Über Weihnachten fahren viele Menschen nach Hause und müssen sich mit schlechtem Netz herumplagen - also warum nutzen wir die besinnliche Zeit nicht mal aktiv, um Digital Detox zu betreiben?
"Kein Netz" oder Digital Detox
Heiligabend rückt immer näher. Viele von uns kaufen noch die letzten Geschenke, fangen schon an die Koffer zu packen und bereiten uns seelisch darauf vor nach Hause zu kommen.Nach Hause - in ganz vielen Fällen heißt das neben Treffen mit alten Schulfreunden, dem Vollfressen mit der Familie beim Festessen und besinnlicher Weihnachtsstimmung vor allem eines: kein Netz.
Klar kann es nerven total abgeschieden von der Welt zu sein, nichts mitzubekommen und sich im schlimmsten Fall zwischen den konservativen Verwandten und Personen aus einem früheren Leben allein zu fühlen, doch das fehlende Netz oder der Wunsch, weniger Zeit am Handy zu verbringen können dir auch deine persönliche Digital Detox Kur geben.
Guter Vorsatz
Unsere Moderatorin Gloria versucht diesem Social Media-Fasten Hype auf die Spur zu gehen und über die Feiertage weder Instagram, noch Facebook oder Twitter zu verwenden, um mehr Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen und um zu sehen, für was die neu gewonnene Zeit sonst so verwendet wird.Mit dem Wunsch nach mehr Offline-Aktivitäten ist sie nicht allein: Jeder zweite Deutsche zwischen 14 und 29 Jahren hat sich für das Jahr 2019 vorgenommen, nicht mehr so oft auf das Handydisplay zu starren, wie eine Umfrage der Krankenkasse DAK-Gesundheit bekannt gab.
Produktiver und glücklicher werden
Wenn man daran gewöhnt ist im Minutentakt auf das Handy zu schauen und jede halbe Stunde mal checkt, was auf Instagram los ist, kann die Umstellung insbesondere am Anfang schwer sein. Apps wie "Forest" können bei der Detox Kur helfen: Je länger man abstinent bleibt, desto größer wird dein virtueller Baum und desto mehr Ingame-Münzen erhältst du. Auf spielerische Art hilft die App dabei weniger am Handy zu sein und auch wenn die Ziele sich im ersten Moment nicht erstrebenswert anhören, irgendwie will man dann doch, dass das Waldstück weiterwächst. Mit der Premiumversion werden sogar echte Bäume gepflanzt.Schon auf der ersten Seite er Einleitung heißt es "Pflanze einen Baum, wo immer du dich auf deine Arbeit konzentrieren möchtest". Natürlich ist das Mobiltelefon ein super Hilfsmittel zur Prokrastination und die App kann uns einen produktiveren Arbeitsablauf ermöglichen, aber beim Digital Detox geht es um mehr – der Verzicht macht auch glücklicher.
Das Junkfood des Internets
2013 stellten Forscher der der Technischen Universität Darmstadt und der Humboldt-Universität Berlin 600 Facebook Nutzern die Frage, wie sich fühlen, nachdem sie die fröhlichen Bilder und Posts ihrer Freunde auf Facebook gesehen haben. Ein Drittel der Befragten gab an sich nach dem Durchscrollen des Feeds frustriert, unzufrieden, einsam, traurig und neidisch zu fühlen."Fear of missing out", kurz Fomo, nennt sich dieses Phänomen, bei dem man ständig das Gefühl hat etwas zu verpassen oder sein Leben nicht so auszuleben, wie die anderen oder wie es von einem erwartet wird. Durch den Vergleich mit anderen bleiben die eigenen Interessen und Wünsche schnell auf der Strecke. Der emotionale Konsum wirkt sich auf uns ähnlich wie Junk Food aus:
"Lebensmittel-Wissenschaftler ermitteln präzise, wie viel Salz, Zucker, Fett und Glutamine in die Knapper-Snacks gehören, damit man ununterbrochen weiter isst. Eigentlich hat man keinen Hunger. Du brauchst kein Junkfood, es gibt dir nichts, aber du isst weiter diese leeren Kalorien. Social Media ist oft die digital-soziale Entsprechung zum Junkfood und macht in gleicher Weise süchtig. Auch wer digital nur in sich hineinstopft, fühlt sich hinterher dennoch kaputt, hohl, geschwächt.", so Dr. Carlheinrich Heiland
Immer mehr Social Media Disorder-Erkrankungen
Eine weitere Studie der DAK ergab, dass bei 2,6 Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland eine Abhängigkeit von Social Media zu erkennen war. Wer früh an der Sucht leidet, hat auch erhöhtes Risiko später an Depressionen zu erkranken - jeder dritte Social Media Disorder-Betroffene leidet bereits daran.Aber ab wann gilt man eigentlich als süchtig?
Die ersten Hinweise können zum Beispiel sein, dass man die Geräte mit ins Bett oder auf die Toilette nimmt. Nachts wird das Handy nicht ausgeschaltet und obwohl man müde ist und eigentlich schlafen wollte, scrollt man doch noch ein wenig auf Facebook und Instagram herum. In Gesprächen fällt es schwer dem Gegenüber zu folgen, weil man immer vom Handy abgelenkt wird und allgemein ist es schwerer sich zu konzentrieren (übrigens: kiffen senkt die Leistungsfähigkeit um ca. 5 Prozent - zu viel Smartphone Konsum um 10 Prozent).Bekannte Anzeichen sind zudem die ständige Angst, das Handy vergessen zu haben und der sogenannte Handy-Phantomschmerz, also das ständige Gefühl zu haben, dass der Bildschirm hell wird und man die Vibration in der Hosentasche spüren würde. Mehr Anzeichen kannst du hier nachlesen.
Komplette Abstinenz ist nicht die Lösung
Bei anderen Suchtmitteln wie Alkohol oder Drogen ist das Ziel einer Therapie, der komplette Verzicht der Droge. Bei Social Media ist dies jedoch nicht möglich: Weder im privatem, noch beruflichem Leben ist der Gebrauch des Internets wegzudenken, daher ist ein verantwortungsbewusster Umgang das A und O.Der zeitlich begrenzte Verzicht in Form von Social Media-Fasten kann uns auf jeden Fall dabei helfen, bewusster mit dem Handy umzugehen und uns die Zeit offline wieder mehr wertzuschätzen.
Wenn man bedenkt, dass jeder vierte Deutsche lieber auf die Heizung verzichten würde, als auf das W-Lan, sollte schnell klar werden, wie abhänging wir mittlerweile eigentlich sind und dass eine Runde Social Media-Fasten vermutlich jedem von uns nicht schaden würde.
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