Chet Faker: Hotel Surrender

Chet Faker: Hotel Surrender

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Nick Murphy findet nach langer Selbstfindungsphase zurück in seine Komfortzone.


"Fake it ‘till you make it" ist wohl der älteste Ratschlag im Showgeschäft.

Vielleicht hat ihn sich Chet Faker zu sehr zu Herzen genommen. Nach der vielversprechenden Thinking In Textures EP und dem alle Versprechen einlösenden Built On Glass hätte sich Chet Faker eigentlich in Chet Made It umbenennen können. Tat er aber nicht, er ließ den Künstlernamen komplett ruhen, verwandelte sich zurück in Nick Murphy und brach mit den nächsten Alben seinen künstlerischen Horizont weit auf.

Aber jetzt ist Nick Murphy plötzlich wieder Chet Faker – für sein neues Album hat Nick kurzerhand sein totgeglaubtes Alter Ego wiederbelebt.

Klingt alles eher konfus und unnötig kompliziert, aber Hotel Surrender braucht nur ein paar wenige Töne – und alle Verwirrung ist vergessen.




Faker fka Murphy fka Faker

Rückblickend kann man Nick Murphys Nick Murphy-Jahre wohl als ausführliche Selbstfindungsphase sehen: Es hat schließlich auch nicht weniger als drei Jahre gedauert, bis er das erste Album unter richtigem Namen veröffentlichen konnte: Drei Jahre in denen er nach seiner musikalischen Identität gesucht hat – Bis er dann plötzlich gemerkt hat, dass er diese schon lang gefunden hatte. Denn nach der anstrengenden Tour floss die neue Musik nicht nur so aus ihm heraus, sie klang auch eindeutig nach seinem totgeglaubten Alter Ego.

Die Wiederbelebung war somit abgeschlossen: Hotel Surrender fühlt sich wie ein Sequel zu einem Kultklassiker an – und Built on Glass bekommt endlich den Nachfolger den es verdient.


Nach ein paar einleitenden Worten darf Chet Faker gleich wieder seine gesammelte Lässigkeit demonstrieren: Über wabernden Synthiebass, Streicherloop und ganz leicht stolperndes Schlagzeug hüllt er alle Zuhörenden mit seiner Kopfstimme in eine wohlige Nostalgie. "Oh Me Oh My" legt hiermit auch gleich die Grundstimmung für den Rest der Platte fest. Chet Faker liefert subtile Gute-Laune-Songs, die auch beim zehnten Durchlauf aufbauen, anstatt zu nerven. Und die Experimentierfreude aus den Nick Murphy-Tagen hat sich Chet bewahrt: Die Songs gehen trotz gleichem Grundvibe hörbar unterschiedliche Wege: "I Must Be Stupid" schleppt sich gedämpft in eine Sonnenuntergangspianoballade, "It's Not You" verzückt mit Saxophon und sanftem Gitarrenriff und "Get High" lässt Chet Faker in ganz neue Funk-Sphären aufsteigen.

Auch wenn der Albumtitel zwar erst nach Kapitulation klingt, darf das Aufgeben hier aber gerne positiv betrachtet werden. Es geht nicht ums Scheitern, es geht darum sich treiben zu lassen, im Flow zu bleiben und sich ausnahmsweise einfach mal keine Sorgen machen zu Müssen.




Tanzen gegen den Weltuntergang

Bei allen positiven Vibes steht aber doch ein eher gedämpfter Song im Mittelpunkt: "Whatever Tomorrow" klingt fast schon wie ein Klageruf, wie eine Absage an die Zukunft und ein Plädoyer für das Jetzt. Hier kommen die düsteren Umstände von Hotel Surrender zum Vorschein: Nick hat kurz nachdem er die gutgelaunten Songs geschrieben hatte seinen Vater verloren und musste alles in einem neuen Licht betrachten. Während er sich davor noch den Kopf zerbrochen hatte, ob seine Musik zu belanglos gut gelaunt aufgenommen wird, war ihm das jetzt egal:

Bei allem konstanten Chaos und Schmerz will er als Chet Faker einfach nur ein bisschen Freude zurück in die scheinbar trostlose Welt zurückbringen – und mit Hotel Surrender hat er genau das geschafft.

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Tracklist: Chet Faker - Hotel Surrender

01 Oh Me Oh My
02 Low
03 Get High
04 Whatever Tomorrow
05 It's Not You
06 Peace of Mind
07 Feel Good
08 I Must Be Stupid
09 So Long So Lonely
10 In Too Far

Hotel Surrender von Chet Faker wurde am 16. Juli 2021 via BMG veröffentlicht.





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