Portugal. The Man veröffentlichen ihre bisher persönlichste Platte – und kehren damit ein großes Stück zu ihrem Ursprung zurück.
Die Welt brennt immer noch
Mit dem letzten Album haben uns Portugal. The Man eigentlich ein mächtiges Versprechen gemacht. Eines, das sie natürlich nicht halten konnten. Sie wollten die Welt retten. Die Welt sei immerhin ein einziger Haufen von brennendem Giftmüll, gebettet auf Rattenscheiße – das war damals die Aussage der Band, die prompt aber auch eine Lösung präsentierte: Man soll das neue Album kaufen, dann werde alles besser! Na ja, das hat nicht wirklich geklappt, obwohl die Leute ordentlich zugegriffen haben: Woodstock konnte die bisher höchsten Chartplatzierungen besetzen und anstatt des Goldenen Windbeutels für ein leeres Werbeversprechen wurde das Album mit Gold und Platin ausgezeichnet.Nun, fast punktgenau sechs Jahre nach dem letzten Longplayer, erscheint Chris Black Changed My Life. In Anbetracht des bisherigen Veröffentlichungsrhythmus durchaus ungewöhnlich viel Zeit – die durchschnittliche Pause zwischen Alben von Portugal. The Man beträgt vom ersten Album Waiter: "You Vultures!" (2006) hin zum vorletzten, Woodstock (2017), durchschnittlich anderthalb Jahre. Hinter dieser Lücke liegt allerdings kein schlechtes Gewissen, dass die Welt immer noch ein brennender Scheißhaufen ist. Sondern ein tragisches Ereignis, das die Band erst mal zerrissen hat. Womit wir zur folgenden Frage kommen:
Wer ist Chris Black?
Chris Black war ein enger Freund – Portugal. The Man selbst bezeichnen ihn in einem Posting als Klebstoff, der die Band zusammengehalten hat:"Am 19. Mai 2019 haben wir einen sehr lieben Freund verloren. Es hat uns bis ins Mark erschüttert. Chris war einer dieser Menschen, die wie Klebstoff waren; er brachte alle zusammen. Sein Tod hat uns wirklich durcheinander gebracht. Die Band lag in Trümmern und diese Platte ist das erste Mal, dass ich das Gefühl habe, eine komplette Platte gemacht zu haben; ein vollständiger Gedanke über die Welt, die um uns herum zusammenbricht, und über die Reise zurück. Obwohl es eine sehr persönliche Reise ist, habe ich das Gefühl, dass jeder einen Chris Black in seinem Leben hat; Zumindest hoffe ich, dass jeder einen Chris Black in seinem Leben hat. Dieser eine Freund, der es versteht, alles richtig zu machen und dafür zu sorgen, dass alles Spaß macht. Derjenige, der dich in Schach hält, wenn du vom Kurs abweichst, und der immer da ist, um die guten Zeiten zu feiern und dich in den schlechten Zeiten zu unterstützen. Chris Black hat mein Leben verändert."
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Der Sound
Wie wichtig der Band die Platte ist, spiegelt sich im Klang wider.
Chris Black Changed My Life ist also eine gefühlvolle Hommage an ihren verstorbenen Freund, die die Band dazu gebracht hat, sich wieder ihren musikalischen Wurzeln anzunähern. Im Vergleich zum erfolgreichen Woodstock ist das neue Album weniger glatt und dafür mehr mit experimentellen Stellen verziert (zum Beispiel einem Metal-Intermezzo in "Champ" oder eine Spoken Word-Einlage in "Anxiety:Clarity").Während die Melodien dennoch weitestgehend eingängig, flott und optimistisch klingen, sind die Lyrics, ähnlich wie auch beim Überhit "Feel It Still" vom vergangenen Album, tiefgründig, melancholisch oder geradezu düster. Dennoch schwingt eine gewisse Hoffnung stets mit oder zumindest tröstet es etwas, nicht alleine mit fiesen Gedanken zu sein.
Immer schön der Reihe nach
"Time's a Fantasy" und "Doubt" sind absolute Lieblinge auf der Platte. Persönlich, gefühlvoll, greifbar, menschlich. Hinzu kommt eine clevere Klangverbindung beider Songs. Wir sagen es immer wieder, aber hier ist es besonders wichtig: das Album nicht im Shuffle-Modus anhören, sondern chronologisch! So kommt man auch in den Genuss einer perfekten Albumklammer: Während Chris Black Changed My Life mit dem gospelhaften "Heavy Games II" eröffnet wird, endet es mit dem balladenartigen, später klanglich explodierenden "Anxiety:Clarity", versehen mit pompöser Instrumentalisierung und wabernden Synthesizern. Ein Teil der Lyrics wird dabei aus dem Intro wiederholt:Heavy games, oh
You can't take this back
Because the present has a past
Now you're stuck here forever
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