Unser Alltag mit Robotern und Künstlichen Intelligenzen
Reinhard Karger im Interview mit egoFM Elise
Pflege, Umweltschutz, Krieg, Verkehr, Sex - Roboter könnten in Zukunft alle Lebensbereiche beeinflussen. Wie genau unser Alltag mal aussehen kann, erzählt Reinhard Karger.
Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz war zu Gast bei egoFM Elise und hat mit ihr darüber gesprochen, wie und wo Roboter und KI unseren Alltag beeinflussen könnten - und ob das mehr positiv oder negativ sein wird. Was Künstliche Intelligenz überhaupt ist und wo sie schon jetzt überall versteckt ist, erfährst du hier.
Zwischen Misstrauen und Aufgeschlossenheit
Einige Menschen blicken mit Skepsis auf die Entwicklung von Robotern und KI, andere können die smarte Zukunft kaum erwarten. Doch welches Bild sollten wir von ihnen haben? Reinhard Karger erzählt uns, es gibt zwei Punkte, die beim Thema KI besonders wichtig sind: Zum einen KI als Digitalisierung menschlicher Wissensfähigkeiten - also konkrete Werkzeuge, die konkreten Menschen in konkreten Situationen helfen ihre Ziele zu erreichen. Vom fiktionalen Bild, das in diversen Filmen geschaffen wird, sollten wir uns aber verabschieden. Zum anderen ist es extrem wichtig, dass sich Politik und Wirtschaft endlich damit auseinandersetzen, welchen Einsatz von KI wir gesellschaftlich wollen.
Reinhard Karger im Interview
Das komplette Gespräch zum Anhören
Roboter haben auch Grenzen
Roboter eröffnen zwar viele Möglichkeiten, haben aber auch ihre Grenzen. Man muss sich immer fragen, was ein Roboter können soll und wie diese Fähigkeit angewendet werden soll. Betrachtet man zum Beispiel mal die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter bei der ambulanten Pflege: 2035 wird es eine deutlich größere Notwendigkeit für Pflege geben, dann könnten hybride Teams aus Menschen und Robotern zu pflegebedürftigen Personen nach Hause kommen – die Roboter heben, die Menschen pflegen. Dafür benötigt man allerdings wahnsinnig leistungsfähige Roboter – allein zum Bett beziehen sind eine Vielzahl an Fertigkeiten notwendig.
"Man würde sagen: Man, das sind doch tolle Maschinen, wieso können die also nicht die Dinge, die uns so leichtfallen? Und da muss man aber sagen, das liegt daran, dass wir ganz oft unterschätzen, was wir eigentlich tun und was wir eigentlich können, wenn wir die selbstverständlichsten Dinge der Welt […] leisten und so weit ist man eben leider noch nicht." – Reinhard Karger
Roboter können in allen Lebensbereichen zum Einsatz kommen:
Sex mit Robotern
Es ist möglich, dass durch Roboter das "älteste Gewerbe der Welt" abgeschafft wird, erzählt Reinhard Karger. Wenn man über dieses Thema spricht, muss man sich aber auch mit Folgendem konfrontieren: Roboter können eine beliebige Form annehmen, also auch kindlich aussehen. Das könnte verschiedene Auswirkungen haben und damit muss sich die Gesellschaft auseinandersetzen.
"Es könnte bedeuten, dass man sagt: Naja, wir haben jetzt eine maschinelle Möglichkeit geschaffen für Menschen mit einer Veranlagung, die wir nicht gesellschaftlich dulden und dann kommen die Leute, die sagen, aber wenn man eine solche Veranlagung dann vielleicht mit einer Maschine auslebt, steigt die Wahrscheinlichkeit vielleicht, dass man sie dann auch mit Kindern ausleben möchte - oder genau das Gegenteil." – Reinhard Karger
Tötungsmaschinen ohne Gewissen
Die Sorge vor dem Einsatz von Robotern in Kriegsgebieten ist durchaus berechtigt. Die Systeme gibt es schon heute, erklärt Reinhard Karger. Für Lenkwaffen braucht es keine Scharfschützen, um ein Ziel zu treffen. Nachdem sie aktiviert werden, finden sie durch Geschwindigkeit oder Hitze allein das nächstmögliche Ziel. Außerdem existiert die dystopische Vorstellung, dass Drohnen-Schwärme über einer Stadt alles menschliche Leben auslöschen könnten. Karger ist der Meinung, solche Selbstmorddrohnen könnte es durchaus geben, allerdings versuchen große Initiativen das zu verhindern und auch eine UN-Konvention gegen autonome Waffen ist auf dem Weg.
Umwelt und Nachhaltigkeit
Technologie gegen Plastikmüll
Auch im ökologischen Bereich kann man Roboter und KI vielfältig einsetzen. So könnten Drohnen zum Beispiel Plastikmüll erkennen, woher dieser kommt und wo er sich befindet, den Ort markieren und Teams anfordern, die ihn einsammeln. Außerdem gibt es Konzepte für autonome Schiffe, die Plastikmüll aus dem Meer fischen könnten.
Unterstützung in der Landwirtschaft
Es gibt auch in der Landwirtschaft sehr viele ernsthafte Ansätze für kleine Roboter und künstliche Intelligenz. Diese könnten mit ihrer Sensorik erkennen, ob es sich um eine Nutzpflanze oder Unkraut handelt, und könnten letzteres anstatt mit Chemie beispielsweise mit Lasern bekämpfen.
Energiesektor
KI kann auch sehr nützlich sein, um besser prognostizieren zu können, wie viel Strom gerade regenerativ produziert wird und wie viel Strom benötigt wird. Das ist sehr wichtig für die Grundlastfähigkeit für die Nutzung von erneuerbarer Energie.
So könnte unser Alltag 2030 aussehen:
Reinhard Karger hat zum Beispiel die Vorstellung, dass wir uns in 10 Jahren mit KI-Systemen über die Nachrichten unterhalten können:
"Dass ich einen Wissensdialog habe - auf Augenhöhe - so stelle ich mir das vor. Dass ich letztendlich mit Wikipedia sprechen kann, als wäre es ein Dozent von früher, mit historischen, philosophischen, mit wissenschaftlichen, gesellschaftlichen Aspekten. Das wäre meine Welt." – Reinhard Karger
Autonomes Fahren
Eigentlich müssten Autos laut früherer Voraussagen bereits heute keine*n Fahrer*in mehr benötigen, aber das Autofahren tatsächlichen viel komplexer, als man dachte. Reinhard Karger glaubt, dass autonomes Fahren 2030 aber möglich sein wird. Diese Autos werden keine riskanten Fahrmanöver machen und selbstverständlich das vorhandene Tempolimit nicht überschreiten. Man wird ans Ziel kommen und kann währenddessen ein Buch lesen, einen Film schauen oder sogar ein kleines Schläfchen halten.
"Also komme ich an und bin ausgeruht, gut gelaunt und komme an in einer ganz normalen Welt und nicht in einem Science-Fiction-Film. […] Ich würde hoffen, dass wir auch 2030 und 2040 und darüber hinaus in einer liberalen Demokratie leben, wo die Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen der Bürger als souverän ernst genommen werden und wenn sie etwas tun wollen, mögen sie es doch bitte tun können und nicht dass wir auf einmal hier eine maschinelle Fernsteuerung für die Gesellschaft haben. Nein, das soll nicht sein." – Reinhard Karger
Während dem Autofahren schlafen klingt eigentlich ganz angenehm, oder? Wie unsere Welt im Jahr 2030 dann aber tatsächlich aussehen wird, bleibt spannend.
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