Was im Dannenröder Forst passiert

Was im Dannenröder Forst passiert

Von friedlichen Protesten bis zu Polizweigwalt

Aus einem fast 300 Jahre alten, nachhaltig bewirtschaftetem Dauer-Mischwald wird jetzt die Autobahn A49.

Für grauen, tristen Teer zwischen Kassel und Gießen soweit das Auge reicht, müssen jetzt Bäume herhalten, die seit 300 Jahren das Klima in Deutschland regeln. Das mitten in einer Klimakrise, in der die Verkehrswende nötiger denn je ist. Ist das verhältnismäßig? Die neue A49, die wohlgemerkt unter einer Schwarz-Grünen-Regierung beschlossen wurde, soll die umliegenden Bundesstraßen und somit auch Anwohner*innen entlasten. Hunderte Aktivist*innen stellen sich gegen den Ausbau der Autobahn um das Klima und die Umwelt zu schützen. 

Einzige Möglichkeit: Protest

Der bürokratische Weg hat leider nicht gereicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat bereits zweimal Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Ergebnis: Zweimal abgelehnt. Wenn es über den bürokratischen Weg nicht geht, so sehen die Aktivist*innen den einzigen Weg in Protesten. Seit letztem Jahr besetzen sie den Forst, bauen Barrikaden, wohnen seit teilweise mehr als einem Jahr in selbstgebauten Baumhäusern und gründen Kollektive wie "Wald statt Asphalt".

Seit dem 10. November diesen Jahres gehen die Rodungsarbeiten richtig los und neben den Aktivist*innen ist jetzt auch die Polizei rund um die Uhr im Dannenröder Forst. Die Aufgabe: Die Rodung von 27 Hektar nahrhaften und gesunden Wald zu ermöglichen. Heißt im Umkehrschluss: Die Protestaktionen aufzulösen und die Aktivist*innen von den Bäumen zu holen. Der Großteil der Umweltschützer*innen ist im Danni um friedlich und in Gemeinschaft gegen den Autobahnausbau zu demonstrieren. Dennoch kam es bei Aktionen schon zu harten Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Zwischenfälle im Danni

Bilanz bisher: zwei Stürze, hunderte Verletzte, eine davon lebensgefährlich, hunderte Anzeigen, Elektroshocker-Einsatz


Um den Rodungsprozess zu stoppen beziehungsweise zu verlangsamen werden die Waldbesetzer*innen immer kreativer. Zusammengeklebte Hände, einbetonierte Personen oder sichern an Seilen, die nicht durchtrennt werden dürfen, gibt es alles im Danni. Die Polizei muss aber eben auch solche Aktionen unterbinden und auflösen, dabei ist es schon zu Verletzungen gekommen. Am 15. November ist eine Aktivistin aus fünf Metern zu Boden gefallen, weil die Polizei ein Seil durchtrennt hatte an dem sie gesichert war. Ermittlungen laufen gegen den Polizeibeamten. Es blieb nicht bei dem einen Vorfall. 

Am 21. November setzte die hessische Polizei zum ersten Mal Taser in 20 Meter Höhe ein. Zwei Personen hätten sich auf der Höhenplattform so stark umarmt, dass die Kletterpolizist*innen sie nicht anders hätten lösen können, erklärte das Social-Media-Team der Polizei. Die Elektroschocker verursachen eine schmerzhafte Muskelkontraktion im ganzen Körper und können etwa bei Herzfehlern oder unter Drogeneinfluss tödlich wirken. In der gleichen Woche kam es ebenfalls zu einem erneuten Absturz und auch im Internet kursieren Videos, wie die Polizei scheinbar unbegründete Gewalt gegenüber den Demonstrant*innen ausübt.

Hier ein paar der unzähligen Twittervideos:




Gewalt selbst an Advent

Auch diesen Sonntag kam es zu weiteren Vorfällen, dabei denkt man zumindest am ersten Advent geht es vielleiht ruhig zu, die Weihnachtszeit steht vor der Tür und alle haben sich gern. Dennoch: Die Polizei rückte mit Hundertschaften ausgerüstet mit Pfefferspray und Wasserwerfen tief in den Forst hinein. Am Adventssonntag versammelten sich 400 Aktivist*innen um weiter gegen die Rodung zu demonstrieren. Die Polizei setzte Pfefferspray und Wasserwerfer ein um die Flächen, die in den nächsten Tagen gerodet werden, von Aktivist*innen frei zu schaffen.


Sicht der Polizei

Die Videos zeigen immer nur wenige Sekunden eines kompletten Einsatztages und natürlich filmen die Aktivist*innen nicht die Aktionen, wo alles friedlich ist sonders die hitzigen, gewaltigen Aktionen. Dadurch wird ein gewisses Bild von der Arbeit der Polizei erzeugt - ein eher subjektives. Im Großen und Ganzen machen die Polizist*innen vorrangig ihren Job. Ihr Job ist in diesem Fall eben Aktivist*innen mit allen Mitteln aus dem Wald zu entfernen. Auch wenn viele gegen den Autobahnausbau sind, müssen sie den Dannenröder Forst für die Rodung räumen - so die Ansage des Staates. Um für mehr Transparenz zu sorgen veröffentlicht die Polizei Mittelhessen regelmäßig Pressemitteilungen und gibt Statements zu Vorfällen via Twitter ab.

Jede Räumungsarbeit wird erklärt, teilweise sogar mit Bildmaterial:



Dennoch steht fest: Es kam schon zur Polizeigewalt im Dannenröder Forst. Dazu hat die Polizei aber auch schon alle nötigen Schritte eingeleitet um die Ermittlungen gegen diese Polizist*innen zu starten. In jeder Berufsgruppe gibt es leider Leute, die sich nicht immer richtig verhalten. Meistens ist das nur ein winziger Prozentteil, der dann die Medien und die Bevölkerung in Aufruhr versetzt - so auch bei der Polizei.




Zwei Drittel der zu rodenden Fläche ist schon abgeholzt.
Es fehlen noch circa 800 bis 900 Meter. Mit viel Gewalt war die Rodung möglich. Da stellt sich die Frage: So viel Gewalt für eine Teerstraße, die die Umwelt und das Grundwasser verseucht, ist das verhältnismäßig?

Die Politik sollte die Rodung zunächst stoppen, um beiden Seiten einen Raum zur Diskussion zu geben. Mehr Zeit heißt mehr Ruhe und so könnten sich die Gewaltakte sicher stark verringern. Erzähl uns deine Meinung an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!oder per WhatsApp: 089 / 360 550 460.

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