"Fünf Jahre nicht gesungen" von Thees Uhlmann im Spur-Check
Thees Uhlmann erklärt seinen Song “Fünf Jahre nicht gesungen”
Über die Schönheit der Chance hat Thees Uhlmann schon vor vielen Jahren mit Tomte eine Indie-Hymne geschrieben.
Über das Scheitern als Chance nicht. Bis er dann merkte: Ich habe "Fünf Jahre nicht gesungen".
"Fünf Jahre nicht gesungen" von Thees Uhlmann
Podcast "Tracks and Traces" von detektor.fm
"Die Songs waren total schlecht"
Sein drittes Soloalbum hatte Thees Uhlmann fast fertig geschrieben. Nur um alle neuen Songs wieder in die Tonne zu schmeißen, weil ihm selbst nicht gefällt, was er macht. Er sagt:
"Ich hab sechs, sieben, acht, neun Songs komponiert. Und das ist mir irgendwann aufgefallen, dass ich die Texte total schlecht finde. Keine Thematik drin. Sinnlose Analogien zu Sachen, die mich nicht interessieren. Liebeslieder für Leute, die es nicht gibt."
Der Musiker stellt aber nicht nur seine Texte in Frage.
Sondern auch seine Vorstellung, dass er mit steigendem Alter immer erfolgreicher wird. Denn eigentlich läuft es für ihn seit Jahren gut. In den 90ern hat er mit Tomte angefangen. Davor schon die Tocotronic-Tourtagebücher geschrieben. In den 2000ern gründet er das Label Grand Hotel Van Cleef. Darauf erscheinen auch seine zwei Soloplatten, die weit oben in den Charts landen. Und auch sein Ausflug in die schreibende Zunft funktioniert.
Kritikern und Fans lieben seinen Roman Sophia, der Tod und ich. Irgendwo zwischendrin spricht Thees noch die Springsteen-Biografie ein. Nur beim dritten Album will es so gar nicht mehr laufen. Was ihn neben der Kreativkrise vor weitere Probleme stellt, denn er ist ja sein eigener Labelboss:
"Die wichtigsten Bands auf meiner eigenen Plattenfirma sind eben Kettcar und ich. Wenn ich dann sage: 'Die Platte dauert noch zwei Jahre', dann ist das für alle Beteiligten nicht besonders witzig. Aber das muss man dann machen. Dann habe ich nochmal ein Vierteljahr nachgedacht und die ersten Texte geschrieben, die dann weiter reingegangen sind in so Kernthemen, dunkle Sachen und mein eigenes Selbst."
Neuer Input, neue Themen
Unterstützung beim Neuanfang kriegt Thees Uhlmann von Simon Frontzek und Rudi Maier. Die beiden Produzenten wirken u.a. bei Tomte, Burkini Beach und Das Paradies mit. Sie regeln aber nicht nur an Mischpulten. Sondern sie überzeugen Thees Uhlmann auch, beim Texten offenherziger und intimer zu werden. Und beim Einspielen der Instrumente gehen alle wenig verkopft vor, sondern pragmatisch und lösungsorientiert. "Hauptsache Machen" ist das Motto, das Thees wieder kreativ rocken lässt:
"Es gibt nicht mehr viele Leute, die sich für unsere Musik interessieren. Das hat uns ein bisschen frei gemacht, im Sinne von: Ist doch egal, dann hat dieser Song eben 17 Strophen. Wir saßen auf dem Sofa und haben uns gefragt: ‚Müssen wir jetzt noch einen Marshall-Turm anschließen, damit sich das irgendwie nach Rock anhört? – Nee!"
Normale Bundesstraße statt Instagram
Es stellt sich schnell heraus: Thees hat doch eine Menge zu sagen. Denn er hat zwar "Fünf Jahre nicht gesungen", aber passiert ist in der Zeit viel. Und so kanalisiert er in seiner dritten Platte Junkies und Scientologen die aufgestaute Wut über Brexit, Trump, Rechtsruck und die Scheinwelt von Instagram.
"Jan Plewka wurde mal gefragt, warum er auf Deutsch singt und nicht auf Englisch. Er hat gesagt: 'Eine Autobahn ist kein Highway'. Das ist pures Gold. Der Satz hat mich nie verlassen. Das ist dieses 'Ich lieb mein Leben so doll, voll geil' – so eine Instagramhaftigkeit der Dinge, dass wirklich der letzte Schrott emotional überhöht wird. Ich finde es total gut, ein normales Leben zu führen. Und die B73 ist die Definition einer normalen Straße."
Neben Jan Plewka hat auch Katrin Bauerfeind Textzeilen von "Fünf Jahre nicht gesungen" beeinflusst. Wie genau, erklärt Thees Uhlmann im Musikpodcast Tracks & Traces. Dort nimmt er die Produktion Spur für Spur auseinander und verrät auch, was zur Hölle der "Hosenhobel" sein soll, den sie in den Song eingebaut haben.
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