Wanda: Ende Nie

Wanda: Ende Nie

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Die Wiener zeigen wie man nach einem Crash wieder aufstehen kann.

Es ist ein Mythos, aber er hält sich schon ziemlich lange

Diese Legende, dass große Musik nur durch großen Schmerz entstehen kann. Klar, gar keine Frage: Es gibt so einige wirklich fantastische Alben, bei denen ganz deutlich etwas schreckliches verarbeitet werden muss. Und ja, ein nicht ganz so unbekannter Popstar hat ihr ganzes letztes Album den gepeinigten Dichtern gewidmet. Aber es gibt auch genug Gegenstimmen, die den Mythos als kompletten Humbug darstellen. So ganz einig ist man sich da also nicht. 

Eine klare Antwort auf diese Frage liefert Ende Nie von Wanda jetzt auch nicht wirklich – nur die Gewissheit, dass Wanda hier aus großem Schmerz ziemlich große Kunst gemacht haben.


Flucht in die Evolution

Es gab eigentlich immer schon zwei Arten von Wanda Platten: Die Alben, bei denen sie einfach auf spaßige Art ihren wohlgeliebten Sound durchgezogen haben. Und dann gabs da noch so Platten wie Niente, bei denen Wanda mal ausprobiert haben, was Wanda eigentlich noch alles sein kann, außer der leicht abgeranzten Partytruppe.

Ende Nie gehört ganz eindeutig zu dieser Kategorie – so stark haben sich Wanda noch nie neu erfunden.

Nicht nur weil der Albumtitel jetzt zum ersten mal aus zwei Wörtern besteht. So andächtig wie mit "Bei niemand anders" haben Wanda noch nie eine Platte begonnen. Und damit ist die Grundrichtung für Ende Nie auch schon bestimmt. Große Hymnen zum ausgelassenen Mitgrölen hört man hier nicht – hier wird wenn dann nachdenklich mitgebrüllt. Krachige Gitarren stehen weniger im Vordergrund als sonst, dafür bekommen die Synthies und das Klavier mehr Platz für gigantisch klingende Hallfahnen. Man hört die Beatles raus, man hört Oasis raus und vor allem hört man eine österreichische Kultband, die in andere Richtungen ausbricht.

Wenn Amore, Bussi und Ciao! der Sound für die durchgezechte Nacht waren, dann ist Ende Nie jetzt wahrscheinlich der Klang des unvermeidlichen Katers.


Der Tod muss doch ein Wiener sein

Der Schmerz, der sich durch Ende Nie zieht, ist aber ein unverschuldeter. Und leider deutlich tiefgreifender, als es jeder noch so miese Brummschädel je sein könnte. Schon das letzte Album stand im Schatten von Keyboarder Christian, der kurz vor Release den Kampf gegen die Krankheit verlor. Wirklich verarbeitet wird der Tod aber erst auf Ende Nie. Marco musste sich dazu auch noch von seinem Vater verabschieden – das sind Schmerzen, an denen man gut und gerne zerbrechen kann. Marco redet  trotzdem nicht lange am Thema vorbei: In "F*** Youtube" muss ein Song ausgemacht werden, weil der zu sehr an den kranken Vater erinnert. "Therapie" klingt dann ein kleines bisschen versöhnlicher, immerhin hilft ihm jemand durch den Schmerz. Aber "Keine Angst" lässt schon wieder Zweifel aufkommen ob dieses Verhältnis auch wirklich hält. Klar ist die ganze Gedankenschwere erstmal schwer zu verdauen – aber es erfordert verdammt viel Mut, so viel Ehrlichkeit in die Texte einfließen zu lassen. Und das Ergebnis ist maximal beeindruckend.

Wanda wirken komplett im Arsch und dass sie daraus einen mutigen Neuanfang hinbekommen ist dann bei allem Mythos eben wirklich ganz große Kunst. 



Tracklist: Wanda - Ende Nie

  1. Bei niemand anders
  2. F*** Youtube
  3. Therapie
  4. Sie steht nicht auf dich
  5. Keine Angst
  6. Ich hör dir zu
  7. Wachgeküsst
  8. Woher soll ich wissen
  9. Jeder kann es sein
  10. Kein Ende nie
  11. Immer OK
  12. Niemand was schuldig


Ende Nie von Wanda wurde am 7. Juni 2024 via Polydor veröffentlicht.

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