Altersarmut bei Frauen

Altersarmut bei Frauen

Weil Feminismus alle was angeht

Über Geld spricht man nicht? Quatsch! Vor allem junge Frauen müssen sich frühzeitig mit dem Thema Rente auseinandersetzen und privat vorsorgen.

Armut im Alter

Gedanklich ist das Thema Rente und Altersvorsorge für viele von uns vielleicht noch sehr weit weg, dabei kann man gar nicht früh genug anfangen, sich damit zu beschäftigen. Denn auf die staatliche Rente können sich junge Menschen schon lange nicht mehr verlassen, einen Artikel dazu findest du hier. Frauen erst Recht nicht, denn die sind um einiges häufiger von Altersarmut betroffen als Männer. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen:

Frauen über 65 sind mit einem Anteil von 18,2 Prozent stärker armutsgefährdet als gleichaltrige Männer (13,7 Prozent).

Deswegen ist es umso wichtiger, dass sich Frauen frühzeitig und eigenständig um ihre Altersvorsorge kümmern. Wie das in der Praxis am Besten funktioniert, darüber haben wir mit Renate Fritz gesprochen. Sie ist Geschäftsführerin und Mitinhaberin von frau & geld und ihr beruflicher Schwerpunkt ist die ganzheitliche Vermögens- und Ruhestandsplanung.
  • Renate Fritz über Altersvorsorge bei Frauen
    Das komplette Interview zum Anhören

Gender-Pension-Gap

Grund dafür, dass Frauen häufiger in die Altersarmut rutschen, ist die Gender-Pension-Gap, also die geschlechtsspezifische Rentenlücke in der Altersvorsorge von Frauen im Vergleich zu Männern. 

2019 lag die Renten-Gap in Deutschland laut OECD bei 46 Prozent. 

Damit hatten wir die höchste Gender-Pension-Gap im Vergleich mit den 37 OECD-Ländern. Interessanterweise gibt es da aber große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Im Osten war sie 2019 mit 34 Prozent um einiges niedriger als im Westen mit 49 Prozent. Einer der Gründe dafür: Wohingegen Männer in den alten Bundesländern lange die Rolle des "Familienernährers" übernommen haben und Frauen erst in den letzten Jahrzehnten verstärkt ins Berufsleben eingestiegen sind, war der Anteil der erwerbstätigen Frauen in den neuen Bundesländern traditionell bereits höher. Hausfrau und Mutter als Beruf war in der DDR bei Weitem nicht so verbreitet wie im Westen.

Renate Fritz erklärt, dass es für Altersarmut in Deutschland drei Hauptgründe gibt:

  • nicht/wenig arbeiten
  • wenig verdienen
  • vorzeitig in den Ruhestand gehen
Und gerade die ersten beiden Punkte sind für Frauen ein großes Problem. Grund dafür sind veraltete Rollenaufteilungen. 

Das Thema Elternzeit

Laut der Agentur für Arbeit sind gerade einmal 33,2 Prozent der Vollbeschäftigten Frauen. Sie machen mit 81,6 Prozent den Großteil der Teilzeitbeschäftigten aus und übernehmen 62,3 Prozent der Minijobs. Einer der Gründe dafür ist, dass Frauen auch heute immer noch den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit übernehmen, wie Zahlen vom Statistischen Bundesamt zeigen. Zwischen 18 und 64 übernehmen Frauen 2,4-mal so viel Zeit für unbezahlte Sorgearbeit und 1,6-mal so viel Hausarbeit wie Männer. Natürlich nicht in allen Familien - es gibt auch Partnerschaften, in denen die Arbeitsteilung gleichmäßiger ist oder sogar der Partner die Erziehung der Kinder übernimmt Teilzeit arbeitet. Das ist aber immer noch eine Seltenheit. 2019 waren unter den Erwerbstätigen Eltern gerade einmal 1,6 Prozent der Väter, aber 24,5 Prozent der Mütter in Elternzeit.

Häufig sind Frauen also, wenn sie Kinder bekommen, erstmal aus dem Berufsleben raus und steigen danach oft auf Teilzeit um oder nehmen Minijobs an, um sich um Haus und Familie zu kümmern. 

Das führt dazu, dass sie in dieser Zeit weniger in die Rentenversicherung einzahlen und weniger für die private Altersvorsorge zur Seite legen können. Für den arbeitenden Partner ändert sich bei der Altersvorsorge in dieser Zeit aber nichts. Für Mütter wäre es deswegen natürlich am Besten, so früh wie möglich auch selbst wieder Vollzeit in den Job einzusteigen, das ist aber schlicht nicht immer möglich.

Um diese Ungleichheit zwischen Müttern und Vätern auszugleichen, schlägt Renate Fritz zum Beispiel vor, dass der berufstätige Partner in der Zeit, in der die Mutter nicht arbeitet, für ihre private Altersvorsorge aufkommt. Im Vorfeld kann außerdem auch berechnet werden, wie hoch die Rentenversicherungsbeiträge sind, die in dieser Zeit für die Frau ausfallen, um auch diese in irgendeiner Form zu kompensieren. Im Idealfall lassen sich Paare dahingehend beraten und informieren sich umfassend, bevor sie Kinder bekommen und/oder heiraten, damit von vornherein kein Ungleichgewicht entstehen kann.

"Das gibt's alles, man muss nur halt einfach erstmal die Fakten kennen, wissen, worauf man verzichtet und wie man das in irgendeiner Form dann kompensieren kann, ausgleichen kann. Wenn auch nur annähernd." - Renate Fritz

Weniger Lohn

Mütter verzichten, wenn sie in Elternzeit gehen und anschließend nicht Vollzeit arbeiten, auf Berufserfahrung und Karrierechancen, was sich auch langfristig im Lohn widerspiegelt. Aber nicht nur Mütter, sondern auch Frauen ohne Kinder sind von der Gender Pension Gap betroffen. Denn noch immer ist es beispielsweise so, dass viele Jobs, die als "typische Frauenberufe" deklariert werden - beispielswiese in der Pflege, in der Friseurbranche oder der Gebäudereinigung - schlechter bezahlt werden. Und auch in anderen Branchen haben Frauen teils noch immer mit Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen.

Und die ungleiche Einkommensverteilung, die sich aus all dem ergibt, - besser bekannt als Gender Pay Gap - wirkt sich direkt auf die Rente aus. Klar, denn je weniger im Laufe eines Lebens verdient wird, desto weniger wird auch in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Und umso weniger kann auch privat zur Seite gelegt werden.  

Ehegattensplitting

...ist das Verfahren, das in Deutschland seit 1958 zur Berechnung der Einkommenssteuer verwendet wird. Dabei werden die Gehälter beider Eheleute zusammengezählt und dann halbiert. Wenn die Gehälter in der Höheauseinandergehen, können Steuern gespart werden. Das klingt erstmals gut, doch kann auch mit großen Nachteilen einhergehen, da Alleinverdienerehen und Ehen, in der eine Person sehr viel und die andere sehr wenig verdient, bevorzugt werden. Das bringt die Frau häufig in eine Position der Abhängigkeit und kann im Falle einer Scheidung oder Verwitwung dramatische finanzielle Konsequenzen haben. Denn häufig wechseln Frauen im Rahmen des Ehegattensplittings in die Steuerklasse V und zahlen enorm hohe Steuern, wodurch es sich in Fällen nicht zu lohnen scheint, Vollzeit zu arbeiten - und das hat natürlich Auswirkungen auf die Höhe der gesetzlichen Rente. Beim Ehemann passiert in diesem Fall genau das Gegenteil: Er landet in Steuerklasse III, zahlt weniger Steuern und hat einen höheren Nettolohn. Um dieses Ungleichgewicht innerhalb einer Ehe zu verhindern, empfehlen Expert*innen häufig Ehepaaren, in Stufe IV und IV zu bleiben - denn an der Gesamtsteuerersparnis ändert sich dadurch nichts, nur an der Verteilung. Und um bereits während der Ehe gleichberechtigt zu sein, kann ein Drei-Konten-Modell sinnvoll sein. Ein gemeinsames Konto und je ein eigenes. 

Der gute alte Ehevertrag mag vielleicht unromantisch klingen, kann aber mit Blick auf die Altersvorsorge sehr wichtig werden. Denn war die Frau länger bei den Kindern zu Hause, hat den Haushalt geschmissen und anschließend nur in einer Teilzeitstelle oder in einem Minijob gearbeitet, sollte von vornherein festgehalten werden, wie genau das - auch im Falle einer Scheidung - finanziell kompensiert wird. 



Elternzeit, Care-Arbeit, Teilzeitjobs, weniger Lohn, Ehegattensplitting... - All das wirkt sich auf die Altersvorsorge von Frauen aus und erhöht das Risiko, in die Altersarmut zu rutschen.  Sie haben durchschnittlich 53 Prozent weniger Rentenanspruch als Männer.

Was also tun?

Da eine spürbare Verbesserung durch die Politik noch nicht in Sicht ist, muss das Thema Altersvorsorge von jungen Menschen - und vor allem von Frauen - selbst in die Hand genommen werden. Dabei ist es enorm wichtig, möglichst früh anzufangen, betont Renate Fritz. Denn die Zeit, in der es möglich ist, vorzusorgen - bis Mitte 60 - ist begrenzt. 

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Information und Beratung ist das A und O

Über das Anlegen von Geld, verschiedene Sparmethoden und Alternativen beziehungsweise zusätzliche Rentenangebote. Renate Fritz erklärt zum Beispiel, dass es jede Menge private, inzwischen sehr flexible, Rentenversicherungen gibt, die einer Geldanlagen gleich kommen - nur eben mit den Vorzügen einer Versicherung. Natürlich kann man auch frei in ein Depot einzahlen oder andere Varianten ausprobieren. Hauptsache, man legt etwas zur Seite. Und mit Ende 30 sind dafür 200 Euro im Monat das absolute Minimum, betont Renate Fritz ganz klar.

Auf ein Erbe, beispielsweise von den Eltern, sollte man sich - wenn es nicht in die Millionenhöhe geht - ihrer Meinung nach übrigens nicht verlassen. Schließlich kann es immer sein, dass die Menschen Schicksalsschläge erleiden und das Geld selbst brauchen. Ein Plan B mit einer eigenen Vorsorge schadet nie. In unserer Themenwoche Geld haben wir schon ein paar nützliche Infos für dich zusammen getragen - beispielsweise von Blogger*innen und YouTuber*innen, die dir ein paar wichtige Tricks und Kniffe zeigen und vielleicht auch etwas die Angst vor dem Thema Geld, Rente und Altersarmut nehmen können. Dabei muss aber beachtet werden:

Es passt nicht alles zu jedem.

"Es gibt so viele Sachen die einfach pauschal immer empfohlen werden, die aber wirklich dann, wenn man es genau nimmt, doch nur auf eine kleine Gruppe passen. Das ist einfach eine fundierte Beratung absolut notwendig." - Renate Fritz

Um herauszufinden, wo man selbst steht, empfiehlt Renate Fritz zum Beispiel den Besuch eines Workshops, wie sie teilweise bei frau & geld angeboten werde, um dann mit diesem Basiswissen in ein Beratungsgespräch zu gehen.

Wenn man aber mal ein bisschen dahinter schaut und die einzelnen Modele richtig erklärt bekommt, dann weiß man auch, was passt zu mir und wo sehe ich mich, in welchem Produkt würde ich gern sparen, welche Freiheiten möchte ich haben, welche Risikoklassen möchte ich hier verwirklicht sehen - bin ich eher der Aktientyp oder bin ich eher der Sicherheitstyp." - Renate Fritz



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Am Feminism Friday erklären wir dir regelmäßig die wichtigsten Schlagworte und ordnen die umstrittensten Themen des Feminismus ein. Einen Überblick über die bisherigen Artikel und die Möglichkeit, selbst Themen vorzuschlagen, bekommst du hier.

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