Eels: Earth to Dora

Eels: Earth to Dora

Der Lieblingstonträger der Woche

Platte Nummer 13 der Eels wirkt wie ein hoffnungsvoller Blick, zurück in die Normalität.


Bilder können schrecklich schnell Nostalgie auslösen.


Wer wünscht sich bei Urlaubsbildern nicht gedanklich schnell weg aus dem nasskalten November. Wer bekommt bei Fotos der letzten gemeinsamen Bartour nicht sofort Sehnsucht nach der Crew. Dass aber mal ein Foto von einem unmaskierten Mann im Supermarkt plötzlich sowas auslösen kann – Da ist dieses sehr besondere Jahr mal wieder dafür verantwortlich.

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Mit diesem Pressebild setzt Mark Oliver Everett, auch bekannt als E und Mastermind der Eels aber mit voller Breitseite die Sehnsucht nach dem Normalzustand frei.

Die wird zum Glück aber auch gleich zumindest ein bisschen gestillt – Denn die neue Eels Platte ist ein kleiner Hoffnungsschimmer.

 


Traum vom Tag danach


Mark Oliver Everett behauptet eigentlich felsenfest: Alle Songs auf dem Album sind vor der Pandemie entstanden und haben rein gar nichts mit ihr zu tun. Ob man ihm das glauben will, sei jetzt mal dahingestellt: Der gleiche Mann behauptet nämlich auch, dass er vor kurzem einen netten Plausch mit John Lennon gehalten hat.

Außerdem klingt Earth To Dora halt doch zu sehr wie der Traum vom Tag danach. "Are We Alright Again" zum Beispiel: E singt von den ersten Sonnenstrahlen seit gefühlten Ewigkeiten, dem ersten Spaziergang nach langer Zeit drinnen, dem Gefühl endlich über den Berg zu sein – Kann man sicher auch gut auf eine überwundene Beziehungskrise anwenden, aber passt halt doch auch perfekt zur Pandemiemisere.

Wer sich also eine vollkommen gerechtfertigte mentale Pause von allem gönnen möchte, findet auf Earth To Dora die perfekte Gelegenheit sich ein bisschen aus der Realität wegzuträumen.



Träumen ist eh ein gutes Stichwort:

Earth To Dora nimmt sich die besten Qualitäten von Schlafliedern zur Brust und taucht sie in sanfte Indieklänge. "Anything for Boo" eröffnet mit gefühlvollem Glockenspiel, der Titeltrack erinnert an die skurrilen Mondträumereien vom letzten Arctic Monkeys und "Dark and Dramatic" klingt dank zartem Gitarrengezupfe wie das komplette Gegenteil vom Songtitel.

Als Einschlafhilfe sollte man Earth To Dora aber doch lieber nicht verwenden – nicht nur weil der Clown auf dem Cover doch ein kleines bisschen gruselig ist. Dafür sind vor allem die Schlagzeugklänge zu rhythmisch, Es Stimme zu herrlich kratzig und die wunderbaren Texte sollte man sowieso nicht verschlafen.

I Got Hurt. So What?

Durchhalten wird immer wieder Thema: Und anstatt lange poetisch darüber zu sinnieren, findet E manchmal sehr simple, aber umso wirkungsvollere Worte: "I Got Hurt" berichtet schonungslos direkt vom allumfassenden Selbstmitleid – einen Song später steht dann aber in "OK" schon wieder die Sonne am Himmel. Der Schmerz weicht den schöneren Gedanken, dem Gefühl den Kampf endlich hinter sich zu haben.

Auch wenn E also gerne mal die Schattenseiten des Lebens anreißt, gibt es also immer wieder den Dreh zurück in die wohligen Gefühle- und genau mit einem solchen lässt uns Earth to Dora zurück.

Es ist wahrlich ein Lichtblick im düsteren Pandemieherbst.

Tracklist: Eels - Earth to Dora

01 Anything For Boo
02 Are We Alright Again
03 Who You Say You Are
04 Earth to Dora
05 Dark and Dramatic
06 Are You Fucking Your Ex
07 The Gentle Souls
08 Of Unsent Letters
09 I Got Hurt
10 OK
11 Baby Let's Make It Real
12 Waking Up


Earth to Dora von Eels wurde am 30. Oktober 2020 via E Works Records veröffentlicht.

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