So können wir Lichtverschmutzung verringern

So können wir Lichtverschmutzung verringern

Dr. Sibylle Schroer im Interview

Meist verbinden wir Licht mit etwas Positivem, zu viel Licht kann aber auch negative Auswirkungen haben. Das Stichwort hier heißt Lichtverschmutzung.


Das Problem mit der Lichtverschmutzung

Dr. Sibylle Schroer ist Projektkoordinatorin der Forschungsgruppe Lichtverschmutzung und Ökophysiologie am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Sie erklärt, dass das Phänomen der Lichtverschmutzung die Verschmutzung des natürlichen Lichts durch künstliches Licht beschreibt: Unser künstliches Licht überstrahlt das natürliche Licht und hellt den Nachthimmel und die Umgebung auf, wodurch Nachtorganismen jederzeit geblendet und gestört werden.

"Eigentlich haben alle Organismen eine innere Uhr und die wird tatsächlich vom Licht gesteuert." - Dr. Sibylle Schroer

Sowohl komplette Dunkelheit, als auch dauerhaftes Licht kann das durcheinander bringen. 
  • Dr. Sibylle Schroe über Lichtverschmutzung
    Das komplette Interview zum Anhören


Lichtverschmutzung wird immer extremer

Jährlich gibt es eine Zunahme von zwei bis sechs Prozent der Menge an künstlichem Licht. Das liegt einerseits daran, dass wir durch neue Technologien immer intensiveres Licht bekommen, aber andererseits auch daran, dass es mehr künstliche Lichtquellen durch neue und größere Siedlungen gibt.

Das stört viele Organismen.

Es gibt sowohl Lichtaffine, als auch lichtscheue Tiere. Einige Insekten zum Beispiel werden vom Licht förmlich angesaugt, man spricht deswegen auch vom Staubsaugereffekt, erzählt Sibylle Schroer.

"Das heißt, dass die Insekten aus ihrer ökologischen Aufgabe heraus gesaugt werden. Die haben gar keine andere Chance." - Dr. Sibylle Schroer

Die sogenannte Insektenbiomasse geht heutzutage rapide zurück. Aber auch lichtscheue Organismen leiden natürlich unter Lichtverschmutzung, da sie vom Licht vertrieben werden.

Projekte gegen Lichtverschmutzung

Dr. Sibylle Schroer und ihr Team sind aktuell dabei, Leuchten zu entwickeln, mit der nur das beleuchtet wird, was auch beleuchtet werden soll, beispielsweise wenn es um Radwege geht. Das kann mithilfe eines Shutters funktionieren, der die Leuchte so abschirmt, dass sie nur noch auf den Fahrradweg scheint.

Außerdem soll aufgrund der Energiekrise für den Winter grundsätzlich Licht eingespart werden. 20 Prozent weniger Energieverbrauch, so lautet der Plan der Bundesregierung. 

Das ist auch gut für den Artenschutz.

Denn umso weniger Licht wir nutzen, umso besser ist es für Organismen. Deswegen sollten wir uns auch jedes mal, wenn neue Lichtquellen installiert oder bestehende eingeschaltet werden, fragen, ob wir dieses Licht wirklich brauchen, betont Dr. Sibylle Schroer. Die Regelung, unnötiges Licht auszuschalten, befürwortet sie deswegen sehr.

"Kosten-Nutzen-Rechnungen, die normalerweise aufgewandt werden für alles, was wir tun in der Stadt, werden beim Licht vernachlässigt. Licht wird immer positiv gesehen, sogar dann, wenn wir's nicht brauchen. Und dieses Umdenken, das fängt jetzt an durch die Energiekrise und ist ganz wichtig. Denn Nacht für Nacht stören wir durch unnötiges Licht auf Parkplätzen, an Schlössern, an Gebäuden, die niemand sich anguckt, weil alle schlafen - oder sagen wir mal, der überwiegende Teil der Menschen - Nachtorganismen, die mit diesem Licht überhaupt nicht umgehen können und deren Lebensraum durch dieses Licht zerstört wird." - Dr. Sibylle Schroer

Alte Gebäude, die nicht mehr angestrahlt werden, sind zum Beispiel bessere Nistplätze für tagaktive Vögel, weil diese nicht mehr beim Schlaf gestört werden, aber auch für nachtaktive Tiere wie Fledermäuse. Auch von Halbnachtschaltungen, wie es sie schon in manchen Dörfern gibt, profitieren die Organismen sehr, da dann Beleuchtungen nicht mehr die ganze Nacht durchgehend eingeschaltet sind.

Um Licht zu reduzieren, braucht es aber regionale Konzepte, denn natürlich müssen wir uns trotzdem zu jeder Zeit draußen sicher fühlen können. Das kann allerdings funktionieren, indem gleichmäßig und vor allem effektiv, aber dennoch relativ wenig beleuchtet wird. Denn dann kann Licht ohne negative Auswirkungen reduziert werden. Und davon profitieren wir am Ende alle.

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