust, schmale Schultern: Die Venus von Willendorf entspricht nicht unbedingt dem gängigen Schönheitsideal von heute. Und trotzdem galt sie für uns lange Zeit als das Sexsymbol der Steinzeit. Doch die kleine Steinfigur, die 1908 in der österreichischen Wachau entdeckt wurde, steht vermutlich eher für das Gegenteil: Ein Symbol des Überlebens. Denn die elf Zentimeter große Figurine - eine von mehreren Darstellungen - entstand zu einer Zeit, die klimatisch sehr fordernd gewesen sein muss. Das erklären nun Forscher*innen der University of Colorado: Wir konnten zeigen, dass diese Figuren mit Zeiten extremer Nahrungsknappheit korrelieren, sagt Erstautor Richard Johnson. Diese These stützt auch, dass Figurinen von Körpern, die in der Nähe von Gletschern gefunden wurden, deutlich runder sind als andere.Denn vor rund 30.000 Jahren, in der Kaltzeit im Jungpaläolithikum, galt Fett vermutlich als Luxus und als Zeichen der Fruchtbarkeit. Frauen legten als Sammlerinnen große Strecken am Tag zurück und waren daher, sowie auch die jagenden Männer, vermutlich eher muskulös. In der Warmzeit rund 15.000 Jahre zuvor, hatte der Homo Sapiens genügend Essen gehabt, um sich ein Fettpolster anzufressen. So waren Kurven in der Kaltzeit danach folglich ein kaum erreichbares Ideal und so steht die Venus von Willendorf für ein Idealbild in Zeiten des Hungers.
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Ägypten: Schönheit für's Jenseits
Als der Ägyptologe Howard Carter 1922 das Grab KV62 im Tal der Könige entdeckte, fand er neben Statuen aus Gold und aufwendigen Schnitzereien auch Abbildungen, die den jungen König Tutanchamun als Schönheit darstellen. Für die alten Ägypter*innen nämlich war die optische Schönheit ein zentraler Aspekt ihres Lebens und Zeichen für Reichtum. Für die ägyptische Oberschicht hieß das: Schön und muskulös hatte Frau zu sein und möglichst jung sollte man aussehen. Schon die Königin Kleopatra badete dafür in Eselsmilch. Auch Schmuck aus Gold und wertige Leinenstoffe zierten die Körper derjenigen, die es sich leisten konnten. Die Köpfe wurden von schwarzen, üppigen Perücken umfasst und schmale Augenbrauen rahmten die Gesichter. Die Augen selbst wurden mit schwarzem Lidstrich betont.Schönheitsideale, die auch nach dem Tod erhalten werden mussten. Oder womöglich erst für das Jenseits selbst entstanden. Denn um den Göttern zu gefallen und in die nächste Welt übertreten zu können, sollte man gepflegt sein. Zumindest, wenn man den Abbildungen und Statuen Glauben schenkt. So zeigt die goldene Totenmaske Tutanchamun einen schönen Jungen Mann mit schmaler Nase, vollen Lippen und umrandeten Augen. Doch so schön wie dargestellt war der Kindskönig keinesfalls: Drei Wissenschaftler*innen-Teams rekonstruierten unabhängig voneinander ein Bild des jungen Königs, das ganz und gar nicht der Vorstellung entspricht. So soll auch Kleopatra, die bis heute als das Schönheitsideal der damaligen Zeit gilt, keinen perfektes Äußeres gehabt haben - Expert*innen des British Museums zufolge, soll die sagenumwobene Königin strenge Züge und schlechte Zähne gehabt haben. Eher rundlich und 1,52m groß soll sie gewesen sein. Wirklich verwundern müssen uns diese Nachrichten aber nicht: Stellten Abbilder der Oberschicht und der Königshäuser doch schon immer eine leicht idealisierte Form der Realität dar.
Griechenland: Aphrodite und Adonis
Die Haut hell und weiß wie Marmor, die Körper jugendlich und gestählt: Die Schönheitsideale im antiken Griechenland orientierten sich an Gottheiten wie Aphrodite und Adonis. Und waren somit ähnlich weit entfernt von der Realität, wie unsere heutigen Schönheitsideale. Adonis wird beispielsweise als ewigwährender Jüngling beschrieben, ganz nach dem Credo: Am besten nicht altern. Um diesem Ideal zu entsprechen - jung, schön und athletisch - stählten die Männer ihre Körper in den Gymnasien - Orte der körperlichen und intellektuellen Erziehung. Denn: In der Antike galt als schön, wer Selbstdisziplin und Beherrschung hatte. Die Körper sollten symmetrisch sein - je ausgewogener die Proportionen, desto besser. Hatten die Männer gebräunte Haut, stand das für ein aktives Leben im Freien, für Jagd und Kampf.Frauen jedoch sollten möglichst helle Haut haben, dem Dichter Homer zufolge sogar weißer als Elfenbein. Denn helle Haut stand für Reinheit und ein wohlhabendes Leben ohne lange Arbeiten in der Sonne - Rassismus gehörte also schon damals zum Alltag. Um diesem Schönheitsideal zu entsprechen, bleichten sich die Damen sogar ihre Haut - mit Kreide, Blei oder Arsen. Die Männer hingegen hellten ihre Haare auf, um den oftmals blond dargestellten Griechischen Gottheiten zu ähneln - mit Essig, Zitronensaft und Safran. Jegliche andere Körperbehaarung war im Griechenland der Antike verpönt, so rasierten sich die Männer und die Frauen ließen sich ihre Haare oftmals einzeln von Sklav*innen auszupfen. Doch an die Glätte des Marmors kam schon damals niemand heran. Die Schönheitsideale waren damals also nicht weniger toxisch als heute.
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