Über Queerness, gendergerechte Sprache und Benachteiligung

Über Queerness, gendergerechte Sprache und Benachteiligung

Muriel Aichberger im Interview

Von  Max Frohberg
Wann ist ein Mann ein Mann? Oder eine Frau eine Frau? Unser Gast Muriel Aichberger stellt im Rahmen seiner Männlichkeits - und non-binären Geschlechterforschung ebendiese Fragen.


In Muriels Vorträgen versucht they für die Themen Sexualität, Gender und den offenen, toleranten Umgang damit zu sensibilisieren und aufzuklären.

  • Muriel Aichberger im Interview
    Über Queerness, gendergerechte Sprache und Benachteiligung


"Sei ein Mann "

Was macht ihn denn nun aus, einen Mann? Oder Männlichkeit im Allgemeinen? Gesellschaftlich gibt es da laut Muriel ganz klare Charakterisierungen von Männern, die sich laut einer amerikanischen Studie in vier Eigenschaften zusammenfassen lassen:

  1. Nichts Effeminiertes. Alles was als feminin wahrgenommen werden kann, ist tabu. 
  2. Sei wichtig. Hab einen großen Geldbeutel, fahr ein dickes Auto. 
  3. Sei verlässlich. Vermittle ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität. 
  4. Leb am Limit. Wenn der Arm noch nicht ab ist, dann geh nicht zum Arzt, verausgabe dich. 

"Das sind so die Rezepte, die wir in einer ganz klassischen, in der Wissenschaft hegemonial genannten Männlichkeit haben." - Muriel Aichberger 

Muriel outete sich im Alter von 16 Jahren, brauchte aber deutlich länger, um deren eigenes Geschlecht final zu definieren. Grund dafür war unter anderem der Mangel an passenden Begrifflichkeiten, da they sich in den bestehenden Geschlechtsidentitäten nicht wiederfand. 
"Wenn wir uns Gender anschauen, dann ist es ja so, dass wir alle eins bekommen, und zwar bei der Geburt. Es ist so, dass es da drei Einordnungen gibt, männlich, weiblich und passt zu keinem der beiden. Worüber wir dabei reden, ist aber immer nur die Ausstattung der Leute zwischen den Beinen. Jetzt kommen wir aber später an einen Punkt, wo wir merken, eventuell funktioniert das für mich nicht. In meinem ganz persönlichen Fall war das so, dass ich nicht drüber nachdenken konnte, was genau für mich nicht passt, ich habe es nur so gespürt, es gab aber keine Begriffe dafür." - Muriel Aichberger
 
Es geht also nicht darum, die bestehenden Geschlechtsbezeichnungen aufzulösen, sondern viel mehr neue Begriffe für diejenigen zu schaffen, die sich in diesen nicht wiederfinden und weitersuchen. Gegenüber der vorherigen Generation, in der sich gerade einmal ein Prozent der Menschen als queer outeten, stieg diese Zahl mittlerweile auf vier Prozent an, was unter anderem daran liegt, dass es vielfältigere Begriffe gibt, in denen man sich wiederfinden kann. 

Dazu gehört auch die Sprache, mit der wir miteinander kommunizieren

Neben Gendersternchen gibt es eigene geschlechtsspezifische Artikel und Pronomen, die in unserer Sprache eingesetzt werden, jedoch ebenso den gesellschaftlichen Einschränkungen unterliegen. Im Englischen wird einem die non-binäre Ansprache durch das Verwenden von "They/Them" relativ einfach gemacht, Muriel bietet jedoch auch für das Deutsche eine einfache Lösung. 
 
"Ich habe mich dazu entschieden "they/them" auch im Deutschen verwendbar zu machen. Das heißt, ich verwende einfach ein Singular "They", also anstatt zu sagen 'Muriel geht in die Arbeit' sagt man einfach 'They geht in die Arbeit'. Wenn du einen Artikel verwenden möchtest, also der/die/das, verwendest du einfach ein 'dey' also einfach mit d vorne dran. Ich erwarte aber nicht, und ich kenne auch niemanden, der das tut, dass die Leute das von vornherein einfach können und fehlerfrei beherrschen." - Muriel Aichberger 
 
Es gehört also auch etwas Eigeninitiative mit dazu, seine Sprache so offen und inklusiv wie möglich zu gestalten. Es ist jedoch vor allem wichtig zu begreifen, warum wir Gendersternchen setzen und Non-binäre Sprache zu verwenden. Der rücksichtsvolle Umgang miteinander hat sowohl mit dem respektvollen körperlichen wie auch mit dem respektvollen sprachlichen Umgang zu tun.

Queere Persönlichkeiten kämpfen seit Jahren gegen Ausgrenzung und Benachteiligung an.


Gewalttätige Übergriffe und soziale Abneigung sind dabei genauso präsent wie die gesellschaftliche Ablehnung. Dabei sind Beschimpfungen und Anfeindungen nicht alles.
"Queere Menschen haben Gewalt gegen Queers so gelernt, das sie sich auch gegen sich selbst richtet. Viele haben nie gelernt sich selber wertzuschätzen." - Muriel Aichberger 

Und auch politisch passiert noch zu wenig. Nicht zuletzt wurde im Bundestag ein Gesetzentwurf der Grünen und FDP abgelehnt, dass die Lebensumstände der LGBTQ+ Community durchweg verbessert hätte. 
"Don't just talk the talk but walk the walk. Man kann ein Privileg nicht verstehen, wenn man es besitzt. Also bindet uns in die Entscheidungsfindung mit ein." - Muriel Aichberger
 
Dazu bedarf es vor allem Empathie. Sich in die Situation anderer hineinzufühlen und dessen Probleme ernst zu nehmen.




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