Beach House: Once Twice Melody

Beach House: Once Twice Melody

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Mit ungewöhnlicher Releasestrategie liefern Beach House gewohnt grandios ab.

Es gibt doch immer wieder diese Momente, die uns den Boden unter den Füßen wegziehen.

Eine gute halbe Stunde nachdem ersten Synthieklang von Once Twice Melody verlässt Victoria Legrand die Welt der kryptischen Metaphern und wird plötzlich unerwartet deutlich.
 
"Fuck it", you said, "It's beginning to look like the end"

Plötzlich sind Traum und Realität exakt das Gleiche, die in "New Romance" besungene Beziehung am Ende und Beach House zeigen, dass sie trotz wohlig vertrautem Klang immer noch überraschen können.

Und komplett unüberraschend klingen Victoria und Alex auf ihrem achten Album wieder mal brillant.




Man fühlt mehr als man hört.

Beach House haben in ihrer gesamten Karriere nie den radikalen Umschwung gesucht. Trotzdem klingen sie auf Once Twice Melody fast komplett anders als zu den Zeiten von Teen Dream oder Devotion. Aus dem sanften Lo-Fi Klang ist eine regelrechte Wall of Sound geworden, die durch die Kopfhörer über uns hereinbricht. Vor allem "Only You Know" versinkt regelrecht in verzerrten Gitarren.

Angst zu Ertrinken muss man trotzdem nicht haben: Einerseits, weil Victorias Stimme wie üblich sphärisch über allem schwebt, zum anderen, weil jeder Song diesen einen wiedererkennbaren Kniff hat. Bei "New Romance" und "Hurts to Love" setzen sich die Refrainmelodien im Kopf fest, der schaurig verfremdete Glockensound von "Masquerade" bleibt im Ohr und "Over and Over" lässt ein simples Leitmotiv die kompletten sieben Minuten immer und immer wieder erklingen.

Auch wenn der Sound überfordern kann, bleibt also immer etwas hängen – ähnlich wie wenn man aus einem Traum aufwacht und sich an nichts Genaues mehr erinnern kann, aber trotzdem noch dieses Gefühl aus ihm mitnimmt.


 

Ein würdiges Finale

Wenn man Beach House als eine Dream Pop Band bezeichnet, ist das eh fast schon eine Untertreibung: Auch wenn Victoria und Alex das Genre nicht direkt erfunden hat, haben sie es so sehr geprägt und weitergedacht wie keine andere Band. Und für ihr achtes Album haben sie sich etwas Besonderes überlegt: Once Twice Melody teilt sich in vier Kapitel auf, die auch alle einzeln veröffentlicht wurden.

Und auch jetzt, wo man das Album eigentlich wie eine Streamingserie ohne Pause komplett durchsuchten kann, fällt diese Struktur auf.

Jedes Kapitel hängt in sich zusammen, hat seine eigene Struktur, seinen eigenen Beginn und sein eigenes Ende. Wer also keine Zeit hat, das mit anderthalb Stunden fast schon monströs lange Once Twice Melody in Gänze zu hören, kann sich einfach ein Kapitel herausnehmen, ohne dass das Hörerlebnis zerfasert.



Und doch entfacht Once Twice Melody in seiner Gänze noch eine ganz eigene Wucht.

Denn alles dreht sich bei Beach House um das endlose Drehen: Songs über Enden klingen nach Anfängen, bei jedem Aufbruch schwingt schon der Klang der Ankunft mit. Nach einem Song wie "Over and Over", der eigentlich so abschließend klingt wie nur irgendwie möglich, führt "Sunset" ganz sanft wieder in ein neues Kapitel. Und wenn Victoria über zerbrechende Beziehungen singt, klingt sie nicht bitter betrübt, sondern fast schon voller Vorfreude auf die nächste Reise.

Once Twice Melody erzählt Geschichten vom ewigen Kreislauf und zeigt, dass kein Ende endgültig ist und dass sich alles immer weiterdreht – und das ist genauso niederschmetternd wie irgendwie hoffnungsvoll.

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Tracklist: Beach House - Once Twice Melody


01 Once Twice Melody
02 Superstar
03 Pink Funeral
04 Through Me

05 Runaway
06 ESP
07 New Romance
08 Over and Over

09 Sunset
10 Only You Know
11 Another Go Around
12 Masquerade
13 Illusion of Forever

14 Finale
15 The Bells
16 Hurts to Love
17 Many Nights
18 Modern Love Stories


Once Twice Melody von Beach House wurde am 18. Februar 2022 bei Bella Union veröffentlicht.

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