Ein Interview über Werte

Ein Interview über Werte

Philosoph Prof. Dr. Sommer im Interview

Was sind Werte, gibt es die überhaupt und sowieso: Was schätzen wir wert?

Um das Thema Werte besser greifen zu können, haben wir uns an einen Experten gewandt: 2016 veröffentlichte der Philosoph Prof. Dr. Andreas Urs Sommer sein Buch Werte. Warum man sie braucht, obwohl es sie nicht gibt.

Im Interview hat er uns erzählt, was Werte sind und ob wir wirklich mit einem Werteverfall zu kämpfen haben.

  • Philosoph Prof. Dr. Sommer über Werte
    Das Interview zum Nachhören

Werte sind dafür da, um sich in der Realität zurecht zu finden


 "Werte sind etwas, was sich Menschen ausdenken […] um damit die Art und Weise, wie sie mit anderen Leben wollen - aber auch wie sie sich selber verstehen wollen - in Begriff zu bringen." - Andreas Urs Sommer

Gesetze und Werte stimmen nicht zwangsläufig überein, stehen aber natürlich in einer Wechselbeziehung.
 Zudem haben Werte nicht dieselbe zwingende Kraft, wie sie unsere Gesetze haben.

Gesellschaften befinden sich immer im Austausch darüber, welche Werte gelten sollen. Unsere Werte stehen nämlich auf keinen Fall fest, sondern sind ständig im Fluss. 


"Wogegen ich mich wehre ist die Vorstellung, dass Werte etwas felsenfestes sind, etwas was wir nur vorfinden müssen, um es dann 1:1 übertragen zu können." - Andreas Urs Sommer 

Die Art und Weise, wie wir leben, ändert sich ständig und damit wandeln sich auch unsere Werteprioritäten. Logisch: Mit 13 sind uns andere Werte wichtig, als mit 25 oder mit 58.

Gesellschaften sind Wertewandeln unterworfen

Nicht nur persönlich, auch kulturell verändern sich Werte. Nach dem Krieg waren vor allem ökonomische Werte wichtig und im Moment liegt ein großer Fokus auf ökologischen Werten.
Dass wir uns in einer Zeit des Werteverfalls befinden sollen, sieht Prof. Dr. Sommer aber nicht so. Vielmehr leben wir in einer Gesellschaft, die immer wieder neu bestimmen muss, was wichtig ist.

Den obersten Wert gibt es nicht

Werte stehen nicht direkt für sich selbst, sondern beziehen sich immer auf konkrete Situationen. Wir bewerten also Lebenssituationen und geben dann bestimmten Werten den Vorzug.

"Das entscheidende ist die Pluralität der Werte; dass Werte immer in der Mehrzahl auftauchen. Es gibt nicht den einen, obersten Wert, sondern immer wieder einen Widerstreit von Werten […] weil wir Situationen auch immer ganz unterschiedlich beurteilen." - Andreas Urs Sommer 

Deswegen sollten wir Menschen, die sich andere Werteprioritäten setzen, nicht verurteilen.

Andreas Urs Sommer betont, immer erstmal zu hinterfragen, warum jemand nach bestimmten Werte lebt. Jeder hat andere Voraussetzungen und kommt deshalb auch zu anderen Schlüssen.

Die Entscheidung darüber, was wertvoll ist, kann übrigens auch momenthaft sein. Klar: Der erste Schnee im Winter hat vielleicht einen viel höheren Wert, als der zehnte Schneefall während eines langanhaltenden Winters.

"Das Wertvolle kann auch im Kleinen, im Flüchtigen, im scheinbar Alltäglichen liegen." - Andreas Urs Sommer

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