Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik

Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik

Woran die egoFM Musiker*innen glauben

Von  Kristina Paulini
Übers Christentum, den Islam, Julien Baker und The Power of Music - wir stellen dir fünf unterschiedlich gläubige Musiker*innen vor.

Die heilige Allianz von Musik und Glauben

Wer hätte gedacht, dass man über Glaubensfragen mehr als nur bei einem Glas Wein grübeln könnte? Musiker*innen wie Julien Baker und Cat Stevens haben es geschafft, ihre spirituellen Krisen in Songs zu verwandeln, die nicht nur für die Kirche taugen. Ob psychedelische Trips mit Jon Hopkins oder das Katharsis-Drama bei Tori Amos – hier erfährst du, wie Künstler*innen ihren Glauben in Musik verwandeln, die dir bestimmt den ein oder anderen Aha-Momente beschert. Bereit für ein bisschen Seelen-Striptease im Takt?
  • Julien Bakers Glaube an das Christentum
    Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik
  • Cat Stevens Glaube an den Islam
    Spirituelle Künstler*innen und ihre Musik
  • Jon Hopkins Glaube an die Musik
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Julien Bakers Glaube ans Christentum

Bartlett im US-Bundesstaat Tennessee - 15 Meilen nordöstlich von Memphis. Die Stadt wirkt altbacken, doch auch friedvoll. Hier ist die Welt noch in Ordnung, könnte man denken, wenn man die hübschen kleinen Läden sieht, die vielen Grünflächen, das Wetter ist sowieso immer bombe, ah ja und Homosexualität kann dort geheilt werden.… Ähm wie? Ja, Bartlett befindet sich leider im erzkonservativen Süden der USA - dort wo es immer noch sehr weit verbreitet ist, Homosexualität als Krankheit anzusehen. In diesem Ort, Bartlett, wurde die Musikerin Julien Baker in eine streng religiöse Familie hineingeboren. Nicht unbedingt das beste Setting, um sich mit 17 Jahren als homosexuell zu outen. Doch anders als bei Freund*innen von Julien, wurde sie von ihren Eltern weder in ein "Heilungscamp" gebracht, noch dazu gezwungen, ihre Sexualität zu verstecken.

Religiös ist die inzwischen 26-jährige Julien auch trotzdem noch. Hat Religion für sich selbst nur anderes definiert - anders wie sie jahrelang erzogen wurde. An Gott glauben? Ja. An die Hölle? Nein, und schon gar nicht, dass man dort landet, weil man homosexuell ist. Ein faszinierender Glaubensweg, der sicherlich alles andere als leicht war und auch immer wieder in ihrer großartigen Musik aufgegriffen wird. Und eins ist sowie so klar: sollte es einen Gott geben, wäre dieser genauso ein Fan von Julien Baker wie wir. 



Cat Stevens' Glaube an den Islam

Bei einem schicksalhaften Erlebnis zu Gott finden: von diesem Phänomen hat man schon ein paar mal gehört, aber so wirklich begreifen kann man das wahrscheinlich nur, wenn man es selbst erlebt hat. Danach folgen oft radikale Veränderungen in dem Leben der neuen Gläubigen. Paradebeispiel: Cat Stevens – beziehungsweise Yusuf Islam. Oder nur Yusuf – oder Cat Stevens / („Slash“) Yusuf Islam. Ok, wir sind verwirrt, aber zu unserer Verteidigung: es ist nicht einfach, wenn ein weltbekannter Künstler von heute auf morgen seinen Namen ändert. Aber von vorn...

Cat Stevens war bereits ein Superstar, als er durch eine schwere Tuberkulose-Erkrankung 1968 für Monate ans Bett gefesselt war. Eine Zeit in der er nicht nur dutzende Songs komponierte, sondern sich auch mit Religion auseinandersetzte. Ein Badeausflug bei dem er fast ertrank, war das Zünglein an der Waage, das ihn dazu brachte, zum Islam zu konvertieren und sich von nun an Yusuf Islam zu nennen. Musik gab es erstmal auch nicht mehr, die Gitarre, ein westliches Instrument, lehnte er ab. Doch Mitte der 90er startete er einen Neuanfang mit arabischen Liedern. Mit eher geringer Erfolgsquote.

Heute hat er für sich entschieden, dass es doch wieder ok ist, seine Gitarre in die Hand zu nehmen und seine alten Songs zu spielen. Auch mit seinem Namen ist er nicht mehr ganz so streng. Cat Stevens oder Yusuf Islam – Hauptsache gute Musik.



Jon Hopkins Glaube an die Musik

Hast du schon mal etwas von einer Ketamin-Therapie gehört? Nein, das ist weder ein Codewort für ein Wochenende ohne Schlaf im Berghain noch ein Entzug nach demselbigen Erlebnis. Aber erstmal eine Begriffserklärung für alle, die nur Bahnhof Zoo verstehen: Ketamin oder auch kurz Keta ist ein Narkose- und Schmerzmittel, welches unter anderem in der Notfall- und Tiermedizin zur Anwendung kommt. In der Partyszene ist es beliebt, weil es in niedriger Dosierung zu Halluzinationen führen kann – aber Vorsicht: Zwischen krassem Trip und Lebensgefahr liegen nur wenige Milligramm. Was jedoch wenige wissen: Ketamin hat sich sehr vielversprechend erwiesen, um die Häufigkeit schwerer depressiver Episoden bei Personen mit psychischen Erkrankungen zu verringern und die Selbstmordgefahr einzudämmen. Alles unter ärztlicher Betreuung, versteht sich.

Schon seit Jahrtausenden werden in den verschiedensten Kulturen Pflanzen mit psychotropen Wirkstoffen in rituellen religiösen Zeremonien verwendet oder als spiritueller Wegweiser benutzt. Ganz wichtig dabei: das richtige Setting. Unter anderem auch die richtige Musik.
Der Musiker Jon Hopkins will diese religiösen Zeremonien in den heutigen Zeitgeist bringen und produzierte 2021 kurzerhand ein Album. Music for Psychedelic Therapy: eine Platte, die genauso lang gehen soll wie ein Ketamin-Trip. Und dabei handelt es sich eben nicht um psychedelische Musik, die einfach nur super trippy klingt, sondern Musik, die wirklich helfen soll, den Geist auf eine ganz bestimmte Weise zu erforschen. Und wir kommen von dem Gedanken nicht los, was passieren würde, wenn man das im Berghain auflegen würde...



Sufjan Stevens trennt Glaube und öffentliches Leben

Sufjan Stevens ist bekannt für seine tiefgründigen, oft spirituellen Texte, die sich intensiv mit Fragen des Glaubens und der menschlichen Existenz auseinandersetzen. In seinem Album Carrie & Lowell verarbeitet er den Tod seiner Mutter und die damit verbundenen Trauerprozesse. Dabei stößt man immer wieder auf religiöse Motive und Anspielungen, die seine christliche Prägung widerspiegeln.

Sufjan schafft es, das Heilige und das Profane miteinander zu verweben und dabei eine einzigartige musikalische Meditation über Leben, Tod und das Jenseits zu kreieren. Über seinen Glauben spricht er allerdings nicht in Interviews, das Thema ist für ihn eher privat.



Tori Amos findet Jesus unterm Baum

Tori Amos' Reise in die spirituelle Welt begann mit einer tiefen Auseinandersetzung mit ihrer Beziehung zu Religion und Gott, die in ihrer Kindheit durch strenge protestantische Lehren geprägt war. Aufgewachsen als Tochter eines methodistischen Pfarrers, sind religiöse Motive und die Auseinandersetzung mit Glaubensfragen ein integraler Bestandteil ihrer Musik. In ihren frühen Jahren empfand sie diesen Gott als autoritär und unterdrückend, was sie schließlich dazu brachte, ihre eigenen spirituellen Wege zu erkunden.

Nachdem sie nach Los Angeles gezogen war, begann sie, verschiedene spirituelle Praktiken und Naturverbundenheit zu entdecken, besonders in Joshua Tree und Taos, New Mexico. Diese Orte wurden zu spirituellen Zufluchtsorten für Amos, wo sie ihre Perspektive auf Religion und Gott neu formte. Besonders während der Arbeit an ihrem Album Under the Pink entschied sie sich, die Heuchelei der Religion zu hinterfragen, in der sie aufgewachsen war und fand stattdessen ihre eigene Verbindung zur Spiritualität in der Natur. Wie sie es ausdrückte:

"I didn't find Jesus in the church, I found Jesus under a tree." - Tori Amos gegenüber Entertainment Weekly

Diese persönliche und spirituelle Erneuerung spiegelt sich in vielen ihrer Songs wider, in denen sie Themen wie Glauben, Natur und Selbstfindung miteinander verwebt.

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