Hörende Kinder von gehörlosen Eltern werden auch CODA genannt - Children of deaf adults. Wie es als CODA ist, quasi in zwei verschiedenen Welten aufzuwachsen, darüber haben wir mit Daniel Rose gesprochen.
Aufwachsen als CODA
Ein Sinn, der für viele von uns völlig selbstverständlich ist, ist das Hören. Hören hilft uns dabei, uns zu orientieren, zu lernen, zu sprechen und mit der Außenwelt zu kommunizieren. Alles Dinge, die wir von unseren Eltern beigebracht bekommen oder uns abschauen - denn bereits als Baby ahmen wir Laute nach, die sich später zu den ersten Worten formen. Doch wie lernen CODAs die Lautsprache, wenn sie sie zuhause nicht hören? Daniel Rose ist 1979 geboren, Sohn tauber Eltern und erinnert sich:
"Also ich hab [...] hörende Großeltern und von denen habe ich natürlich das Sprechen gelernt. Wie auch über Radio, Medien, Kindergarten ungefähr mit drei." - Daniel Rose
Aufwachsen als CODA
Das komplette Gespräch mit Daniel
Im Kindergarten hat Daniel dann allerdings so gesprochen, wie er auch gebärden würde. Die Gebärdensprache hat allerdings eine ganz andere Grammatik, weswegen Erzieher*innen und Pädagog*innen seine Art zu sprechen erstmal nicht einordnen konnten:
"Die haben die Hände über den Kopf geschlagen und gesagt 'Um Gottes Willen, der hat irgendeine geistige Behinderung oder sonst irgendwas, wir müssen ihn mit Frühförderung bedienen' und das begegnet manchen CODAs wahrscheinlich genauso wie mir, ja." - Daniel Rose
Daniel Rose und seine Eltern
Der Begriff CODA wird seit 1983 verwendet
Bis dahin wurden hörende Kinder mit gehörlosen Eltern als HCDP bezeichnet: Hearing Children with Deaf Parents. Das ändert sich, als in den USA die Vereinigung CODA gegründet wird, die bis heute eine internationale Organisation ist. Zur selben Zeit finden die ersten Treffen statt, bei denen betroffene Kinder merken, dass CODA nicht nur eine Bezeichnung sondern gleichzeitig auch eine Identität ist.
CODA wachsen zweisprachig und in zwei Kulturen auf
Daniel erinnert sich, dass er den Großteil seiner Kindheit damit verbracht hat, ein Sprachrohr zwischen diesen beiden Kulturen zu sein - das war nicht immer einfach.
"Es fängt schon alleine an, wenn wir irgendwo in der Bäckerei sind und dann trifft man natürlich Nachbarn oder sonst irgendwas. 'Ah, da ist wieder der Taubstumme' - so hat man es früher genannt - 'mit seinem Sohn'. Und die haben dann über meinen Vater geredet, und das ist […] sehr, sehr schlimm für mich persönlich gewesen zu hören, dass mein Vater da nichts von mitbekommt und es gibt gewisse Dinge, die ich ihm einfach nicht gesagt habe, ja, weil sie schlecht über ihn geredet haben." - Daniel Rose
Auch wenn wir häufig von Integration sprechen - noch viel zu oft bleiben Menschen mit Behinderung und ihren Herausforderungen für sich. Viel zu selten kreuzen sich die Wege von Hörenden und nicht Hörenden. Woran liegt das?
"Das ist eine unsichtbare Behinderung [...] und das ist genau das Problem, weil man es den tauben Menschen einfach nicht ansieht. Ich finde, die hörende Gesellschaft sollte einfach [...] auf die tauben Menschen zugehen. Nur weil ich höre, kommen die natürlich auf mich zu, logischerweise ja, und es wäre schöner, wenn man einfach auf die tauben Menschen zugeht. […] Man hat Berührungsängste glaube ich auf beiden Seiten und diese Barrieren gehören einfach abgebaut und ich glaube, jetzt ist gerade die Zeit, dass es einfach sensibilisiert gehört." - Daniel Rose
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