Ein bisschen wegträumen - das geht gut mit der Musik von Martin Kohlstedt. Im Interview bei egoFM Max erzählt er, was ihn zu seinem neuen Album inspiriert hat.
Der Komponist, Musiker, Pianist und Produzent Martin Kohlstedt hat am 27. November sein neues Album Flur veröffentlicht.
Martin Kohlstedt bei egoFM
Lieblingstonträger: Flur
Martin Kohlstedt zu Gast bei Max: Das Interview zum Nachhören
Lieblingstonträger: Flur
Der Regen prasselt gegen das Dachfenster und hallt in der Schräge des Raums wider. Es donnert und der Wind bläst kräftig durch die Ziegel.Man möchte nicht von Störgeräuschen sprechen, dafür sind sie zu schön, doch es sind fast die einzigen Töne seit knapp vierzig Minuten, die nicht ausschließlich von einem Piano stammen. Martin Kohlstedt Zeuge dieses Sommergewitters und Bewohner der (sehr schönen) Dachgeschosswohnung spielt gerade "AJA", den letzten Song seines neuen, fünften Studioalbums.
Flur heißt es und es ist bis auf die erwähnten Nebengeräusche mal wieder ein reines Pianoalbum geworden. Für seine letzten Alben hatte sich Martin Unterstützung aus der Ambient- und Elektroecke geholt oder einen Chor singen lassen.
Solo Piano
Dieses Mal sitzt er solo am Klavier und spielt seine Kompositionen ein. Nur er, die Wohnung mit Blick über die historischen Dächer Weimars, seine sanften Finger auf den schwarzen und weißen Tasten, seine nackten Füße an den Pedalen und gelegentliche Geräusche von draußen.Der Flur ist ja schon so ein komischer Raum. Der erste, den man betritt, wenn man heimkehrt und der letzte den man sieht, wenn man die Tür hinter sich schließt. Der lieblos vollgestopft ist mit all dem wichtigen Kram (Schuhe, Schlüssel, Modem) genauso mit dem unwichtigen (Federballset, Abtropfwanne). Ein Raum in dem man niemals ausharrt. Der alles und doch nichts enthält außer einer Weggabelung. Wo geht’s hin?
Ausgangspunkt Flur
Martin Kohlstedts Pianotechnik ist ganz ähnlich. Modulares Komponieren nennt er das. Die Stücke folgen keiner festgelegten Form. Sie müssen fließen. Sie sind ständig in Bewegung. Mal hierhin, mal dorthin. Mal sachte auf Zehenspitzen im Zimmer verschwinden. Husch husch aufs Klo. Oder in die Küche, noch ein Glas Vino. Der Ausgangspunkt ist immer derselbe: der Flur. Was dann folgt ist immer anders: Improvisation.
Das gilt auch live. Wenn Martin Kohlstedt sich ans Piano setzt und vor Publikum oder alleine am Meer spielt. Es ist immer eine Nuance anders, jedes Mal einzigartig.
Das Cover zum Album zeigt das Gemälde "Lichtung" vom Leipziger Maler David Schnell. Als Martin es erblickte, wusste er sofort, dass er gerade sein Albumcover gefunden hatte.
Einkehr, Ruhe, Durchatmen
Flur ist das perfekte Album für diese Zeit der selbst verordneten Ruhe und Besinnlichkeit. Nicht, dass wir dieses Jahr zu viel unterwegs gewesen wären, au contraire! Aber jetzt, wo dieses komische Jahr so langsam seine Sachen packt, Schuhe, Jacke, Mantel und Hut anzieht um uns durch die Tür zu verlassen, merken wir, dass der Flur noch eine ganz andere Funktion hat. Nicht nur wir verlassen das Haus durch ihn. Sondern auch geliebte und ungeliebte Gäste. Und wenn wir dann endlich die Tür hinter ihnen geschlossen haben, dann stehen wir da, allein auf weiter Flur, im Flur. Und atmen durch.
Tracklist: Martin Kohlstedt - Flur
01 LUN02 ZIN
03 QUO
04 PAN
05 NOX
06 XEO
07 RUL
08 VIA
09 JUL
10 AJA
Flur von Martin Kohlstedt erschien am 27. November bei Warner Classics.
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