Franz Ferdinand: The Human Fear

Franz Ferdinand: The Human Fear

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Das neue Franz Ferdinand Album ist irgendwie halt einfach nur ein neues Franz Ferdinand Album. Und funktioniert genau deswegen so gut!

Ein Album, das gegen die eigenen Legenden antritt

Da ist er also gekommen: Der Moment, der aus dem Best Of Album ein Best of bis grade eben macht. Franz Ferdinand wollen es nochmal wissen, knapp drei Jahre nach der Karrierezusammenfassung, knapp sieben Jahre nach dem letzten richtigen Album und knappe 20 Jahre nach der Zeit, als Indie Rock der heißeste Scheiß auf dem gottverdammten Planeten war. Das ist schon mit einem gewissen Risiko verbunden, schließlich muss die neue Platte jetzt im direkten Duell gegen die gesammelten Hits der gesamten zurückliegenden Karriere antreten.

Aber bei so einer abgeklärten Band wie Franz Ferdinand ist es eigentlich fast schon kein Wunder, wie gut sich The Human Fear hier schlägt.


Keine Angst

Ja, hier geht es schon auch um Ängste. Aber erstmal die Dinge vor denen man keine Angst haben muss. Unangenehme Verrenkungen zum Beispiel. Franz Ferdinand wollen die Musikgeschichte nicht umschreiben, sondern nur ihr eigenes Kapitel ergänzen und dann wieder betont lässig an der Bar der Indiedisco stehen. The Human Fear konzentriert sich also auf das, was Alex Kapranos und seine Band eben am besten können. Ohrwurmriffs allererster Güteklasse, genau richtig dosierte Eskalation und diese Textzeilen, die nach all dieser Zeit immer noch dieses unverschämt lässige Augenzwinkern mit sich ziehen.

 Nostalgie, Selbstironie und mutige Experimente

Man hört also episch große Festivalrefrains wie in "Audacious", hektische Dance-Punk Synthies in "The Doctor" und "Build It Up" klingt dann fast schon wie ein erwachsen und milde gewordenes "Take Me Out". Es gibt schon auch ein paar Experimente auf The Human Fear: "Black Eyelashes" schweift in fernöstliche Klangregionen ab oder zumindest in das, was sich Glasgower Teenager wahrscheinlich mal unter dem fernen Osten vorgestellt haben. Und bei "Hooked" haben Julian und Alex wohl allen Ernstes ihren inneren Justin Timberlake von der Leine gelassen - klingt auf aller beste Art und Weise dämlich, aber muss man einfach gern haben.

Franz Ferdinand haben als genau den richtigen Ton getroffen: The Human Fear gibt sich nostalgisch genug um die gute alte Zeit wieder in die Gegenwart zu holen, aber auch selbstironisch genug, um nicht peinlich zu wirken.


Doch Angst

Aber jetzt mal zurück zur Angst. Eigentlich nicht direkt ein Gefühl was wir sonst mit Franz Ferdinand verbinden, mal abgesehen vom Horrorschrei in "Evil Eye". Und ja, trotz Fear im Albumtitel haben sich Franz Ferdinand nicht plötzlich in The Cure verwandelt. Auch wenn gewisse Ängste zum Thema werden, verlieren die Schotten ihre gute Laune nicht. Zum Beispiel, wenn Alex Kapranos vom längst genesenen Patienten singt, der aber einfach nicht nach Hause möchte weil er sich im Krankenhaus so herrlich wohl fühlt. Und selbst Songs über Trennungsängste und Einsamkeit behalten ihren Sinn für Optimismus.

Der Opener gibt also gleich die Marschrichtung vor: "Audacious" ist ein regelrechtes Manifest, beim ganzen Wahnsinn und aller gerechtfertigten Panik um uns herum nur nicht diesen frechen Sinn für Widerstand zu verlieren.

Franz Ferdinand kapitulieren nicht vor der Angst - sie überwinden sie und lachen über den Nervenkitzel. Vielleicht ein naives Motto für dieses neue Jahr, aber wärs nicht eigentlich voll schön?



Franz Ferdinand im Interview

Was Frontmann Alex Kapranos selbst zum Album zu sagen hat, erfährst du in unserem Interview!



Tracklist: Franz Ferdinand - The Human Fear

  1. Audacious
  2. Everydaydreamer
  3. The Doctor
  4. Hooked
  5. Build It Up
  6. Night Or Day
  7. Tell Me I Should Stay
  8. Cats
  9. Black Eyelashes
  10. Bar Lonely
  11. The Birds
The Human Fear wurde am 10. Januar 2025 via Domino veröffentlicht.



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