Wenn Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden

Wenn Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden

Dr. Bernhard Kühnl im Interview bei egoFM Sebastian

Verantwortung für die Jüngsten in unserer Gesellschaft übernehmen meist die Eltern. Wenn diese aber überfordert oder bereits verstorben sind, kommen das Jugendamt und die Erziehungsberatung ins Spiel.

Alles für den Kinderschutz

Im Interview hat egoFM Sebastian mit Dr. Bernhard Kühnl gesprochen, der Psychotherapeut und Leiter der städtischen Erziehungsberatungsstelle für Eltern und Kinder in München ist. Er erklärt uns, wie man in Fällen vorgeht, in denen Eltern der Verantwortung gegenüber ihren Kindern nicht gerecht werden.
  • Wenn Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden
    Dr. Bernhard Kühnl im Interview bei egoFM Sebastian


Das macht die Erziehungsberatung

Die Erziehungsberatung ist eine Einrichtung für Eltern, Kinder und Jugendliche, die für alle Fragen der Erziehung und Beziehung zuständig ist. Die eine Hälfte der Anliegen dreht sich um Trennungen und Scheidungen, die andere um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die sich bei Problemen auch selbst dort melden können.

Wenn die Eltern sich trennen

Trennungen sind für Eltern eine Herausforderung, doch auch für Kinder ändert sich die gesamte Lebenssituation. Um ihnen dabei Sicherheit zu geben, rät Dr. Bernhard Kühnl Eltern zur Zusammenarbeit.
 
"Wenn die so ein Gespür dafür kriegen, meine Eltern arbeiten als Eltern noch zusammen und bekriegen sich nicht immer, während sie sich als Paar getrennt haben, dann können sie viel besser durch die Trennung und Scheidung gehen." – Dr. Bernhard Kühnl
 

Die Entscheidung zwischen beiden Eltern

Allerdings müssen sich die Kinder in den meisten Fällen entscheiden, bei welchem Elternteil sie wohnen möchten. Im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens werden die Kinder selbst gefragt, was ihre Präferenzen sind und bei einem Streit um den Umgang auch vom Jugendamt. Dr. Bernhard Kühnl rät davon ab, dass Eltern ihre Kinder selbst fragen, da diese oft nur das sagen, was der Elternteil hören will.
 
Eltern können bei einem Streit um das Sorgerecht einen Antrag an das Familiengericht stellen. Dieses trifft dann eine Entscheidung oder schickt die Eltern in eine Erziehungsberatungsstelle, damit sie dort eigenverantwortlich eine Lösung erarbeiten können, die häufig praktikabler für alle Parteien ist, als wenn das Familiengericht das von außen entscheidet.
 

Das Wohl eines Kindes ist gefährdet

Das Jugendamt schaltet sich von selbst ein, wenn es eine Meldung über Kindeswohlgefährdung zum Beispiel von einer Klinik, der Polizei, Staatsanwaltschaft, dem Familiengericht oder Nachbar*innen erhält. Kindeswohlgefährdungen können psychische und physische Misshandlung sein, aber auch Vernachlässigungen zählen dazu. Diese Gefährdung muss das Jugendamt dann prüfen und eine Inaugenscheinnahme durchführen. Das heißt, sie müssen sich in einem Gespräch Kenntnis über die Verfassung des Kindes verschaffen, machen Hausbesuche oder befragen die Schule – immer im Vier-Augen-Prinzip.
 

Immer mehr Inobhutnahmen

Seit zehn bis zwölf Jahren steigt die Zahl der Inobhutnahmen beständig an. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe, einer ist ganz banal: Man schaut genauer hin.
 
"Dieser ganze Bereich des Kinderschutzes, den wir in unserer Gesellschaft aufgebaut haben, geht ja zurück auf Fälle, die man nicht erkannt hat beziehungsweise die man glaubt erkannt zu haben, wo die Kinder dann zum Teil sogar tragischerweise zu Tode gekommen sind. Mit diesen Umständen hat man den ganzen Bereich des Kinderschutzes aufgebaut, hat den auch gesetzlich verankert. Das führt aber auch dazu, dass es Einzelfälle gibt, wo man vielleicht aus Vorsicht heraus vorschnell in Obhut nimmt, aber genauso viele Fälle, wo man genau richtig in Obhut nimmt." – Dr. Bernhard Kühnl
 

Wie geht das Jugendamt vor?

Wenn das Jugendamt dann tatsächlich festgestellt hat, dass die Eltern der Verantwortung gegenüber ihrem Kind nicht gerecht werden, prüft es zunächst, ob es innerhalb der Verwandtschaft Möglichkeiten gibt, das Kind aufzunehmen. Falls nicht, sieht man sich nach Pflegestellen oder einer stationären Einrichtung um, erklärt Dr. Bernhard Kühnl. Er weist aber darauf hin, dass die Inobhutnahme nicht für immer ist. Denn sie bedeutet nicht, dass man bis zu seinem 18. Lebensjahr in einem Heim leben muss, sondern man prüft immer wieder, ob und wie die Kinder zu den leiblichen Eltern zurückkommen können.

 

Der Anwalt ist zu teuer

Oft ist es in familienrechtlichen Angelegenheiten hilfreich, von einem Rechtsanwalt beraten zu werden. Wenn man dafür kein Geld hat, kann man sich an eine Rechtsantragsstelle wenden und bekommt dort eine Beratung bei einem Anwalt oder die Möglichkeit, sich einen zu suchen. In einem Amtsgericht wird dann das Anliegen und ob man Geld hat geprüft und man bekommt einen Beratungs- oder Anwaltsschein, mit dem man sich einen Anwalt suchen kann. Dr. Bernhard Kühnl versichert allerdings, dass jede Inobhutnahme gegen den Willen eines Elternteils innerhalb kürzester Zeit familienrechtlich überprüft wird.

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