Musikhören nicht als Nebenbeschäftigung, sondern Hauptgenuss - für dieses Vergnügen servieren wir das neue Album von Buntspecht.
Üppige Instrumentalisierung und Klangvielfalt
Buntspecht aus Wien bieten mehr als die übliche Indie-Pop-Band, die mit Gitarre, Schlagzeug, Bass und bestenfalls noch einem Synthesizer super auskommt. Hier sind reichlich verschiedene Instrumente zu hören: Lukas Klein singt und spielt dazu Gitarre und Klavier, Florentin Schleicher kümmert sich um Trompete und Melodica (wenn er die Lippen nicht an den Bläsern hat, singt er auch mal), Jakob Lang glänzt nicht nur als Background-Sänger, sondern spielt auch noch Kontrabass und E-Bass, das Cello hört auf Lukas Chytka, Saxophon und Flöte richten sich nach Roman Geßler und fürs Schlagzeug und sonstige erdenkliche Percussions ist Florian Röthel verantwortlich.So, nun kannst du dir in etwa vorstellen, in welchem Klangbild wir uns bei Buntspecht befinden: eine Mischung aus Bossa Nova und Wienerlied. Doch damit nicht genug, denn ein besonderes Instrument, das bei Buntspecht strahlt, ist: das Schräge.
Schöne Kunst ignoriert nicht das Hässliche - sie macht es zum Instrument.
Handwerk muss gelernt sein, keine Frage, aber es ist immer einfacher, nach Plan und Studien zu spielen, als mutig zu sein und diesen Pfad des pur Schönen zu verlassen und auch mal schräg und anders zu sein. Dies bekommen wir auch auf dem neuesten Album von Buntspecht anschaulich vorgeführt: Versöhnliche Melodien treffen auf Geächze und das Wilde und die Euphorie endet schneller im Elend, als du "T-R-A-G-Ö-D-I-E" buchstabieren kannst. Jedoch stets mit der kecken Botschaft, dass es doch gar nicht so schlimm ist, wenn mal alles arg schlimm ist. Immerhin kann jedes Schlamassel auch zum persönlichen Wachstum führen. Oder auch nicht, sowieso scheißegal eigentlich. Denn das Leben ist zum Fühlen da, was sowohl das öde Schöne als auch das schön Düstere beinhaltet.Würden die Dinge niemals brechen / Würden sie dich niemals treffen - Buntspecht in "Alles bricht (lächerlich)"
Buntspecht liefern dadurch stets den Soundtrack für jeden Kopfkinofilm, in dem man die regelmäßig in Mitleid ungnädige Hauptrolle spielt.
Auf eine Reise mit Buntspecht
Wie es sich für einen guten Soundtrack gehört, entführt uns An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte in verschiedene Welten. Sogar einen Abstecher ins Weltall, zum Mond um genau zu sein, machen wir mit "Intergalactic Mansion". Diverse Percussions, Synth-Sounds und Field-Recordings teleportieren uns straight in ein wahrscheinlich selbst zusammen gefrickeltes Raumschiff. Eines, in dem auch Schafe einen Platz haben, denn völlig klar: Allein im All wär's ein bisschen fad.Direkt in unseren Kopf hinein führt der schwer schwingende Song "Funny Faces", bei dem sich dann auch entschieden wird, das Deutsch in Englisch einzutauschen. Gefolgt vom treibenden "Mojo Risin", der genauso von jeder x-beliebigen Deutsch-Pop band stammen könnte, würde Sänger Lukas nicht auch hier mehr Wert auf Gefühle, als das Treffen harmonischer Noten legen. Der rote Faden auf dem Album: Kontraste und die Wechselhaftigkeit der Dinge.
In "Majorelika" findet das Album schließlich seinen epischen Höhepunkt. Der Song lädt ebenso zu ausladenden Armbewegungen ein, um Sound und die Schwere der Lyrics irgendwie auffangen zu können, sowie es die hörende Person in sanftem Synth- und Streicher-Sound einlullt und aus dem Abenteuer namens An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte zu verabschieden.
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