Das Ende der Wegwerfgesellschaft?

Das Ende der Wegwerfgesellschaft?

Die EU will die Kreislaufwirtschaft voranbringen

Die EU Kommission will neue Vorschriften für fast alle Produkte durchsetzen, um den ökologischen Fußabdruck der EU zu reduzieren und nachhaltige Produkte zur Norm zu machen.


Der European Green Deal

Das große Ziel der EU ist es, als erster Kontinent Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, darauf haben sich die 27 Mitgliedsstaaten im Rahmen des sogenannten Green Deals 2019 geeinigt. Dabei soll auch das neue Maßnahmenpaket helfen, mit dem die EU das Konzept der Kreislaufwirtschaft voranbringen will. 

In einer Kreislaufwirtschaft werden Produkte und Rohstoffe so lange wie möglich (wieder)verwendet und Müll auf diese Weise auf ein Minimum reduziert. Das Gegenteil davon, die Linearwirtschaft, setzt auf große Mengen und billige Rohstoffe und Produktionen. Letzteres ist das aktuell vorherrschende Prinzip: Unsere Produkte sind häufig billig produziert, verbrauchen Unmengen an Ressourcen, gehen schnell kaputt und können nicht repariert werden. Auch geplante Obsoleszenz ist ein Merkmal der Linearwirtschaft. Dabei handelt es sich um eine Taktik, bei der Hersteller das Veralten oder Kaputtgehen eines Gegenstands bewusst planen und konzipieren. Mehr dazu findest du hier in einem Interview mit dem Tüftlerkönig Heinrich Jung.

All das will die EU mit der sogenannten Sustainable Products Initiative (SPI) ändern und in Zukunft dafür sorgen, dass die Herstellung von Produkten weniger Energie und Rohstoffe benötigt, die Produkte länger halten und leichter repariert werden können. Damit soll der Wegwerfgesellschaft ein Ende gesetzt werden.

Die geplanten Maßnahmen

Die neuen Rechtsvorschriften sollen alle Produkte außer Lebensmittel, Tierfutter und Medikamente betreffen und dafür sorgen, dass Waren, die in der EU auf den Markt kommen, umwelt- und klimafreundlich sind. "Nachhaltige Produkte sollen in Zukunft der Standard in der EU sein", sagt die Verbraucher*innenstaatssekretärin Christiane Rohleder. Konkret sollen Produkte "dauerhafter, zuverlässiger, wiederverwendbar, nachrüstbar, reparierbar, leichter zu erhalten und wiederaufzubereiten sowie energie- und ressourceneffizienter" werden. 

Elektrogeräte

Die geltende europäische Ökodesign Richtlinie, die bisher nur die Energieeffizienz festlegt, soll künftig auch die Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten mit einbeziehen. Außerdem soll die geplante Obsoleszenz verboten werden. Die Ökodesign Richtlinie betrifft bisher außerdem nur "energieverbrauchsrelevante Produkte" wie etwa Kühlschränke, Klimaanlagen, Fernseher oder Staubsauger.

In Zukunft sollen aber auch Textilien, Möbel, Stahl, Zement und Chemikalien berücksichtigt werden. 

Fast Fashion

Ein großer Bereich, der außerdem grundlegend verändert werden soll, ist die Textilindustrie, vor allem die Fast Fashion-Branche. Deswegen arbeitet die EU-Kommission zusätzlich an einer sogenannten Textilstrategie. Denn es wird für die Produktion von Kleidung viel Energie, Wasser und Rohstoffe verbraucht, gleichzeitig wirft jede Person in Europa jährlich durchschnittlich elf Kilogramm Kleidung, Schuhe und andere Textilien weg. Bis 2030 will die EU das ändern und Fast Fashion weitestgehend beenden: 
"Bis 2030 sollen Textilien, die auf den EU-Markt gebracht werden, langlebig und recycelbar sein und zu einem großen Teil aus recycelten Fasern bestehen." - Virginijus Sinkevičius (EU-Kommissar für Umwelt)
 
Nach Nahrung, Wohnen und Transport steht die Textilindustrie in Bezug auf Treibhausgasemissionen an vierter Stelle und spielt dementsprechend eine wichtige Rolle, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

Mehr Transparenz

Zusätzlich sollen leere Produktbezeichnungen wie "grün", "öko" oder "umweltfreundlich" in der EU verboten werden, wenn sie nicht nachgewiesen werden können - Stichwort "Greenwashing". Mehr dazu findest du auch hier. Außerdem müssen Händler*innen transparenter informieren, zum Beispiel darüber, ob, und wenn ja wie, Produkte repariert werden können, wie hoch die garantierte Lebensdauer von Produkten ist und offenlegen, wie viele unverkaufte Produkte sie vernichten und warum. Außerdem sollen diese und weitere Informationen ganz leicht über digitale Produktpässe abgerufen werden können, um den Verbraucher*innen einen Vergleich zu erleichtern. 



Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen nun noch über das Maßnahmenpaket beraten und einen Zeitplan für die Durchsetzung erarbeiten.  

Die geplanten Maßnahmen sind nicht nur ein Weg hin zu Klimaneutralität, sondern auch eine Möglichkeit, unabhängiger von Energieimporten zu werden. Denn die Reduzierung des Energieverbrauchs hat auch einen positiven Einfluss auf die europäische Sicherheit und Souveränität. Die Produkte dürfen durch die neuen Verordnungen allerdings nicht so teuer werden, dass sie sich viele Verbraucher*innen nicht mehr leisten können. Deutschland will das Vorgehen auf jeden Fall unterstützen, auch wenn Gegenstimmen vereinzelt zu viel Bürokratie oder die Einführung einer Planwirtschaft befürchten und deswegen lieber weiter auf Eigenverantwortung setzen würden. Dass wir allerdings eben nicht wie bisher weitermachen können, zeigen die immer neuen CO2-Höchstwerte, die wir regelmäßig erreichen. Mehr Infos dazu, ob nun aber Verbote oder sanftere Maßnahmen der richtige Weg im Kampf gegen den Klimawandel sind, findest du hier.

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